Regisseur Thorsten Fischer verunglückt mit seinem Antikenprojekt am Hamburger Ernst Deutsch Theater

 

Helmut Marrat

 

Hamburg(Weltexpresso)- Allem Anschein zum Trotz herrschen im Theater recht enge Grenzen. Man könnte auch sagen, gewisse Grundvoraussetzungen, die einen gelungenen Abend ausmachen. Da gilt zuallererst die Regel, dass die Schauspieler ihren Rollen gerecht werden.

 

Dann sollte der Regisseur, dessen Tätigkeit angeblich zufällig entstanden ist, einen geeigneten Zugriff auf den Stoff haben. Und eine glückliche Hand.

 

Auch bilden im günstigsten Fall Bühnenbild und Kostüme einen geeigneten Rahmen. Und zweifellos muss die Textfassung gelungen sein.

 

Nun kann man sich vorstellen, dass eines Tages der Regisseur Fischer, seines Zeichens ein erfahrener Theatermann, und auch häufiger erfolgreich, zur Intendantin gegangen ist, um ein verlockendes Angebot zu machen, dem man eigentlich kaum ausweichen kann: ein sogenanntes Antikenprojekt als Friedensbotschaft, und obendrein noch ein Frauenstück. Gewissermaßen eine Umsetzung der Frauenquote am Theater.

 

Nun hat es allerdings seinen Sinn, dass der überwiegende Teil der Theaterstücke von der Spannung zwischen Männern und Frauen lebt, und wir kennen nur ganz wenige Ausnahmen, wo dies nicht gilt. Auch erscheint uns die These, dass der Krieg ausschließlich eine männliche Handschrift trage, zu waghalsig.

 

Aber seien wir offen für Gewagtes. Zumal Fischer in Wien schon einmal ein ähnliches Unterfangen bewältigte. Allerdings im Bereich des Singspiels. Wenn man nun aber eine solche Idee hat, muss wenigstens eine der oben aufgeführten Bedingungen erfüllt sein.

 

Iphigenie“ ist der Abend betitelt. Das Stück von Goethe bildet auch den Urgrund dieser Anstrengung. Vermutlich deshalb wird dies Stück nach der Pause fast komplett gespielt. Vielleicht aber auch, weil Fischer sich als Bewunderer Goethes sieht. Doch gilt für diesen Abend, dass er immer schlechter wird,je länger er dauert.

 

Dabei hatte alles ganz schön angefangen. Besonders die Jubelfeiern waren stimmig Hier kommt es auch zum ersten Einsatz der Sprinkleranlage. Hier erscheint er auch sinnvoll. Und so entsteht ein schönes Bild. Regen reinigt sozusagen die Welt. Aus schwer nachvollziehbaren Gründen wiederholt sich das aber im zweiten Teil. Oder liegt es am Untertitel des Abends: „Träumst Du Mutter?“ ? Aber ist die Darstellung eines erdachten Traums in seinen möglichen wiederkehrenden Elementen sinnvoll?

 

Fünf Darstellerinnen bestreiten den Abend. Und ein Darsteller, auf den man dann doch nicht ganz verzichten mochte. Es ist kein besonders großartiger Schauspieler, doch man ist ganz froh, ihn zu haben.Zumal er auch recht stimmig ein animalisches Element erkennbar macht.

 

Alle bemühen sich nach Kräften.

 

Beim Damenquintett ist besonders Daniela Ziegler zu erwähnen. Doch selbst sie kämpft gegen allerlei Hemmnisse an. Zum Beispiel gegen die kaum lösbare Aufgabe, mit Stiefeletten ein hohes Klettergerüst zu erklimmen. Dennoch gelingt es Ziegler, sich in Erinnerung zu spielen. Das fängt damit an, dass sie besonders gut spricht.Ihr„Lied der Parzen“ beeindruckt in weiten Teilen.

 

Theater solle politisch sein und berühren, erläutert Thorsten Fischer die Absicht seines viel zu langen Abends. Und übersieht dabei, dass Theater vor allem eines vermeiden sollte: Langeweile.

 

Nachsatz: Zum Glück verzichtet Fischer auf irgendwelche platten Anspielungen. Immerhin hätte er auch als Untertitel:“Träumst Du Mutti?“ anbieten können. Doch hier also Glück!

 

 

Info: „Iphigenie - Träumst Du Mutter?“ läuft noch bis zum 29. Mai. Als Nächstes ist eine Komödie angekündigt.