Ultraschall kann bei Diagnose und Therapie von Prostatakrebs helfen
Klaus Hagert
Bonn (Weltexpresso) - Im Jahr 2010 erkrankten in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts mehr als 65 800 Männer neu an einem Prostatakarzinom, fast 12 700 starben daran. Prostatakrebs ist damit die häufigste bösartige Tumorart und die dritthäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland.
Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) sind davon überzeugt, dass die Zahl der Sterbefälle sinken könnte, wenn mehr Männer eine Früherkennung auf Basis des Prostataspezifischen Antigens (PSA) durchführen lassen würden. Auf einer Pressekonferenz am 9. April in Berlin diskutieren Vertreter der Fachgesellschaft über Vor- und auch Nachteile des PSA-Tests und erklären, wie moderne Ultraschalltechniken bei Prostatakrebs zur Diagnosesicherheit beitragen und so Patienten einer stadiengerechteren Therapie zuführen können.
„Leider befassen sich in Deutschland viel zu wenige Männer mit dem Thema Prostatakrebs-Früherkennung“, bemängeln die Experten der DEGUM im Vorfeld der Veranstaltung. Wie bei jeder Krebserkrankung verbessert auch bei bösartigem Prostatakrebs eine frühe Diagnose die Heilungschancen der Patienten. „Ein generelles Screening zur Früherkennung von Prostatakrebs kann die Sterblichkeit senken“, erklärt Professor Dr. med. Tillmann Loch, Chefarzt der Urologischen Klinik am Universitätslehrkrankenhaus DIAKO in Flensburg und Leiter der DEGUM Sektion Urologie. Allerdings müssen Ärzte nach den Daten der "European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer" (ERSPC) sehr viele Patienten untersuchen, um ein Menschenleben zu retten. „Doch je weiter der Nachbeobachtungszeitraum der Studie dauert, desto niedriger, also besser, wird diese Zahl“, erklärt Loch.
Die Studie zeigt einen deutlichen Nutzen des PSA-Screenings: Es senkt die Sterblichkeit durch Prostatakrebs um 21 Prozent. „Diese Fakten sollten Patienten, die sich für oder gegen einen PSA-Test entscheiden, kennen“, sagt Professor Dr. med. Thomas Enzmann, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Städtischen Klinikum Brandenburg. Der stellvertretende Vorsitzende der DEGUM Sektion Urologie empfiehlt, Patienten mit sehr frühen Tumoren unter bestimmten Voraussetzungen in sogenannten „Active Surveillance“ Programmen engmaschig zu kontrollieren und nur bei erkennbarem Fortschreiten der Erkrankung zu behandeln. Entscheidend sei es, diese Fälle – durch eine verbesserte Abschätzung der Tumoraggressivität – sicher zu identifizieren. Parallel dazu müsse aber auch über eine Ausweitung des PSA-Screenings diskutiert werden, so Enzmann.
Doch liefert die Untersuchung der Gewebeproben, die Ärzte bei Patienten mit Krebsverdacht aus der Prostata entnehmen, nicht immer verlässliche Ergebnisse. In 25 bis 30 Prozent der Fälle, auch dies zeigt die ERSCP -Studie, unterschätzen Pathologen die Aggressivität eines Tumors. „Um Patienten vor einer überflüssigen Therapie zu schützen, oder sie auch – im Falle eines aggressiven Tumors – schnell einer effektiven Therapie zuzuführen, ist es entscheidend, dass wir über den Differenzierungsgrad der Krebszellen so genau wie möglich Bescheid wissen“, sagt Loch. Der DEGUM-Experte ist überzeugt, dass die Diagnosesicherheit mit der Anwendung eines speziellen Ultraschallverfahrens, „ANNA/ C-TRUS“ genannt, deutlich erhöht werden könnte: Denn diese Sonografiemethode hilft, den Tumor bei der Entnahme der Gewebeproben an der Stelle seiner größten Ausdehnung und höchsten Aggressivität zu treffen. „Patienten mit einem positiven PSA-Test sollten einen Urologen mit Ultraschallqualifikationen aufsuchen, wenn sie die Treffsicherheit der Biopsie und damit die Richtigkeit der Diagnose nicht dem Zufall überlassen wollen“, argumentiert Loch
Literatur:
Screening for Prostate Cancer: Current Status of ERSPC and Screening-Related Issues
Recent Results Cancer Res. 2014;202:47-51. Schröder FH.
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
ANNA/C-TRUS