Feierliche Verleihung der Deutschlandstipendien der Goethe-Universität 2014/15 im dortigen Casino, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es kamen auch die Geförderten zu Wort. Ein Bruderpaar, Lukas und Leonhard Schulze-Vorberg, beide Bafög-Studenten, sprachen von den Möglichkeiten, die für sie individuell die Deutschlandstipendien bedeutet hatten.

 

Wird man zwei Jahre gefördert – nach einem Jahr kann man sich erneut bewerben, automatisch geschieht dies nicht – macht das bei Bafög-Studenten immerhin einen guten Batzen aus. Das Bruderpaar verwies auch darauf, daß sie durch die gemeinsame Förderung mit Studierenden aus anderen Fachbereichen interdisziplinären Austausch hatten, der für sie wesentlich wurde.

 

Im übrigen wäre es bei so vielen Worten auf jeden Fall nötig gewesen, die Reden mit Musik ein- und auszuläuten. Dies geriet unter großem Beifall besonders schwungvoll. Zu Beginn gab es „On the sunny side of the street“ und zum Abschluß „The Late Late Show“ zu hören. Mit langem Klatschen bedankte sich das Auditorium beim Hello Iso Orchestra mit Iso Herqusit (Vocals, Ukulele), Helen Hofmann (Saxophon, Vocals), Janina Hacker (Kontrabaß) und Uta Wagner (Schlagzeug). Wir sagten es doch: die Frauen.

 

Nachdem sich die gekommenen Auserwählten(mehr Frauen) ihre Stiftungsurkunden bei den Stiftern ( mehr Männer) abgeholt hatten, war beim geselligen Beisammensein im Casino auch Gelegenheit zum Gespräch mit den Studierenden. Dabei war Dankbarkeit für das Stipendium genauso herauszuhören, wie ein gewisser Stolz, ausgewählt worden zu sein. Erst jetzt erschloß sich, daß tatsächlich diese Deutschlandstipendien völlig einkommens- oder stipendienunabhängig erteilt werden. Ob die Eltern reich oder arm sind, ob die Studenten schon eine der üblichen Stipendien oder sogar BAfög erhalten, das spielt keine Rolle bei dieser zusätzlichen Prämierung, die den Studenten Anreize geben soll, im Studium etwas Besonderes zu wagen.

 

Na, das war dann weniger lustig, von den ehemals doch als lustige Burschen und Burschenschaften verschrieenen superbraven Studenten zu hören, daß sie überwiegend das Geld vom Stipendium zurücklegen, also wirklich sparen. Lustig machen muß man sich darüber nicht, spricht doch daraus auch eine gehörige Lebensangst, es mit der eigenen Berufstätigkeit vielleicht nicht zu schaffen, ein Leben zu führen, wie man es sich für einen Akademiker ausmalt. Zweie gaben an, daß ihre Eltern sich immer sehr schwer taten, sie finanziell zu unterstützen, weshalb sie jetzt mit dem Stipendium die Eltern entlasten und von ihnen nichts mehr nehmen/bekommen. Einer nahm das Geld und kaufte sich endlich die Studienbücher, die er immer schon besitzen wollte.

 

Etwas Ungewöhnliches tat ein Student vom Riedberg. Der nahm das Geld, flog nach New York und nahm dort am Marathon teil. Der ist nämlich so teuer in der Anmeldegebühr, daß er sich dies nie und nimmer hätte leisten können. Da kann man wetten, daß er dies noch seinen Enkeln erzählt. Vielleicht aber schon am ersten Arbeitsplatz, den er erringt. Denn eigentlich sind die Deutschlandstipendien genau dafür da, daß man sich Träume verwirklicht, die sich für das Studium auszahlen. Denn in New York mitgelaufen zu sein, ist schon einmal ein Sieg, auch wenn man unter 'ferner liefen' ankam.

 

Daß die Stipendien doch evident mehr an Frauen gehen, war den Kommissionen gar nicht aufgefallen. Man konnte das an der Wand des Festsaals, wohin die Namen der Aufgewählten projiziert wurden, leicht beweisbar durchzählen. Warum dies so ist, hatten schon die Diskutanten unter der Hand festgestellt, wenn sie betonten, daß Studentinnen die besseren Noten hätten, dann aber auch zusätzlich noch ein stärkeres gesellschaftliches Engagement einbrächten.

 

Bis zu diesem Zeitpunkt wußte die interessierte Journalistin allerdings noch nicht, daß dieses Deutschlandstipendium gerade mal 300 Euro monatlich beträgt. 300 Euro. Naja, das ist für den einen wenig, für den anderen viel. Aber insgesamt schon ein wenig in der Richtung, zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Jetzt ist auch zu verstehen, weshalb ein New York Marathon schon die Ausschöpfung der Möglichkeiten bedeutet. Was uns allerdings mehr stört, ist die Tatsache, daß innerhalb der Bundesrepublik Deutschland es nötig wäre, in einkommensschwachen Schichten erst einmal Kinder durch eine gute Schulbildung zu begaben und ihnen dann mehr als das bisherige Bafög bieten zu können. Das wäre was, wenn man das den Förderern schmackhaft machen könnte, von denen es aber zum Teil heißt – das muß nicht für Frankfurt gelten – , daß sie zuviel Einfluß auf die Auswahl ihnen genehmer Studierenden machten.

 

Das war ein angenehmer Abend mit interessanten Gesprächen mit Studierenden, aber man nahm doch auch den Eindruck von einer gewaltigen Beliebigkeit mit, die diesen Deutschlandstipendien eigen ist. Das sehen wir absolut kritisch, was sich an Informationen an diesem Abend so ergab. Aber so richtig dagegen aussprechen möchte man sich auch nicht, denn, wenn Förderer da sind, sollte das genutzt werden und die Verbindung von Förderern und Geförderten ist auch eine sinnvolle Sache. Die Absicht, daß diejenigen, die vom Kuchen etwas abbekamen, auch später für andere Studierende Gelder zur Verfügung stellen, ist auf jeden Fall ein richtiger Weg und vielleicht könnte man die Deutschlandstipendien ja doch zu welchen machen, die sozial ausgerichtet sind.