Weltexpresso - DIE NESTBESCHÜTZER im TAGESSPIEGEL

Details: Kategorie: Lust und Leben; Veröffentlicht: 19. Dezember 2014

Serie. Neuer Streit um das Fritz-Bauer-Institut (FBI), Teil 2

Constanze Weinberg

München (Weltexpresso) - „Die Nestbeschützer“ lautet die fünfspaltige Überschrift im „Tagesspiegel“ vom 8. Dezember, unter der einer der wenigen noch lebenden Beobachter des großen Auschwitz-Prozesses, der Journalist Kurt Nelhiebel, sich mit dem Umgang des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts mit seinem Namensgeber auseinandersetzt.

Kurt Neblhiebel hatte in diesem Jahr in Weltexpresso schon die vielbeachtete Folge HÄNDE WEG VON FRITZ BAUER veröffentlicht, die insbesondere dem Wirken von Herrn Renz im Institut gilt, der alle Direktoren überlebt. Die Überschrift des Artikels im Tagesspiegel ist eine Anspielung auf den Vorwurf, Fritz Bauer sei ein Nestbeschmutzer gewesen. Zugezogen hatte sich der aus der Emigration heimgekehrte Jurist diesen Vorwurf durch seine Kritik an den deutschen Nachkriegsverhältnissen. Aus den Reihen der hessischen CDU wurde ihm vorgeworfen, mit seinen Behauptungen über judenfeindliche Stimmungen in Deutschland schade Bauer dem Ansehen Deutschlands in der Welt. Der hessische Generalstaatsanwalt gebe mit seiner Einmischung in politische Angelegenheit ein schlechtes Vorbild und betreibe eine Politisierung der Justiz.

Wenn man mit Kurt Nelhiebel über jene Zeit spricht, hat er schnell alte Zeitungsausschnitte zur Hand. „Heftige Kritik an Generalstaatsanwalt Bauer“ lautet die Überschrift eines Artikels der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. Januar 1961. Es geht darin um Vorwürfe des hessischen CDU-Landesvorsitzenden Fay gegen Bauer wegen des Vorermittlungsverfahren, das dieser gegen den Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Hans Globke, wegen dessen Rolle bei der Verfolgung der Juden in der Nazizeit eingeleitet hatte.

Im „Tagesspiegel“ kritisiert Nelhiebel, dass das Fritz-Bauer-Institut das politische Wirken des hessischen Generalstaatsanwalts ignoriere und nach dessen Tod Dinge in den Vordergrund schiebe, die mit seinem Lebenswerk nicht zu tun hätten. So habe er habe seinen Augen nicht getraut, als er im Begleitbuch zu einer Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts im Jüdischen Museum Frankfurt einen Zeitungsartikel aus der Nazizeit gefunden habe, der dem Gegner der braunen Machthaber ein Treuebekenntnis zur Naziführung unterstellt. Er habe die Verantwortlichen gebeten, das offensichtlich gefälschte Bekenntnis aus dem Begleitbuch und aus der Ausstellung zu entfernen. Wie sich die Verantworltihen gewunden haben, hatten wir kürzlich an dieser Stelle unter der Überschrift „Briefe zu einer Ausstellung“ geschildert.

Inzwischen wird die Ausstellung im thüringischen Landtag in Erfurt gezeigt, und zwar nicht nur mit der verleumderischen Behauptung über den angeblichen Kniefall Fritz Bauers vor der Naziführung, sondern auch mit unbewiesenen Behauptungen über eine angebliche Homosexualität. Kurt Nelhiebel zitiert die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, mit den Worten, damit solle „von den politischen Gründen für die Kritik und die üble Behandlung des hessischen Generalstaatsanwalts abgelenkt und eine Art Verständnis für seine damalige Isolierung geweckt werden.“

Zum Nachweis seiner These, mit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die hessische CDU habe sich die Einstellung zu Fritz Bauer zu dessen Nachteil verändert, erwähnt Nelhiebel einen von mehreren Aufsätzen des Leiters der Dokumentation des Bauer-Instituts, in denen dieser Sinn und Zweck des von Bauer eingeleiteten Auschwitz-Prozesses in Frage stelle. Ebenso wie der brandenburgische Generalstaatsanwalt Rautenberg spricht er von einer Demontage Fritz Bauers. Lese man sie als Symptom für den aktuellen Umgang mit Zeitgeschichte, dann sei es ein beunruhigendes.

INFO:

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