Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Wenn ich am 21. Dezember auf der Terrasse stehe und nachmittags den Sonnenuntergang beobachten möchte, dann weiß ich genau, dass sie von diesem Tag an nicht weiter südwärts wandern, sondern sich wieder in die andere Richtung bewegen wird. Tatsächlich ändert sich nichts. Das spektakuläre Theater am fernen Himmel ist eine Täuschung unserer Sinne.
Keine Angst, ich werde jetzt nicht versuchen, den Lauf der Gestirne zu beschreiben, das können andere besser. Nicht von der Ekliptik soll hier die Rede sein, nicht von der Rolle der Erdachse beim Wechsel der Jahreszeiten. Mich beschäftigt die Frage, woher die Erde den Schwung bekommen hat, der sie auf ihrer Bahn hält.
Alles nicht so einfach, wie ich an einem Beispiel zeigen möchte. Kein Torwart der Welt könnte einen Elfmeter halten, wenn der Ball zehnmal so schwer wäre wie üblich und mit derselben Geschwindigkeit angesaust käme. Umgekehrt könnte kein Fußballer einen Elfmeter verwandeln, wenn der Ball zehnmal so schwer, wenn er zum Beispiel aus Stein wäre. Eher würde er sich den großen Zeh zehnmal brechen, als dass der Spieler den Ball ins Tor brächte.
Zurück zum Thema. Die Erde legt auf ihrem Weg um die Sonne rund 30 Kilometer in der Sekunde zurück. Das ist schwer vorstellbar angesichts der Größe unseres Heimatgestirns. All die großen Ozeane und Kontinente mit ihren vielen Großstädten machen ein Gewicht aus, das unser Vorstellungsvermögen übertrifft. Das Ergebnis ist eine Zahl mit 21 Nullen, was uns am Ende nicht viel sagt. Warum wir weder etwas von der Geschwindigkeit merken noch vom Gewicht der Erde, lassen wir hier mal beiseite.
Uns bewegt etwas ganz anderes: Wem verdankt die Erde eigentlich ihre Geschwindigkeit, denn auch hier gilt der Satz: Von nichts kommt nichts. Irgendetwas muss ihr den Schubs gegeben haben, der sie auf ihrer Bahn um die Sonne hält. Geht wirklich alles auf den Urknall und die Entstehung des Universums zurück? An ein höheres Wesen, das uns den ganzen Segen beschert hat, glaube ich nicht, auch wenn es in der Bibel heißt es: „Am Anfang erschuf Gott Himmel und Erde.“
Was lässt mich danach fragen? Ist da ein Rest von Zweifel aus der Versenkung aufgetaucht? Agnostiker machen es sich bequem. Sie sagen, das Ganze lasse sich weder rational erklären, noch erkennen. Kein Wunder, dass Goethe seinen Faustus räsonieren lässt:„Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor“
Soviel steht fest: Wenn sich die Sonne am 21. Dezember scheinbar auf den Rückweg zu uns macht und demnächst das Frühjahr vor der Tür steht, dann hat das einen ebenso handfesten Grund, wie die Feststellung meiner Oma:: „Am Dreikönigstag ist der Tag schon um einen Hahnenschritt länger!“
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