Yves Kugelmann
Berlin (Weltexpresso) - Eine Buchhandlung, wo diese systemrelevant sind. In Deutschland und Frankreich waren Buchhandlungen über die gesamte Pandemie geöffnet. Richtig so! In der Auslage liegt «Falsche Propheten», das Buch von Leo Löwenthal mit einem Essay aus dem Jahre 1949. Scharfsinnig analysiert, klar formuliert, visionär geschrieben. In einem Zug zu lesen – also ob ein Prophet die falschen Propheten der Zukunft anschreibt.
«Der Agitator versucht, seine Zuhörer daran zu gewöhnen, dass Ideale und Werte nur irrführende, öffentlich ausgeschriebene Slogans seien, die dazu benützt würden, die Narren zu betrügen.» Der Suhrkamp-Verlag hat diesen Text aus dem eigenen Archiv gefischt, neu editiert und jetzt neu herausgebracht. Zur richtigen Zeit.
Viele schreien reflexartig «Nie wieder!», wenn es zu rassistischen, faschistischen, antisemitischen Agitationen kommt. Doch viele andere lassen zu, dass das kulturelle, das historische und letztlich das gesellschaftliche Gedächtnis zerstört werden.
Bücher, Verlage und ebenso Journalismus sind systemrelevanter, als viele wahrhaben haben wollen. Wer Leo Löwenthals die Augen öffnenden Text liest, wird verstehen, weshalb – und zwar nicht nur mit Blick auf die so bekannten Agitatoren. Die Pandemie ist leider auch zur großen Zeit von kleinen Bürokraten, Politikern, Funktionären geworden. «Die Behauptungen und Aussagen der Agitatoren sind oft mehrdeutig und unernst. Es ist schwer, sie auf irgend etwas festzunageln (...). Im Zwielicht zwischen Respektabilität und Verbotenem ist der Agitator bereit, sich jedes Mittels zu bedienen.» Immunität schützt Politiker, nicht immer die Gesellschaft. Lüge, Manipulation, Übergriffe, Demagogie werden zu oft vom System und seinen Repräsentanten geschützt, bis allenfalls mal Journalisten, Zivilgesellschaft oder selten Richter genauer hinschauen. Das methodische Experiment Löwenthals soll da Anleitung sein, gar nicht erst in düstere Zeiten hineinmanövriert zu werden.
Fotos:
Cover
Info:
Nachdruck der drei Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 23.4. 2021
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.
Bücher, Verlage und ebenso Journalismus sind systemrelevanter, als viele wahrhaben haben wollen. Wer Leo Löwenthals die Augen öffnenden Text liest, wird verstehen, weshalb – und zwar nicht nur mit Blick auf die so bekannten Agitatoren. Die Pandemie ist leider auch zur großen Zeit von kleinen Bürokraten, Politikern, Funktionären geworden. «Die Behauptungen und Aussagen der Agitatoren sind oft mehrdeutig und unernst. Es ist schwer, sie auf irgend etwas festzunageln (...). Im Zwielicht zwischen Respektabilität und Verbotenem ist der Agitator bereit, sich jedes Mittels zu bedienen.» Immunität schützt Politiker, nicht immer die Gesellschaft. Lüge, Manipulation, Übergriffe, Demagogie werden zu oft vom System und seinen Repräsentanten geschützt, bis allenfalls mal Journalisten, Zivilgesellschaft oder selten Richter genauer hinschauen. Das methodische Experiment Löwenthals soll da Anleitung sein, gar nicht erst in düstere Zeiten hineinmanövriert zu werden.
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Nachdruck der drei Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 23.4. 2021
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.