klaus reinhardtAus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom 20. 1., Teil 2

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Das Robert-Koch-Institut (RKI) sollte nicht mehr dem Gesundheitsministerium unterstellt sein, fordert Ärztekammer-Chef Klaus Reinhardt (im Foto): Nur so könne es die Politik wissenschaftlich unabhängig beraten. Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Aus der Maskenpflicht in Fernzügen geht Reinhardt nicht weit genug, wie er im Gespräch mit Redakteurin Kaja Klapsa erklärte.

WELT: Herr Reinhardt, der Bundesgesundheitsminister will die Maskenpflicht im Fernverkehr zum 2. Februar aufheben. Die richtige Entscheidung?

Reinhardt: Ich finde das angemessen. In vielen europäischen Ländern gibt es im Fernverkehr schon seit längerer Zeit keine Maskenpflicht mehr, ohne dass dies zu einem höheren Infektionsdruck geführt hat. Es ist schon widersinnig, wenn man mit dem Zug von Österreich nach Deutschland fährt und an der Grenze eine Maske aufsetzen muss. Das ist den Menschen schwer zu vermitteln. Sehen Sie, Corona wird aller Voraussicht nach nie wieder ganz verschwinden. Wir müssen deshalb lernen, mit diesem Virus umzugehen. Das heißt, statt staatlicher Vorgaben müssen wir alle selbst Verantwortung übernehmen und je nach Situation entscheiden, ob das Tragen einer Maske sinnvoll ist. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn es im Zug besonders eng und voll ist.


WELT: Sollte auch die Maskenpflicht in medizinischen Einrichtungen fallen?

Reinhardt: Wir brauchen in medizinischen Einrichtungen keine generelle, gesetzliche Maskenpflicht mehr. Nicht jede Einrichtung hat mit Hochrisikopatienten zu tun. Die Situation zum Beispiel beim Psychotherapeuten ist eine ganz andere als bei einem HNO-Arzt oder in einer Infektsprechstunde. Über das Tragen einer Maske sollten deshalb die Praxen unter Berücksichtigung von Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts selbst entscheiden können. Menschen, die gesundheitlich besonders gefährdet sind, sollten eigenverantwortlich eine Maske aufsetzen oder mit dem Arzt vereinbaren, dass sie zu Randzeiten der Sprechstunde vorbeikommen.


WELT: Lothar Wieler zieht sich zum 1. April von seinem Amt als Chef des Robert-Koch-Instituts zurück. Wie bewerten Sie die Arbeit der Behörde?

Reinhardt: Das RKI hat in der Pandemie wichtige und gute Arbeit geleistet, auch wenn die Erhebung und digitale Meldung der Daten zu Beginn sehr holprig lief. Es hat lange gedauert, bis die Prozesse verbessert wurden. Das lag aber nicht nur an der Behörde, sondern auch an den übrigen Strukturen in Bund, Ländern und Kommunen. Ich habe an Lothar Wieler besonders geschätzt, dass er gegenüber allen Ministern, in deren Amtszeit er tätig war, großen Wert auf die Ausrichtung seiner Arbeit am fachlich-wissenschaftlichen Sachverstand gelegt hat. Er hat die Bedeutung dieser Unabhängigkeit in der Mitteilung seines Abschieds noch einmal betont. Ich hoffe, dass dies in der Politik gehört wird.


WELT: Wäre es besser, wenn das RKI künftig ein unabhängiges Institut wäre, das nicht dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt ist?

Reinhardt: Ja, das RKI sollte ein unabhängiges Institut werden. Wir haben bei den Debatten rund um das Infektionsschutzgesetz immer wieder politische Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Parteien erlebt. Ein Institut, das einem Bundesministerium unterstellt und weisungsgebunden ist, kann sich da nur schwer raushalten. Wenn die Politik also tatsächlich wissenschaftlich unabhängigen Rat einholen will, braucht es hierfür auch ein politisch unabhängiges Institut. Ich hoffe, dass die Umsetzung der entsprechenden Absichtserklärung im Koalitionsvertrag diesem Anspruch gerecht werden wird.

Das gesamte Interview in voller Länge lesen Sie hier.



blickauf dieDER BLICK AUF DIE ANDEREN


Nun soll es an diesem Wochenende – falls nicht eh schon geschehen – an vielen Orten schneien, kalt und glatt sein, da mögen die meisten von Ihnen eher weniger an Fahrradfahren und Radsport denken. Beim Weltverband „Union Cycliste Internationale“ (UCI) mit Sitz in Aigle in der Schweiz tut man das aber: Der Radsport-Dachverband hat sich mit den Corona-Auflagen beschäftigt und diese stark gelockert – für alle Rennfahrer, ihre Teams und die UCI-Mitarbeiter der jeweiligen Rennen.

Nun gilt, dass weder „ein Gesundheitspass, Impfzertifikat oder negativer Covid-Test vor der Teilnahme an einem Rennen verpflichtend“ seien, teilte UCI auf ihrer Website mit.

Allerdings müssen Rennveranstalter nun das Risikolevel ihrer jeweiligen Region melden. Danach wird entschieden, ob lokal geltende Maßnahmen ergriffen werden. Bei den großen Landesrundfahrten könnte es trotz der Lockerungen zu Zusatzauflagen kommen, teilte die UCI mit. Im vergangenen Jahr mussten die Radfahrer an den Ruhetagen der Tour de France zum Corona-Test. 16 Fahrer mussten das Rennen nach einem positiven Test vorzeitig beenden.


lichtblickDER LICHTBLICK 


Vor rund drei Jahren, am 27. Januar 2020, wurde die erste Corona-Ansteckung in Deutschland bestätigt. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, zum Glück. Aber was bedeutet das für die Zukunft des Impfens gegen Corona? Einen Überblick finden Sie hier.

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Fotos:
Titel: ©WELT | picture alliance/dpa
Radfahrer: Quelle: ©Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dpa
Lichtblick :©Wolfgang Kumm/dpa

Info:
Nachdruck Welt vom 20.1.23