Das neue Tanztheater in Heidelberg ist ein Riesenerfolg

 

Hanswerner Kruse

 

Während an vielen kommunalen Theatern oder Landesbühnen die Tanzsparte bedroht ist, leistete sich Heidelberg nach knapp 10 Jahren Pause wieder eine eigene Dance Company. Die Eröffnung begann 2012 mit dem Stück ZERO, einem faszinierenden Bilder-Tanztheater der neuen, niederländischen Choreografin Nanine Linning.

 

Alle Vorstellungen des Premierenstücks und die weiteren Neu-Inszenierungen waren bisher restlos ausverkauft. „Der Tanz wird von der Bevölkerung begeistert angenommen“, schwärmt Intendant Holger Schultze. Jetzt wird das Premierenstück ZERO mit 20 (!) Aufführungen zwischen Ende März und Mitte Mai 2014 erneut gezeigt:

 

Zu sanfter neoromantischer Musik öffnet sich der Vorhang, von der Bühne quillt Rauch in den Saal, in der Luft schweben lebensgroße Puppen. Am Boden schemenhaft Wesen mit schwarzen gummiartigen Röcken und schwarzen insektenhaften Köpfen. Der Qualm lässt nach, die fremdartigen Kreaturen erproben ihre Körper, tanzen, kommen zusammen, frieren zu lebenden Skulpturen ein, wirbeln wieder auseinander. Neugierige Menschen tasten sich wie Schattenfiguren an sie heran, vermischen sich mit den fremden Geschöpfen.

 

Später erscheinen die Tänzerinnen und Tänzer mit metallisch glitzernden, flügelartigen Umhängen zu dramatischer Musik und Filmprojektionen an der Bühnenwand. Als vogelartige Wesen hängen sie an dehnbaren Gurten von der Decke, hüpfen, rennen, tanzen und werden gebremst, aufgehalten, zurückgerissen. Scheiternde Befreiungsversuche? Am Ende gleiten die fast nackten Menschen sanft umher, formen sich zu organisch wirkenden Skulpturen, Tänzer lassen die Tänzerinnen behutsam schweben - mit großer Leichtigkeit endet das atemberaubende Spiel. ZERO - die Stunde null. Lange noch sind die Zuschauer still und außer Atem, bevor sie der Company frenetisch applaudieren.

 

Die Choreografin hat mit dem Gesamtkunstwerk aus Bewegungen, Kostümen, Licht, Film und Livemusik des Orchesters die Grenzen des gegenwärtigen Tanzes beträchtlich verschoben. Wie 2012, zum Beginn ihrer Tätigkeit in Heidelberg angekündigt, arbeitet sie mit Designern, Bildenden Künstlern und Musikern zusammen und ist weit entfernt vom traditionellen Ballett oder inhaltsleerem New Dance. Die Tanzenden verschmelzen mit der Musik oder die Musik mit ihnen, sie nutzen drastische Mimik, bringen schräge Geräusche hervor.

 

ZERO, Linnings Heidelberger Debüt, soll nach der Apokalypse in eine (alb)traumhafte Welt jenseits gewohnter Realität und vorstellbarer Zukunft entführen: „Wir leben dem Ende entgegen, warum nicht auf einen Neuanfang?“, fragt Linning. Ihre fulminanten Antworten, also die bizarren Bilder und geheimnisvollen Szenen, sind vieldeutig und überwältigen nicht, sie lassen genügend Raum für eigene Assoziationen und Fantasien der Zuschauer.

 

Karten unter http://www.theaterheidelberg.de/spielplan/event

 

Mi 26.03.2014, 19.30 Uhr

Sa 29.03.2014, 19.30 Uhr

Mo 31.03.2014, 19.30 Uhr, den April und Mai hindurch