Geliebter Lügner“ am Schlossparktheater in Berlin

 

Helmut Marrat

 

Berlin (Weltexpresso)-„Geliebter Lügner“ ist eigentlich kein Theaterstück, sondern ein Briefwechsel. Meist nehmen eine Schauspielerin und ein Schauspieler an je einem Tisch Platz und lesen abwechselnd aus Briefen vor. Die gibt oder gab es tatsächlich.

 

Geschrieben von der Schauspielerin Beatrice Stella Campbell und dem Dramatiker George Bernhard Shaw. Campbell war ein Star des Londoner Theaters.Und Shaw schrieb für sie die Rolle der Eliza Doolittle im Stück „Pigmalion“, aus dem Frederick Loewe und J. Lerner das Musical „My Fair Lady“ schufen.

 

Shaw soll die Schauspielerin begehrt haben und reiste ihr sogar nach.Doch sie beließ es bei einer platonischen Beziehung. Später lebte sie krank und mittellos in Südfrankreich. Shaw, der mittlerweile immer berühmter geworden war, soll ihr die Briefe überlassen haben. Und, so geht die Geschichte weiter, nach ihrem Tod will sie der Amerikaner Kilty unter ihrem Bett entdeckt haben, verwahrt in einer Hutschachtel.

 

In seiner ideenreichen Inszenierung hat der Regisseur Philip Tiedemann nun eine rote Hutschachtel mitten in die Bühnenmitte platziert. Das ist ein schöner Einfall. Ein wenig fragwürdig dann, dass die beiden Darsteller die dort befindlichen Briefe ergreifen und kreuz und quer in den Raum werfen. Immer wieder werden sie später also auf Briefen herumtrampeln müssen, von denen sie einige aufheben, um sie zu lesen.Auch das wiederholte Wegschleudern eines der beiden Stühle ist ein zu schnell abgenutztes Mittel.

 

Die deutsche Erstaufführung fand ebenfalls in Berlin statt. Es lasen seinerzeit die Theaterstars Elisabeth Bergner und O.E.Hasse.Man nennt jene Aufführung wohl nicht ganz zu Unrecht legendär. Nun hat jede Zeit ihre Stars. Im Schlossparktheater, das Dieter Hallervorden seit einigen Jahren wacker leitet, treten die in Kürze achtzigjährige Brigitte Grothum und der ohne Geburtsdatum jonglierende Achim Wolff auf. Wolff ist an diesem Abend die größere Überraschung. Er, den wir meist in Boulevard- Aufführungen sahen, und dort oft etwas laut und sperrig fanden, gestattet seinem Shaw überraschende Zwischentöne. Grothum hingegen verzichtet zu sehr auf Modulation. Und hat dennoch, zusammen mit Wolff starke Momente. Besonders der zweite Teil des Abends gelingt. Hier sind Licht und Bühnenbild großartig eingesetzt. Und die Musik von Henrik Kairies, die den Abend gliedern half, ideal.

 

 

Info:

 

Der US-amerikanische Schauspieler und Autor Jerome Kilty lebte von 1922 bis 2012.

(Er kam bei einem Autounfall ums Leben.)Er schuf mehrere Dramatisierungen von Briefwechseln, von denen „Geliebter Lügner“ am bekanntesten wurde. Die deutsche Erstaufführung fand 1959 im Berliner Renaissancetheater statt.

 

Foto: Wolfgang Mielke