Es war zugleich der Tag, an dem die neue Vorratsdatenspeicherung durchs Kabinett ging. PROTEST am Samstag, 30. Mai in Frankfurt 13 Uhr Wiesenhüttenplatz
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpreso) – Die Datenschützer waren da, sie riefen auf zum zahlreichen Erscheinen auf dem Frankfurter Wiesenhüttenplatz (Nähe HBF), um der Datensammelwut entgegenzutreten. Das gar nicht so geheime Gesetz vom Willen zur Macht, das Nietzsche ausgeplaudert hatte, ist es nicht im verwunschen verborgenen Programm der Datenkraken, der Regierungen und Geheimdienste am Werk?
Über die man sich kaum Illusionen machen darf, was eine angenommene Arglosigkeit der neuartig miteinander verwobenen Systemgebilde unserer Zeit angeht? Gegen deren Machtanspruch sollten wir uns verwahren und eine Gegenwehr bilden, denn Zivilbürger wollen nicht zu Objekten staatlicher oder handelsgewerblich-systemischer Kontrollorgane gemacht werden. Als nicht ohne Reiz erscheint, dass die Datenspionage sich auch gegen alteingesessene Unternehmen der Altökonomie richtet, die nicht in jedem Fall datenaffin 'aufgestellt' sind.
Terrorismus als Helfer der Datenindustrie
Warum wird gegen den – fälschlich - religiös motivierten Terrorismus statt auf Prävention vor allem auf gesteigerte Terrorbekämpfung gesetzt, die sich – dem digitalen Funktionalismus folgend - umfassender Durchkontrollierungspraxis zum Schaden der freiheitlichen Grundrechte bedient. Statt Voraussetzungen anzugehen, werden Folgen bekämpft. Die noch funktionierende Zivilgesellschaft kann nicht um des totalen Erhalts der Sicherheit willen zum Anhängsel einer weltumspannenden Datensammelmaschinerie gemacht werden, die im Zeichen der Terrorbekämpfung auch datenhungrigen Digitalindustrien zuarbeitet, Grundrechte unterminiert und Privatsphäre und menschliche Integrität abschleift. Da kommt ein Verdacht auf. Steckt hinter der unergiebigen Art der Terrorbekämpfung nicht eine Taktik, die der gewollten Ausweitung der Überwachungsinstrumente im Zivilsektor dient?
Jedoch, es bildet sich Widerstand gegen die Übergriffe der Staaten und Konzerne. Gerade am Tag, an dem unter dem gespaltenen Motto: 'Freiheit stirbt mit Sicherheit' ein Aufruf sich dagegenzustellen erging, passierte die Neuregelung zur Vorratsdatenspeicherung das Bundes-Kabinett. Sensible IP-Adressen und Trackingdaten der Standorterkennung sind von der Erfassung auf Vorrat betroffen. Minister Heiko Maas, der immer auf dem Standpunkt stand: 'Mit mir nicht', ließ sich herbei, den verhängnisvollen Einstieg in die absehbare Totalüberwachung doch zu vollziehen. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff, die zuvor auf Speicherung abzielte, deutet nun an, dass Bedenken doch nicht auszuräumen seien. Sie kritisierte den Entwurf des neuen Gesetzes.
Überwachen ist Programm
Ausgehend von der Tatsache, dass es einen Drang zum 'Überwachen und Strafen', nach Michel Foucault, gibt, der staatlich und institutionell exzessiv gesteigert werden kann, ist zu jedem Zeitpunkt von einer Gefahr für die souveräne Gemeinschaft (nach Rousseau) auszugehen. Wir müssen befürchten, dass die Geheimdienste gemäß einer ausgeweiteten Denkstruktur möglichst alles restlos kontrollieren möchten. Geheimdienste tendieren zum Staat im Staate. Schon die Dreiheit von BND, MAD und Verfassungsschutz ist zuviel des Fragwürdigen. Geheimdienste misstrauen einer kritischen und aufbegehrenden Bürgerschaft von vornherein. Diese steht der großen Koalition der Demokratie-eher-Verhinderer-und-Blockierer gegenüber, erweitert und vervollständigt durch wirtschaftliche Großprojekte à la TTIP, Ceta, Nafta und anderen, Druck auf Staaten und Gesellschaften ausübenden Konglomeraten des nicht wohlverstandenen Selbstinteresses.
Gegen die gelebte Demokratie steht ein Verbund der mächtigen Interessen in Staaten und Wirtschaften, die vormundschaftlich-autoritär 'verfügen zu wollen' in ihren Plan aufgenommen haben. Die Gesellschaften werden durch das Zusammenspiel von Digitalisierung und der in die globale Großwelt expandierenden Konzernherrschaft in die Zange genommen. Die Firmen habe auch Geheimdienste, die der Manipulation dienen. Der bürgerliche und ökonomische Mittelstand bleibt auf der Strecke. Er ist in gewisser Weise einfach zu ehrlich.
Daten-systemische Machtgebilde brauchen Gegner
Gegen diese gefahrvollen Entwicklungen hat sich eine Gruppe von High Potentials aus professionellem Stand in Stellung gebracht, indem sie – nach so vielen der überall gehabten Diskussionen und Erwägungen – für Samstag, den 30. Mai 2015 13.00 Uhr zur Auftaktkundgebung in Frankfurt am Main, Wiesenhüttenplatz (Nähe Hauptbahnhof) im Rahmen der bewährten Kampagne 'Freiheit statt Angst' aufruft.
Veranstalter sind: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Deutscher Journalisten Verband (LV Hessen), dieDatenschützer Rhein Main, Die Linke (Landtagsfraktion Hessen), Digitalcourage e.V., Frankfurter Kollegium e.V., Neue Geldordnung, Neue Liberale und Piratenpartei Hessen und weitere.
Uli Breuer (dieDatenschützerRheinMain), Hajo Köhn (Neue Geldordnung) und Prof. Dr. Peter Wedde erscheinen zu einem Zeitpunkt, der passend getroffen ist, denn viel Richtiges wurde schon gesagt und verbreitet, denkt man auch an Frank Schirrmacher, den leider zu früh verstorbenen, durchblickend Klugen, viel zu wenig aber wurde bislang unternommen. Es ist Zeit für einige öffentliche Veranstaltungen des Erregens von Aufmerksamkeit für die BürgerInnenrechtsproblematik im Digitalzeitalter.
Abgesehen vom neuen Vorratsdatenspeicherungsgesetz (ein admistrationstechnisches Ungetüm) hat es auch Phänomene und Einrichtungen wie die personenbezogene Datenhehlerei, mit der wir vorausberechnend angegangen werden sollen; die neue Gesundheitskarte, bekannt auch unter 'e-health' - der Patient darf seine eigene Datendatei nicht sichten, geöffnet werden aber kann sie für gewerbsmäßig Private -; das Tracking (Spur verfolgen) am Bändchen in Werkshallen globaler Unternehmen; der Jurist, der Arzt, der Geistliche, die alle jetzt mit den übrigen zusammen unter die anlaßlose Datenerfassung fallen; die Problematik um den ominösen Rechtsraum digitalen Geldes oder gar des Kryptogeldes u.v.m.
Foto: Veranstalter