Schroeder 0882Kabarettist Florian Schroeder in Fulda


Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - „Ich sehe mich als ein-Mann-Lichterkette, die nach dem neuen Messias sucht“, verkündet Florian Schroeder. Nach Kafka-Zitaten auf der Leuchtwand versucht er durch einen wilden Videoclip, mit schnell geschnittenen Alltagsbilder, den Wahnsinn unserer Zeit zu illustrieren.



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Dann vergreift er sich an hochaktuellen Berliner Themen, wie den Koalitionsverhandlungen in der Hauptstadt oder der Demonstration von „Schwarzen-Knecht“, wie er Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht bissig nennt. „Böse Mächte wollen Russland ruinieren“, zitiert er sie.

Der Kabarettist performt die Politikereignisse wie einen Thriller, imitiert Stimmen und Körpersprachen von Franziska Giffey oder Gerhard Schröder (mit dem er nicht verwandt oder verschwägert ist). Er hüpft durch politische Klischees, entschuldigt sich ständig sarkastisch für sein Privileg weiß und männlich zu sein. Lustvoll zersetzt er die politisch korrekte Sprache der woken Menschen: „Vielleicht haben die in Berlin mehr Stimmen gezählt, weil Bisexuelle oder Nicht-Binäre doppelt zählen.“

Alltägliches wird durch seine abenteuerlichen Verknüpfungen und dramatischen Darbietungen zur Comedy. Denn Schroeder ist ein hervorragender Schauspieler, der über die Bühne rast, mit intensiver Körpersprache arbeitet und im Hintergrund Videoclips und Bilder abspielt. Da streitet er auch schon mal – scheinbar live wie ein TV-Moderator - mit Giffey über die neue Koalition.




Den staunenden Fuldaern (so was kennen wir hier ja noch nicht) erzählt er vom Geist des Prenzlauer Bergs in Berlin: „Hochbegabte Schulkinder weisen ihre Lehrer zurecht und wenn das nicht klappt, kommen die Anwälte.“ Im Stil von Loriot spielt er dem Publikum seine Nachbarn Timo und Sara vor, die perfekt den Zeitgeist verkörpern: „Du siehst mich nicht!“ „Aber ich schaue Dich doch an!“ „Ja, aber ich fühle nicht, dass Du mich siehst!“ Und so weiter... Seitdem sie Eltern sind, kiffen sie nicht mehr, verbringen mehr Zeit in der Kita als ihre Kinder und streiten über einen neuen Erzieher: Der müsse schon farbig und transsexuell sein, einen Migrationshintergrund haben und möglichst noch eine Behinderung.

Nach der Pause wird es ernst, wer soll der neue Messias werden? Vom Publikum ausgefüllte Kärtchen helfen nicht weiter, Boris Becker oder Uli Hoeneß finden keine Gnade im Saal, Greta, „eigentlich ja eine Messianin“, auch nicht. Schließlich will er sich selbst demnächst zum neuen Messias ausrufen, um den notwendigen Neustart zu realisieren. Alles was man als Kabarettist erreichen könne habe er geschafft, nun fehle nur noch die Politik. Nun spielt er die Utopie durch, mit absoluter Mehrheit der Neustart-Partei auf Reset zu gehen, doch dieser Zukunftstraum gleicht einem Ritt auf der Rasierklinge:

Bedingungsloses Grundeinkommen, 79% Reichensteuer oder Schulen digitalisieren, wer im Saal stimmt da nicht zu? Jedoch mit „Malle für alle“, „Todesstrafe für Migranten“ und „Abschaffung des Bundesrats“ zieht er uns wie mit einem Nasenring durch die Manege. Das makabre Ende der Utopie ist seine lebenslange Präsidentschaft, die Abschaffung des Parlaments und die Ausrufung einer Volksrepublik...

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Doch der Abend klingt munter aus, Schroeder spielt Markus Lanz mit sechs unterschiedlich sprechenden und agierenden Gästen (Bild rechts). Als Zugabe präsentiert er blitzschnell, auf Zuruf, noch nicht erwähnte Prominente: Er grunzt herum wie einst Franz Josef Strauß, plappert kindhaft wie Philipp Amthor oder verkündet als Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Eigentlich bin ich die Verteidigungsministerin.“

Obwohl Schroeders Darbietungen häufig recht elaboriert sind, kommt der beißende Humor nicht zu kurz. Der erste Teil des Abends wird vom Publikum mächtig bejubelt, der Beifall bei seinem Vabanquespiel als Messias ist verhaltener.


Foto:

Hanswerner Kruse

Zitat:
"Der Messias wird erst kommen, wenn er nicht mehr nötig sein wird, er wird erst nach seiner Ankunft kommen, er wird nicht am letzten Tag kommen, sondern am allerletzten.“ 
(Franz Kafka)