Serie: FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE; Teil 3
Hanswerner Kruse
Schlüchtern/Hessen (Weltexpresso) - Seit über einem Jahr lebt Saba (23) aus Äthiopien in Deutschland. Die Asylbewerberin trifft sich seit einiger Zeit einmal wöchentlich mit Ursula Koyro (73) aus Gomfritz. Wenn Saba und die zweijährige Diana, Ursula Koyros Enkelkind, sich dann beim Besuch in Gomfritz treffen, kommen sie prächtig miteinander aus.
Die Äthiopierin unterstützt die Kleine beim Bobby Car fahren, gießt mit ihr die Blumen im Garten der Oma oder liest ihr aus Kinderbüchern vor. Manchmal ist Saba einfach nur da bei Ursula, hilft im Garten oder kocht mit ihr zusammen Marmelade aus sibirischen Apfelbeeren. Dabei reden die beiden Frauen viel miteinander, in der Beziehung verbessert Saba so ganz nebenbei ihre Deutschkenntnisse.
Oft unternehmen die beiden auch etwas Besonderes, fahren zu einem Konzert in der Nieder-Mooser Kirche, bummeln durch Fulda oder kaufen gemeinsam ein. „Da gucken die Leute manchmal erstaunt“, witzeln die Frauen. „Wir lachen viel zusammen“, meint Saba, „wenn ich hier bin, vergesse ich meine Probleme.“ Mittlerweile spricht sie recht gut Deutsch, denn sie besucht regelmäßig die Sprachkurse des Brücken-Cafés und übt auch viel „zuhause“ im Hof Reith, dem Wohnheim für Asylbewerber. Ihre Eltern sind beide tot, sie mag nicht darüber reden warum. Sie hat Tränen in den Augen, wenn sie von Addis Abeba spricht, der Hauptstadt, in der sie groß geworden ist.
Ursula lernte die Äthiopierin im Brücken-Café kennen, denn sie wollte sich für Flüchtlinge engagieren. Die einstige Bäuerin und gelernte medizinisch-technische Assistentin, war selbst ein Flüchtlingskind. Mit ihrer Mutter musste die Dreijährige aus Polen fliehen, aber sie waren im Westen nicht immer willkommen: „Geht doch dahin, wo ihr hergekommen seid!“, bekamen sie oft zu hören. Mit jungen Ausländerinnen kommt Ursula gut klar, denn bei ihr auf dem Bauernhof in Bad Orb waren jahrelang Au-pair-Mädchen zu Gast. Sehr stark ist sie ehrenamtlich in der Alzheimer Gesellschaft beschäftigt und hat deshalb wenig Zeit, doch sie will mit ihrem Engagement ein Zeichen setzen: „Wir müssen auf die Flüchtlinge zugehen und sie als Menschen behandeln, je mehr wir mit ihnen zu tun haben, umso besser für das gegenseitige Verständnis.“
Saba ist Christin und geht sehr oft in Frankfurt zum festlichen Gottesdienst in die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche. Nach den Sommerferien wird sie täglich nach Fulda fahren, um ihren Hauptschulabschluss zu machen. Eines Tages möchte Sie Krankenschwester oder Altenpflegerin werden. So kann sie irgendwann etwas von dem zurückgeben, was sie hier in Deutschland erfahren hat: „Freiheit und offene Beziehungen zwischen den Menschen“, sagt sie.
Drei Fragen an Clas Röhl
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Was machen Sie eigentlich genau?
Ich bin der Projektkoordinator im Brücken Café; das ist eine ehrenamtliche Initiative der Evangelischen Kirche, die für Flüchtlinge Deutschunterricht und soziale Unterstützung anbietet.
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Was ist an der Beziehung von Ursula und Saba so faszinierend?
Sie verbringen einfach ab und zu Zeit miteinander, erleben gemeinsam „deutschen Alltag“. Das ist für die Flüchtlinge ungemein wichtig.
2. Können die Leute sonst noch was tun?
Ja, selbst „Patenschaften“ wie Ursula übernehmen! Außerdem Computer spenden, es müssen keine neuen sein, denn es gibt ausgezeichnete Deutschkurse zum Selbstlernen im Internet. Oder sie können Schulbesuche außerhalb Schlüchterns durch Finanzierung von RMV Fahrkarten unterstützen. Interessierte können sich direkt an mich wenden: 0151 61 55 55 05
Foto: Hanswerner Kruse