Was es in der Elbestadt nicht in die Nachrichten schafft

 

Helmut Marrat

 

Hamburg (Weltexpresso) - Inzwischen ruht Hamburg ein wenig. Es ist Ferienzeit, und, wer es sich erlauben kann, ist verreist. Und sei es an die nahe Ostsee. Was gefährlich sein kann, da die oftmals unterschätzte Unterströmung bereits mehrere Todesopfer gefordert haben soll. Denn es finden sich immer Leute, die Verbote ignorieren und dennoch schwimmen gegen.

 

Unterdes wird ein freiwilliger Rettungsschwimmer belangt, wegen unterlassener Hilfeleistung. Irgendwann will er keinen "Bock" mehr gehabt haben, wenn die Badegäste partout die hochgezogenen roten Bälle übersahen. Derweil wird in der Hansestadt wieder einmal Symbolpolitik gemacht. Während einerseits die Fahrradwege in einem teils katastrophalen Zustand sind, sperrt man wesentliche Straßen rund um die Außenalster für den Autoverkehr. Nur per Fahrrad darf man den hier tatsächlich schönen Blick auf die Türme der Stadt wahrnehmen. Aber das alles nur während der Ferienzeit.

 

Ein Lob der Umweltverbände blieb wohl auch deswegen aus, weil man sich derzeit vor Gericht streitet. Es geht um die Vertiefung der Fahrrinne des Elbflusses. Was zählt mehr? Die zukünftige Erreichbarkeit des Hafens, auch für die immer größeren Containerschiffe, also kurz, einige hunderttausend Arbeitsplätze, oder der Schutz teilweise seltener Tier und Pflanzenwelten. Ein immerwährender Streit. Und vermutlich wird das Gericht in Leipzig bemüht sein, einen Mittelweg zu weisen.

 

Natürlich sind nicht alle weg. Nebenan lebt noch immer der junge Grieche. Man verständigt sich auf Englisch. Nicht einfach, denke ich mir, als Grieche hier zu leben. Denn Griechenland hat nicht den besten Ruf momentan. Aber darüber spricht man eben erst gar nicht. Wozu auch? Denn was sollte der Student denn auch dazu sagen? Und was sollte ich fragen?

 

Wieder gekommen ist offenbar jener Pierre Vogel, der sich Prediger nennt und neulich vor dem Hamburger Hauptbahnhof eine ganze Schar an Muslimen zu einem sogenannten Gottesdienst versammelte. "So gehn die Christen"; "So die Muslime". Der Prediger als Spötter und Nachahmer. Derweil will ihm die Stadt eine Wohnung zuweisen. Er strebt samt seinen Ehefrauen und zahlreichen Kindern danach, seine Bleibe in NRW zu verlassen. Und in Wilhelmsburg scheint es eine ausreichend große Wohnung zu geben. Wilhelmsburg ist so etwas wie das Ausweichquartier der Stadt. Dort lebten einst viele Auswanderer, dort leben nun viele Zuwanderer. Und dort fand die mißglückte Bundesgartenschau statt. Mit anderen Worten, es kommt nicht so drauf an.

 

Übergriffe gegen Juden gab es anscheinend in Hamburg noch nicht. Und auch jener Ex-Sportler Vogel höhnte ja nur gegen Christen.

 

Ein paar U-Bahnstationen entfernt soll es einen sehr guten Imbiß geben. Der heißt nach einer Stadt in Syrien. Doch das merkt kaum jemand. Was für den Betreiber gut sein mag. Er ist Syrer. Lebt schon Jahre hier. Und früher gab es dort noch keinen Krieg. Es herrschte lediglich ein Diktator, nebst rigorosem Geheimdienst. Doch das war, wie das so ist, keine Meldung, die es in die Nachrichtensendungen schafft.

 

P.S.

Vor kurzem besprach ich den Science-Fiktion-Roman von Yali Sobol. Es ist schon merkwürdig, wenn nun tatsächlich wieder Krieg herrscht. Immerhin: In Israel gibt es noch keine Diktatur. So hat Sobols Voraussage noch keine Gültigkeit erlangt. Wenigstens. Und bis jetzt.

 

Foto: auf der Außenalster