Serie: FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE, Teil 9
Hanswerner Kruse
Schlüchtern (Weltexpresso) - Wir haben Saba in dieser Reihe schon einmal vorgestellt, damals war unser Schwerpunkt ihre Freundschaft mit einer älteren Dame (Link unten). Mittlerweile ist die Dreiundzwanzigjährige gut im östlichen Main-Kinzig-Kreis vernetzt und kann ihre Lust am Kochen oder Backen ausleben. Demnächst wird sie wahrscheinlich in einer Bäckerei in Steinau ein Praktikum machen.
Saba Teklu Berhane (23) ist eine leidenschaftliche Köchin, erst neulich hat sie eine Einladung zum Kochen in einer sozialen Einrichtung bekommen, die stärker mit Geflüchteten zusammenarbeiten will. Gekonnt zeigte sie den Gästen, wie die leckeren äthiopischen Gerichte vorbereitet werden, die anschließend gemeinsam - nur mit den Händen, wie in ihrem Heimatland - gegessen wurden. Als das KuKi vor einiger Zeit den Film „Selma“ im Rahmen des Brückencafés im evangelischen Gemeindezentrum zeigte, gab es ein „antirassistisches Büffet“. Dafür kochten und backten Geflüchtete aus verschiedenen Ländern, auch Saba beteiligte sich und animierte ihre äthiopischen Freundinnen mitzumachen. Glücklich strahlte sie, als Clas Röhl, der Koordinator des Cafés sie abends dem Publikum vorstellte (Foto).
Die Äthiopierin ist eine fröhliche Frau, sie lacht gerne und treibt Schabernack - doch über die Flucht aus dem Heimatland mag sie nicht sprechen. Ihr Onkel finanzierte ihr den Flug nach Frankfurt, als sie als orthodoxe Christin immer stärker bedrängt und verfolgt wurde. Auch ihre Eltern starben, doch sie beginnt zu weinen, als wir nachfragen, warum?
Hier in Hof Reith wohnt sie jetzt seit eineinhalb Jahren, fühlt sich in Sicherheit und ist froh, selbst wenn ihr im Heim ein wenig „langweilig“ ist. Dort hat sie einen „1-Euro“-Putzjob, kocht oder backt bei jeder sich bietenden Gelegenheit und hat in den Kursen des Brückencafés im Jugendzentrum „Check In“ sehr gut Deutsch gelernt, das Gespräch führen wir auf Deutsch. Da Saba als Asylbewerberin noch keinen Anspruch auf Integrationskurse hat, fährt sie jetzt mit finanzieller Unterstützung des Brückencafés, zweimal in der Woche nach Fulda. Hier besucht sie die den Deutschunterricht für Fortgeschrittene an der Volkshochschule und findet ihre Lehrerin gut: „Sie spricht so langsam. Außerdem ist die freundlich. Sie macht das interessant.“
Die wesentlich ältere Freundin Ursula hilft ihr, schon bald seit einem Jahr, bei den Hausaufgaben, gemeinsam gehen die beiden oft spazieren oder in Fulda einkaufen. Saba spielt mit dem Enkelkind Diana oder liest ihr aus Kinderbüchern vor, sie hilft im Garten und - natürlich - auch in der Küche. So ganz nebenbei verbessert sie im gemeinsamen Tun ihre Deutschkenntnisse. Gemeinsam mit einigen äthiopischen Freundinnen fährt sie manchmal am Wochenende nach Frankfurt zum Gottesdienst in die äthiopisch-orthodoxe Kirche.
Durch beständige Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse kommt Saba ihrem Ziel näher, eines Tages eine Ausbildung zu machen. Sie hat sich noch nicht entschieden, würde aber gerne im sozialen Bereich arbeiten, vielleicht als Krankenschwester oder Altenpflegerin. Saba ist ein Beispiel dafür, wie junge Flüchtlinge durch ihr Engagement, ihr Können und die Lust am Deutschlernen aktiv zu Ihrer Integration beitragen können. Vielleicht findet sie ja sogar eine berufliche Perspektive als Köchin oder Konditorin - Spaß daran und Talent dazu hat sie ja reichlich.
Fragen zu Saba an den Flüchtlingskoordinator Clas Röhl:
Saba besucht als Asylbewerberin einen Deutsch-Integrationskurs an der Volkshochschule. Ist das so üblich?
Nein, sie ist eine Ausnahme! Saba erfährt durch das Brücken Café eine gezielte Förderung, da sie energisch an ihrem Weiterkommen arbeitet.
Ist das ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit?
Ja, denn das Recht und die Pflicht zum Besuch eines Integrationskurses, einschließlich der Übernahme von Fahrtkosten, wird erst wirksam, wenn der Aufenthaltsstatus geklärt ist und der Geflüchtete bleiben kann. Das kann in vielen Fällen sehr lange dauern. Mit der Klärung geht zudem die behördliche Betreuung vom Sozialamt des Kreises auf das jeweilig zuständige Kommunale Center für Arbeit über.
Der Flüchtling muss ab dann verstärkt selbst zurechtkommen, nicht zuletzt, beispielsweise, bei der stets schwierigen Wohnungssuche.
INFO: In unserem zweiten Flüchtlingsgespräch in Weltexpresso
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/lust-und-leben/2874-dehab-kifleysus-aus-eritrea
hatten wir im zweiten Teil der Serie unsere Motivation und die Überschrift für die gesamte Reihe so eingeleitet:
„Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird!“schrieb Bert Brecht in seinen „Flüchtlingsgesprächen“.
Das ist von großer Aktualität, denn viele Fremde, die zu uns kommen, sind hier nicht erwünscht oder werden, wenn sie in Not sind, nicht als Flüchtlinge anerkannt. Nach Eva aus Somalia wollen wir heute Dehab aus Eritrea vorstellen, die lange warten und bangen musste, um den begehrten blauen Asylpass zu bekommen. In unregelmäßigen Abständen werden wir weiter Menschen, die ihrer Heimat entfliehen mußten, vorstellen.“
Leider wird diese Serie noch lange weitergehen, aber sie macht Mut. Denn die Verhältnisse verbessern sich eher, was die Akzeptanz der Flüchtlinge durch die Einheimischen angeht. Darum berichten wir gerne aus Schlüchtern, wo besonders gute Integrationsarbeit stattfindet.
Bisheriger Artikel zu Saba vom 4. September 2014
http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3459:saba-aus-aethiopien&catid=88:lust-und-leben&Itemid=497