Yves Kugelmann
Zürich (Weltexpresso) - In den Quartieren Zürich Wollishofen und Enge laufen an diesem Schabbatmorgen aus allen Richtungen Jüdinnen und Juden in die verschiedenen Minjanim. Es ist ruhig, wenig Verkehr, die jüdische Präsenz offensichtlich. Sie ist Normalität seit Jahren. Im Minjan Wollishofen versammeln sich wie jede Woche Männer, Frauen und Kinder zum Schabbatgottesdienst. Das Bild hat sich nicht stark gewandelt: Kontinuität, Gastfreundschaft und aktive moderne-orthodoxe Juden. Ein lebhafter Gottesdienst mit viel Gesang.
Die Verantwortung ist auf die nächste Generation übergegangen. Die Kinder von einst führen heute den Minjan, der wie der Minjan Brunau oder der von Chabad neben den Gemeindegottesdiensten täglich den Rahmen für diese praktizierenden Jüdinnen und Juden bildet.
Die Blüte des Jugendbundes Bne Akiwa seit den 1970er Jahren zeigt sich im jüdischen Alltag gerade in Zürich sinnbildlich. Man mag die Homogenität dieser Gemeinschaft auf den ersten Blick überwinden müssen und findet dann eine solidarische Gemeinschaft, die den gelebten jüdischen Alltag ausmacht überall in der Schweiz – basierend auf freiwilligem Engagement und Solidarität. Das gibt es auch anderswo, in anderen Formen, in anderen Gemeinschaften.
Ohne den Bne Akiwa, in anderen Teilen der Stadt des Hagoschrim oder von Hashomer Hatzair wäre dieses aktive Leben allerdings in dieser Vitalität und Nachhaltigkeit kaum denkbar. Der hohe Grad an Selbstorganisation, die vielen Rahmenprogramme und tägliche Gottesdienste werden von den Familien getragen, ebenso die eigene Infrastruktur. Der Minjan in Wollishofen ist längst zu Ende und nach dem Kiddusch strömen die Menschen wieder in alle Richtungen in die Quartiere. Am Nachmittag gehen die Kinder und Jugendlichen in die Jugendbünde, die die Sozialisation für dieses Engagement aufbauen.
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©Geschichten aus Zürich
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 23. Juni 2023
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.