Die F.A.Z. stellt klar, was eh alle wissen
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - Intern scheint es rumort zu haben bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", nachdem Hans Riebsamen in der Ausgabe vom 10. April 2015 geschrieben hatte, man dürfe bezweifeln, ob Frankfurt ein Fritz-Bauer-Denkmal brauche. Riebsamen reagierte damit auf einen entsprechenden Vorschlag der Frankfurter Freien Demokraten, den Oberbürgermeister Peter Feldmann, begrüßt hatte.
Für das Renommee eines Blattes, das auch von Menschen gelesen wird, die Fritz Bauer dafür dankbar sind, dass er mit dem Auschwitz-Prozess noch einmal an das Leid der Naziopfer erinnert hat, war das nicht gut.
Es hat ein paar Tage gedauert, ehe sich die F.A.Z. entschied, am 20. April eine Zuschrift zu veröffentlichen, in der es heißt, der Artikel von Hans Riebsamen sei provinziell und kleinkariert und einer so bedeutenden Zeitung nicht würdig. Geschrieben hatte den Leserbrief der Vorsitzende des Braunschweiger Fritz-Bauer-Freundeskreises, Udo Dittmann, der über alle Vorgänge rund um Fritz Bauer und das nach ihm benannte Institut stets sehr gut informiert ist.
Die Redaktion räumte der Zuschrift den Spitzenplatz auf ihrer Seite "Posteingang" ein. Wollte sie damit sagen, dass sie den Inhalt für bedeutsam hält? Nein, auf diese Weise bekam der Mitherausgeber des Blattes, Werner D'Inka, die Gelegenheit, von herausgehobener Stelle aus dem "Sehr geehrten Herrn Dittmann" sofort namens der Redaktion die Leviten zu lesen. Dabei signalisierte die Überschrift bereits einen kleinen Rückzieher. Sie lautet nämlich "Denkmal ist gut, aber nicht alles".
Ausführlich würdigt der Mitherausgeber die Verdienste von Hans Riebsamen um das jüdische Leben in Frankfurt, die in dem Leserbrief nicht in Zweifel gezogen werden, und verweist auf die Absicht, dem neuen Direktor des Fritz-Bauer-Instituts an der Frankfurter Universität einen Lehrstuhl zur Erforschung des Holocaust einzurichten. Wörtlich: "Damit ist uns mehr gedient als mit noch einem Denkmal." Wohlgemerkt - er sagt nicht, man dürfe bezweifeln, ob Frankfurt ein Fritz-Bauer-Denkmal brauche.
Auch in diesem Fall bleiben die wesentlichen Dinge, um die es bei der Würdigung Fritz Bauers geht, unausgesprochen. Der hessische Generalstaatsanwalt war nicht nur der Initiator des Auschwitz-Prozesses, sondern er war auch ein Bürgerrechtler und damit ein Störenfried. Er kämpfte dafür, die Rechte der Bürger zu stärken, statt sie zu schwächen, wie das durch die vom ihm bekämpften Notstandsgesetze geschehen ist.
Fritz Bauer war der Stachel im Fleisch der deutschen Wohlstandgesellschaft, die ihren Frieden mit denen gemacht hatte, die unser Volk ins Unglück gestürzt haben. Das haben ihm manche bis heute nicht verziehen. Diesen politischen Fritz Bauer zu würdigen, halten manche für unangebracht. Er soll nicht wahrgenommen werden, weil seine Warnungen vor einem neuen Abgleiten in neue Obrigkeitsstaatlichkeit nichts von ihrer Bedeutung verloren haben.
Holocaustforschung ja, aber bitte ohne Fritz Bauer, lautet die Devise. Deshalb wollte man keinen Fritz-Bauer-Platz vor der Goethe-Universität und deshalb braucht es – nach dieser Lesart - auch kein Fritz-Bauer-Denkmal. Wo die F.A.Z. steht, hat sie wieder einmal deutlich gemacht.