Theatrium 0273...doch das Theatrium widerspricht „Manche mögen’s heiß“

Hanswerner Kruse

Steinau a.d. Straße (Weltexpresso) - Am Hinterausgang des Theatriums sitzt Ella Späte, der kreative Geist des Hauses, und näht lange, dicke Rattenschwänze. Der Besucher denkt sich: "Na ja, für ein Kinderstück", und fragt nicht weiter nach. Doch als er zur Hinterbühne gelangt, um an der heutigen Probe teilzunehmen, entdeckt er dort viele anmutige, sorgfältig ausgebreitete Rattenfiguren in hübschen Klamotten.


Ihnen fehlen nur noch die Schwänze. An dieser Stelle sollen diejenigen ermutigt werden, welche diese Nagetiere als eklig oder bedrohlich empfinden: Die theatralischen Ratten sind freundliche Kuscheltiere und spielen in dem neuen Figurenstück für Erwachsene im Theatrium die Hauptrollen.

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Die Nager leben in einem alten, verfallenen Kino, das den großen Filmpalästen zum Opfer fiel. Sie sind die einzigen Bewohner und kennen jeden Film auswendig, der jemals dort lief. Bei einem großen Fest mit auswärtigen Kinoratten, reißt Ihr Lieblingsfilm "Manche mögen's heiß" und kann nicht weiter gezeigt werden. Kurzerhand beschließen sie, ihn selber theatralisch aufzuführen. Der Film ist eine legendäre Komödie aus dem Jahr 1959 mit Marylin Monroe als Musikerin (Foto links). Auf der Flucht vor Gangstern verkleiden sich zwei Jazzmusiker (Jack Lemmon, Tony Curtis) als Frauen, um in einer rein weiblichen Band mitzumachen. Daraus entstehen natürlich allerlei groteske Verwirrungen und romantische Turbulenzen…



Billy Wilders vielfach preisgekrönte und als größte Filmkomödie aller Zeiten gefeierte Produktion "Manche mögen's heiß", kann natürlich nicht einfach im Theater gecovert werden. Doch durch die Rahmenhandlung mit den schauspielernden Ratten erhält das Stück eine völlig neue burleske Ebene. Diese wird noch verstärkt durch die sichtbaren Puppenführer, die ebenfalls mit Rattenschwänzen ausgestattet werden. Durch modernes Figurentheater sind solche Verfremdungen möglich, die Albernheit und Kitsch aufheben - und ständig zwischen Realität und Illusion hin und her wechseln.

Es ist überraschend und äußerst faszinierend, wie intensiv die Lebendigmacher der Nager, Detlef Heinichen und Marcel Wagner (Jan Mixsa fehlt), mit Regisseur Arne Retzlaff die Szenen erarbeiten. Zunächst lesen sie die Texte, dann verkörpern sie die Rollen selbst als Akteure und schließlich hauchen sie ihren diversen Figuren Leben ein. Durch die doppelte Darstellung, sowohl als Schauspieler und durch die Puppen, verstärken sie den Ausdruck und verleihen den Gestalten eine beeindruckende Lebendigkeit.

In einer geprobten Szene, als Marilyn Monroe einen Millionär anrempelt, stellt der Regisseur die Frage: "Muss das so realistisch sein?" Daraufhin gleitet sie in Zeitlupe, fast traumhaft, durch die Lüfte (Foto unten). Was auf der Bühne oft ziemlich spontan wirkt, ist harte Regierarbeit. Gesten, Körperhaltungen und Kontakte werden bis ins Detail einstudiert. Durch diese solide Grundlage sind Spontaneität und prompte Reaktionen auf das Publikum möglich." 

Obwohl den Beteiligten noch die Schwänze fehlen, die Texte nicht ganz sitzen und die Akteure in ihren Freizeitklamotten proben, sind die einstudierten Szenen bereits genauso komisch wie im Originalfilm - es gibt viel zu lachen. Man muss den Streifen wirklich nicht kennen, um ab dem 27. Juli - abhängig von der Wetterlage entweder im Theatrium oder im Hof - bestens unterhalten zu werden.

Theatrium 0293

Info: 
Premiere Do. 27. Juli um 20:30 Uhr
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weitere Aufführungen im Juli Fr. 28. / Sa. 29., im August Sa. 5. / Fr. 11. / Sa. 12. / Fr. 18. / Sa 26.
Weitere Infos

Tickets unter 06663-3899715

Fotos:
Hanswerner Kruse