Johanna Gorkosch hat ein DDR-Museum im Frankfurter Stadtteil Bornheim, Teil 2/2

 

 

Anja Prechl und Siegrid Püschel

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir finden die Idee grandios. Und finden es auch typisch, daß eine Frau, die die DDR nur einmal besucht hat, um ihre Schwiegereltern kennenzulernen, die Idee zur Sammlung hatte und diese so wunderbar betreut. Auch, wenn Johanna Gorkosch nicht mehr aktiv sammelt, so kommen manche Dinge wie von alleine zu ihr.

 

 

Toilettenpapier, original verpackt

 

Sie freut sich über alles. Früher habe sie die Freunde ihres Mannes angesprochen – „habt ihr vielleicht etwas für mich?“. Wolfgang sei das zuerst unangenehm gewesen. Doch als er merkte, wie ernst es Johanna mit ihrer Sammlung ist, unterstütze er ihr Projekt. „Ursprünglich sollte es mal ein Museum des sozialistischen Alltags werden und auch die Bruderstaaten der DDR berücksichtigen“, sagt sie. Dann lacht sie: „Aber dafür war und ist kein Platz.“ Inzwischen sammelt sie nicht mehr aktiv – aber wenn ihr jemand etwas anbietet, sagt sie nicht nein. Besonders gerührt habe sie eine Familie, die ihr 20 Jahre nach der Wiedervereinigung ein Päckchen Würfelzucker, ein Päckchen Kaffee und eine Rolle DDR-Toilettenpapier, original verpackt mit Banderole, überlassen habe. „Das muss man sich mal vorstellen: Da hebt jemand 20 Jahre lang eine Rolle Toilettenpapier auf!“ Einen dicken Fisch zog sie an Land, als ein Bundeswehrangehöriger, der bei der Abwicklung der NVA mitarbeitete, ihr Armee-Utensilien von der Ausrüstung bis zum Orden anbot. „Er sprach von zwei, drei Kartons. Und kam dann mit einem Kombi, der bis unters Dach voll war. Ich dachte, ich sehe nicht richtig“, erinnert sich Johanna Gorkosch.

 

 

Von den Besuchern lernen

 

Gut zweimal im Jahr lädt sie Besucher ein, ihr Museum zu besichtigen. Meist finden die Leute über Mundpropaganda den Weg in ihre Mansarde. „Es gibt welche, die können überhaupt nichts mit den Sachen anfangen. Andere schlucken und bekommen große Augen.“ Johanna Gorkosch mag es besonders, wenn sie von ihren Besuchern etwas lernt. So wie kürzlich, als eine junge Frau auf die an die Regalstützen gepinnten Abzeichen deutete und erklärte: „Die waren übrigens von den jungen Pionieren. Sie wurden an die Pionierhemden genäht und zeigten, wer welchen Rang hatte.“

 

 

Ein tristes Erlebnis

 

Johanna Gorkosch hat die DDR nur einmal besucht. Anfang der 1980er, als sie in Jena zum ersten Mal ihre Schwiegereltern traf. Ohne ihren Mann, der kein Einreisevisum bekommen hatte. „Ein tristes Erlebnis“, sagt sie, wenn sie an das Jena jener Tage denkt, „alles war wenig farbenfroh.“ Die Familie aber habe sie sehr herzlich aufgenommen, „wir waren uns auf Anhieb sehr vertraut.“ Der Mauerfall wenige Jahre später habe sie und ihren Mann umgehauen. „Wir waren während der Besetzung der Prager Botschaft an der Côte d’Azur gewesen, hatten anfangs kaum etwas von den Ereignissen mitbekommen. Die Vorstellung, sich nach der Maueröffnung frei über die innerdeutsche Grenze bewegen zu können, war für uns wahnwitzig.“

 

 

Nicht mehr zu unterscheiden

 

Wenn Johanna Gorkosch heute in den Osten Deutschlands fährt, vorbei an ehemaligen Wachtürmen über die ehemalige Zonengrenze, fühlt sie sich, als reise sie durch ein retuschiertes Land. „Ost und West sind nicht mehr zu unterscheiden. Es sei denn, man besucht eine alteingesessene Gaststätte in einem kleinen Dorf. Dort ist es manchmal noch sehr ursprünglich.“ Deutschland ist wieder eins, die DDR ist verschwunden. Und ebenso die alltäglichen Dinge, mit denen Generationen groß geworden sind. Wer etwas über das Leben im Land, das hinter der Mauer lag, erfahren will, geht ins Museum. In Bonn, Berlin, Leipzig. Oder zu Johanna Gorkosch in den dritten Stock einer Bornheimer Seitenstraße.

 

 

Foto: DDR-Wimpel und Porträt Erich Honecker, DDR-Museum © Foto: Salome Roessler, pia

 

 

INFO:

 

Anlässlich des Jubiläums 25. Jahre deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober plant Johanna Gorkosch ein kleines Museumsfest. Wer sie und ihre Sammlung besuchen möchte, kann sich per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! wenden.