imageSommerfest des Psychosozialen Zentrums „Rosengartens“ 


Hanswerner Kruse


Schlüchtern (Weltexpresso) - Es war das erste, wieder öffentliche Sommerfest nach der Corona-Pandemie, zu dem das Psychosoziale Zentrum „Rosengarten“ einlud. 

Die Besucherinnen und Besucher mischten sich mit den Klienten und dem Personal der Einrichtung, nach der Begrüßung sangen sie erst einmal das rockige Lied: „So sind wir / die Rosengärtner / das sind wir...“ 


Rosengarten 9600Mit weiteren sportlichen Songs der offenen Gitarrenband wurden die Gäste - „völlig losgelöst / von der Erde“ - auf die Rosengarten-Olympiade eingestimmt. Die war auf der Wiese hinter dem ehemaligen Amtsgericht bestens vorbereitet. Man konnte Papierschwalben fliegen lassen, mit Luftballons fechten oder Dosen mit Wasserpistolen abschießen und weitere skurrile Sportarten ausüben. Erstaunlicherweise starteten abends am gleichen Tag die „Paralympics“ in Paris. Natürlich gab es Kaffee und Kuchen, dann wurde die Pizzastation „Die dick Emma“ eröffnet und zum Schluss kam noch ein Singer/Songwriter aus Fulda.


Nicht nur das Fest machte deutlich, dass Corona auch im „Rosengarten“ überwunden ist. Im Betreuten Wohnen werden die Menschen wieder ordentlich unterstützt, müssen für ein Beratungsgespräch nicht mit großem Abstand im Freien spazieren gehen. Die Gruppen und Außenaktivitäten der Tagesstätte wirken vielfältiger und abwechslungsreicher als zuvor. Man kann meditieren, gemeinsam Musik hören, zusammen Essen kochen, Computer erkunden und vieles mehr. Vor kurzem waren 17 Rosengärtner in einer Gruppe von 50 Leuten bei den Grünen in Berlin. Mit Schülern der Stadtschule besuchten Klienten die Gedenkstätte Hadamar, in der dokumentiert wird, wie einst dort psychisch kranke Menschen ermordet wurden. Der Verein ist auch Mitglied im Bündnis für Demokratie.

Klienten können wieder im „Bistro Ludovica“ der Klinik für Psychiatrie arbeiten und - so ganz nebenbei - den Akutpatienten zeigen, dass man die Krankheit überwinden oder mit ihr leben kann. Etliche Rosengärtner arbeiten im künstlerischen „Atelier 7“, gehen wöchentlich in Kleingruppen ins Fitnessstudio oder Schwimmbad. Manche Gruppen, wie die der Gitarrenspieler oder der Singenden sind offen für externe Besucher.

„Der Bedarf, die Nachfrage nach einer Tagesstruktur in der Tagesstätte und dem Betreuten Wohnen, ist ungebrochen“, meint Eckhard Siebers, stellvertretender Leiter der Einrichtung. Die Finanzierung durch den Landeswohlfahrtsverband Hessen sei angemessen und an möglichst vielen Stellen gebe es Berührungen mit der Normalität. 

STICHWORTE
Der bald 35 Jahre alte „Rosengarten“ ist kein Verein, der mit Kuchenbacken und Basteln psychisch kranke Menschen in einer Nische beglückt, sondern er ist bemüht, sie herauszufordern: durch eine Vielzahl von Maßnahmen und Angeboten. Im Übrigen ist er – als mittelständischer Betrieb – nicht nur ein soziales Projekt, sondern ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 50 psychisch gefährdete oder kranke Menschen werden in der Tagesstätte betreut, im Betreuten Wohnen gut 100 Leute.

BUCHHINWEIS
„Rosengarten“ - der Name des Psychosoziales Zentrums bezieht sich auf Hannah Greens Buch, in dem sie bereits 1964 die einfühlsame Heilung einer schizophrenen Patientin erzählte: „Hör mal“, sagte die Therapeutin, „ich hab’ dir keinen Rosengarten versprochen. Ich hab’ dir nie vollkommene Gerechtigkeit versprochen. Ich helfe dir, damit du selber frei wirst, für alle diese Dinge zu kämpfen. Die einzige Wirklichkeit, die ich anzubieten habe, ist eine Herausforderung...“ 

Fotos
Hanswerner Kruse
Eröffnung oben: Rechts Einrichtungsleiter Thorsten Stütz-Pimpl, links daneben Eckhard Siebers wie viele als Olympionike verkleidet.

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