Die Jungfrau von Orleans. Gastspiel aus Berlin, respektive Salzburg, beim Hamburger Theaterfestival: ein spannender Abend

Helmut Marrat

 

Hamburg (Weltexpresso) - Schillers Jungfrau wird selten gespielt. Wenn ich überlege, so sahen wir das Stück zuletzt vor vielen Jahren, am damaligen Schillertheater jn Berlin. Elisabeth Rath war die Darstellerin der Titelheldin, und der berühmte Bernhard Minetti gab den Talbot. Was für ein Schauspieler, was für Bühnenpersönlichkeiten.

 

Die finden sich heute nicht mehr, oder kaum noch. Dennoch gelingt dieser Aufführung, einen zu fesseln. Denn erstens steht mit Kathleen Morgenneyer als Johanna eine sehr intensive Schauspielerin auf der Bühne, und zweitens glücken dem Regisseur Michael Thalheimer sehr klare Bilder, die sich einem lange einprägen werden.

 

Die Jungfrau gilt in Frankreich als eine Nationalheilige. Es gab sie tatsächlich Und Schiller erzählt in seinem Drama, das der Weimarer Klassik zugerechnet wird und zu seinen Lebzeiten sehr häufig gespielt wurde, eine Geschichte, die er in anderen Stücken auch erzählt: Der Mensch, hin und hergerissen zwischen der Pflicht und seinem Verlangen nach Liebe.

 

Und da Johanna zu lieben wagt, wird sie in die Verbannung geschickt. Und der sie bestraft, ist der, den sie rettete. Es ist der Thronfolger, der spätere König Karl VII.

 

Hintergrund ist der Hundertjährige Krieg. Ein Ringen um die Vormacht in Frankreich. Zwischen einzelnen Landesteilen. Und auch England mischt sich ein.König Karl IV. hatte keinen männlichen Nachkommen, und also begann ein Kampf um die Krone.

 

Orleans liegt mitten im Kriegsgebiet. Thalheimer positioniert Johanna mitten auf die Bühne. Angestrahlt wie eine Statue. Ihr weißes Kleid wird im Laufe des Abends blutbespritzt sein. Und sie wird dort verharren, beinah bis zum Schluss. Dann, in ihrer Verbannung, als sie Gefühle zeigte, ändert sich das Licht.Und sie wird in einer Art Zelle bleiben.

 

Die meisten anderen Figuren sind oft nur schemenhaft erkennbar. Lediglich ihren Vater nehmen wir deutlich wahr. Und jenen Mann, in den sie sich verlieben wird: den Engländer Lional. Und natürlich den Dauphin, den zunächst weinerlichen, dann aber kalten, zukünftigen Herrscher.

 

 

Info:

Das Hamburger Theaterfestival findet seit sechs Jahren im Herbst statt. Eingeladen sind herausragende Aufführungen aus den deutschsprachigen Theatern.