Alfred Grosser-Gastprofessor Yves Sintomer untersucht Perspektiven demokratischer Systeme im internationalen Vergleich
Hubertus von Bramnitz
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ist das politische System Frankreichs augenblicklich von einer tiefgreifenden Erschütterung geprägt? Welche Perspektiven ergeben sich daraus für die Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Prof. Dr. Yves Sintomer.
Er wurde heute als sechster Alfred Grosser-Gastprofessor für Bürgergesellschaftsforschung an der Goethe-Universität vorgestellt. Im Wintersemester 2014/2015 lehrt er dort zur politischen Soziologie der Demokratie.
„Yves Sintomer ist ein international anerkannter Experte für die aktuellen Herausforderungen, denen demokratische Staatssysteme ausgesetzt sind“, sagte Programmkoordinatorin Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink. Schwerpunkte des Professors für Politikwissenschaft an der Université Paris 8 und Senior Fellow des Institut Universitaire de France sind die theoretische Fundierung deliberativer Demokratie, die Ausprägungen partizipativer Demokratie in Europa und die Veränderung der politischen Repräsentation in Frankreich, Deutschland, Brasilien und China. „Eine große Rolle spielen für mich dabei die Schriften von Jürgen Habermas, insofern freue ich mich besonders über meinen Aufenthalt in Frankfurt“, sagte Sintomer, der der Mainmetropole auch als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Sozialforschung (IfS) verbunden ist. Neben Habermas basiert seine Forschung auf den Werken von Marx und Weber, außerdem auf dem Ansatz der ‚global history‘, die sich mit historischen Fragestellungen in weltübergreifender Perspektive beschäftigt. In Deutschland publizierte er zuletzt zwei Bücher über Bürgerhaushalte.
„Das internationale Programm ‚Alfred Grosser-Gastprofessor für Bürgergesellschaftsforschung‘ wurde 2009 am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität angesiedelt. „Sein Ziel ist es, die Forschung und den öffentlichen Diskurs über die Bürgergesellschaft voranzubringen und international sichtbar zu machen“, so Universitätsvizepräsidentin Prof. Dr. Tanja Brühl. „Die Goethe-Universität, die vor einhundert Jahren selbst als Hochschule von Bürgern für Bürger entstanden ist und eine große soziologische Tradition besitzt, ist dafür ein idealer Ort!“
Namensgeber der Professur ist der in Frankfurt geborene Publizist, Politologe und Soziologe Alfred Grosser. Gestiftet wurde sie auf Anregung der Frankfurter Deutsch-Französischen Gesellschaft von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main. „Alfred Grosser wird am 1. Februar 2015 seinen 90. Geburtstag feiern“, hob der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Dr. Roland Kaehlbrandt, hervor. „Die Beschäftigung mit dem deutsch-französischen Verhältnis in diesem Wintersemester wird so zugleich zu einer Würdigung seiner Leistungen als zentraler Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg.“
Im Rahmen der Gastprofessur findet folgende öffentliche Veranstaltung statt:
Die Krise der repräsentativen Demokratie
Frankreich und Deutschland im Vergleich
Bürgervorlesung von Prof. Dr. Yves Sintomer (in deutscher Sprache)
Donnerstag, 29. Januar 2015, 19 Uhr, PEG-Gebäude, Raum 1.G 192,
Campus Westend, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main
Die Inhaber der Alfred Grosser-Gastprofessur seit 2009
2009/2010 Prof. Dr. Alfred Grosser (Paris)
Bürgergesellschaft und Demokratie in Deutschland und Frankreich
2010/2011 Prof. Dr. Saskia Sassen (New York)
Globale Migrationsphänomene
2011/2012 Ratna Omidvar (Toronto)
Bürgergesellschaft und Migration
2012/2013 Prof. Dr. Annette Zimmer (Münster)
Wandel der Zivilgesellschaft
2013/2014 Prof. Dr. Thamy Poghrebinschi (Rio de Janeiro)
Direkte Demokratie - Projekte aus Südamerika
HINTERGRUND:
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.“
Mehr Informationen unter www2.uni-frankfurt.de/gu100