Serie: FLÜCHTLINGSGESPRÄCHE, Teil 18
Hanswerner Kruse, Marion Klingelhöfer, Clas Röhl
Schlüchtern (Weltexpresso) - Mutige Frauen, starke Mütter - gebildete Frauen verlassen ihre Heimat und flüchten alleine nach Europa. So sollte die Überschrift lauten. Unser Autorenteam hat nämlich die Iranerin Soheila und Hannah Wölfel gebeten, die aus dem Iran geflüchtete Kimia vorzustellen. Soheila war begeistert von der Idee, als Übersetzerin und selbst als Interviewerin aktiv zu werden.
Sie gehört zu den „erfahrenen“ Flüchtlingen und wurde hier vor einiger Zeit vorgestellt. Das war der Artikel vom 26. Mai „Soheila aus dem Iran“ als 8tes Flüchtlingsgespräch http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=4895:soheila-aus-dem-iran&catid=88:lust-und-leben&Itemid=497
Die beiden sitzen mit Kimia im Garten, die nur wenig Deutsch spricht. Immer wieder tauschen Soheila und Kimia auf Farsi ihre ähnlichen Erfahrungen aus.
Kimia (26) hat eine lange Reise über Indien und Sri Lanka hinter sich, bevor Sie vor zwei Monaten im Flüchtlingsheim Hof Reith ankam. Die Perserin stammt aus Teheran, wo sie geboren wurde und mit ihrer Mutter und drei Geschwistern lebte. Sie studierte Tourismusmanagement, auch Soheila hat eine vergleichbare Ausbildung, ein Informatikstudium abgeschlossen, wie Sie erstaunt feststellt.
In ihrem Heimatland gehörte Kimia, wie ihre Mutter, der protestantischen Minderheit der Pfingstgemeinde ( Penticaste) an, deren Mitglieder verfolgt und mit dem Tode bedroht werden. Dieser religiöser Terror war ganz hautnah in ihrer eigenen Familie zu spüren. Ihr Vater, ein strenger Muslim, drohte immer wieder damit, die „Abtrünnigen“ an die Religionspolizei zu verraten und ließ sich, selbst unter Druck geraten, von der Mutter scheiden. Auch nach dieser Information betonte Soheila, dass von ihrem eigenen Bruder ein ähnlicher Verrat zu erwarten gewesen sei und sie um Ihr Leben fürchten musste.
Im Iran sind immerhin ein Drittel der Studierenden Frauen und so konnte auch Kimia ihr hochqualifizierendes Studium abschließen. Doch auf dem iranischen Arbeitsmarkt haben die weiblichen Absolventen kaum eine Chance. Ein Jahr versuchte sie dennoch in einer Travelagentur zu arbeiten, wurde aber von den männlichen Kollegen nur respektlos behandelt und mundtot gemacht.
Das sei bei weitem kein Einzelfall, versichern beide studierten Frauen und empören sich über diese „schizophrene Politik und soziale Unterdrückung.“ Kimia musste deshalb nach dem Studium in klassischen Frauenberufen arbeiten, im Krankenhaus und in der Kinderbetreuung, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Auch diese Erfahrung teilt sie mit ihrer Schicksalsgefährtin Soheila, die notgedrungen mehrere Jahre als Frisörin arbeitete.
Die Mutter ermunterte Kimia zur Flucht, als deren Situation lebensbedrohlich wurde. Eindringlich beschreibt sie, welche Widerstände und Ängste sie bewältigen musste, bis ihr Entschluss feststand, alle Freunde, alle Bindungen hinter sich zu lassen und ihre Heimat zu verlassen. Doch der Leidensdruck wurde so unerträglich, dass sie sich auf den Weg machte: „Ohne meine Mutter hätte ich den Absprung nie geschafft: ‚Du schaffst das! Du bist stark! Dir gebührt ein Leben ohne Bedrohung und Unterdrückung!’, sagte sie immer wieder zu mir, machte mir Mut und baute mich auf.“
Beide Frauen beschreiben sich als sehr ehrgeizig und wollen, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen, in unserem Land ihr Studium mit europäischem Knowhow ergänzen. Sie träumen davon, entsprechend weitergebildet, auf dem deutschen Arbeitsmarkt ihre Kompetenzen einzubringen. Mit glänzenden Augen erklären Kimia und Soheila, ihre „Frau stehen zu wollen.“ Sobald wie möglich wollen sie unabhängig sein und dem deutschen Staat nicht mehr auf der Tasche liegen. Kimia schreibt in ihrer Freizeit Gedichte und Songtexte und möchte sie auch gerne in Zukunft in Schlüchtern sogar mit deutscher Übersetzung vorstellen.
„Ich bin sehr beeindruckt vom Willen der beiden, sich in unserem Land zu integrieren und überzeugt, diese mutigen ‚Flüchtlingsfrauen’ werden eine große Bereicherung für unsere Gesellschaft sein“, meint Hannah Wölfel zum Schluss der Begegnung.
„Freiheitsliebend und lernbegierig“
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unter dieser Überschrift hatten wir im letzten Mai Soheila (32) als Neue Nachbarin vorgestellt, die vor über einem Jahr aus dem Iran nach Deutschland flüchtete. Als liberale und studierte Frau hatte sie keine Chance in der Enge des frauenfeindlichen „Gottesstaates“, ihr Leben war durch die „Religionspolizei“ in Gefahr. Soheila spricht bereits sehr gut Deutsch und bemüht sich, ihre Sprachkenntnisse noch mehr zu verbessern. Sie bereitet sich auf die Prüfungen vor, die zum Studium in Deutschland berechtigen. Im nächsten Jahr möchte sie dann an der Fachhochschule Fulda studieren. Im Moment arbeitet sie im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeit - im Volksmund auch Ein-Euro-Job genannt - als Assistentin der Erzieherinnen in einer Kindertagesstätte.
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Info:
Wie oben ausgeführt, der Artikel über Soheila in Weltexpresso