Bildschirmfoto 2023 03 08 um 01.36.59DGIM verlegt Stolperstein in Hamburg  in Gedenken an eine vom NS-Regime vertriebene Internistin

Hanno Lustig

Wiesbaden (Weltexpresso) - Stolpersteine sind kleine, in den Boden eingelassene Gedenktafeln aus Messing, die auf Orte aufmerksam machen, an denen Opfer des NS-Regimes gelebt oder beruflich gewirkt haben. In der Hagedornstraße 14 im Hamburger Stadtteil Harvestehude erinnert nun ein solcher Stolperstein an Dr. Gertrud Samson, die dort bis zu ihrer Vertreibung im März 1939 als Internistin in einer Privatklinik gearbeitet hat.


„Dr. Gertrud Samson war eine engagierte junge Frau, die sich als Ärztin für das Wohl ihrer Patientinnen und Patienten eingesetzt hat. Da ihr Vater jüdischen Glaubens war, wurde die Familie Opfer der NS-Verfolgung“, erklärt DGIM-Geschäftsführer Maximilian Broglie. „Der Stolperstein nahe ihrer letzten Wohn- und Wirkungsstätte macht ihr Schicksal auf einer individuellen, persönlichen Ebene sichtbar“, so Broglie.

Dr. Gertrud Samson war seit etwa 1920 als Ärztin in Hamburg tätig, ab 1926/27 auch in einer eigenen Praxis in der Sierichstraße 98. Während die Nationalsozialisten alle Ärztinnen und Ärzte jüdischen Glaubens im April 1933 per Gesetz aus dem öffentlichen Gesundheitswesen drängten, konnte Dr. Gertrud Samson in der Privatklinik in der Hagedornstraße weiterarbeiten. Dort behandelte sie auch viele jüdische Patientinnen und Patienten. Daneben begleitete sie 1938 einen Kindertransport von Hamburg nach England, bevor sie im März 1939 selbst mit ihren Eltern und ihrer Tante nach London übersiedelte. Ab 1942 arbeitete sie als Ärztin in verschiedenen Kliniken und Praxen und setzte sich für Opfer von NS-Medizinverbrechen ein. Sie verstarb 1987 im Alter von 87 Jahren in Westminster.

Dr. Gertrud Samson ist die dritte Kollegin, der auf diese Weise gedacht wird, zuvor hatte die DGIM bereits in Wiesbaden und Berlin Stolpersteine für vertriebene Mitglieder und deren Angehörige verlegt. „Hinter jedem einzelnen Stolperstein stehen Lebensgeschichten, die zeigen: Die Willkür des NS-Unrechts hat Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft getroffen, auch Ärztinnen und Ärzte“, sagt DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med. Georg Ertl. „Als Fachgesellschaft setzen wir uns dafür ein, dass die Opfer dieses Unrechts in Erinnerung bleiben“, so der Internist.

Dazu hat die DGIM vor Jahren das Projekt Gedenken & Erinnern ins Leben gerufen, in dem Historiker die Geschichte der Fachgesellschaft zur Zeit der NS-Herrschaft aufgearbeitet haben. Ein Teil der Ergebnisse ist in Form von über 100 Biogrammen von DGIM-Mitgliedern, die vom nationalsozialistischen Regime vertrieben, deportiert oder ermordet wurden, auf der Webseite www.dgim-history.de auf Deutsch und Englisch abrufbar. Dort werden auch Internisten aufgeführt, die an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt waren oder sich in dieser Zeit anderweitig schuldig gemacht haben. Die Webseite wird laufend aktualisiert und erweitert. „Als Fachgesellschaft treiben wir die Aufarbeitung weiter voran, um die Taten der Schuldigen nicht in Vergessenheit geraten zu und vor allem den Opfern ein ehrendes Andenken zukommen zu lassen“, so DGIM-Geschäftsführer Broglie.

Foto:
Da wir den Stolperstein von Gertud Samson im Bild nicht fanden und auch keine Abbildung von ihr, hier eines Stolpersteinsammlung aus Hamburg
©Patriotische Gesellschaft

Info:
Weiterführende Informationen zu Dr. Gertrud Samson finden Sie unter: https://www.dgim-history.de/biografie/Samson;Gertrud;1065