Werner Renz bedrängt einen Zeitzeugen in Sachen angeblicher Homosexualität Fritz Bauers

 

Constanze Weinberg

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – In dem Artikel „Das Missvergnügen eines Erbsenzählers“ von Kurt Nelhiebel, veröffentlicht im Weltexpresso vom 3. Januar, wird ein Artikel von Werner Renz mit der Überschrift „Geschichtsklitterung oder Fritz Bauer und die Hagiografie“ erwähnt.

 

In diesem Aufsatz geht der Archivar des Fritz-Bauer-Instituts wieder einmal seiner Lieblingsbeschäftigung nach, den früh verstorbenen hessischen Generalstaatsanwalt Bauer in eine Ecke zu rücken, in der dieser sich selbst niemals gesehen hat, in die des frustrierten Einzelgängers, der seine sexuellen Neigungen nicht ausleben konnte.

 

Werner Renz versteigt sich darin zu dem kühnen Satz: „Es verbietet sich, sich in Spekulationen über Bauers Sexualverhalten zu ergehen.“ Er selbst war es schließlich, der diese Spekulationen in die Welt gesetzt hat. Er bediente sich dabei eines jungen ehrgeizigen Journalisten namens Ronen Steinke als Medium. Als der ein Buch über Fritz Bauer schreiben wollte, stellte ihm Renz das gesamte Archiv des Fritz-Bauer-Instituts zur Verfügung und wurde dafür von Steinke überschwänglich gelobt. Er war es, der sich dann über eine dänische Polizeiakte aus der Emigrationszeit Fritz Bauers verbreitete, wonach der Exilant Umgang mit männlichen Prostituierten gehabt haben soll.

 

Pikante Details, die bis dahin niemand für veröffentlichungswürdig gehalten hatte, werden darin genüsslich ausgebreitet: „Von der Straße aus konnte man beobachten, dass der Deutsche sich ausgezogen hat, ohne sich einen Pyjama anzuziehen.“ Werner Renz setzte seinerseits noch einen drauf und zitierte einen von der dänische Polizei gehörten Zeugen mit den Worten, Bauer habe sein „Geschlechtsteil bis zum Samenerguss manipuliert“. (Nachzulesen auf Seite 23 des bei Schenk veröffentlichten Artikels.) Auf die Nachkriegszeit bezogen behauptet Renz – diesmal gern ohne Quellenangabe über Bauers sexuelle Orientierung gebe es „allerhand Gerüchte“. Mit Bauer bekannte bzw. befreundete Personen wie Melitta Wiedemann – von Ronen Steinke wird sie auf Seite 224 seines Buches als „Bauers Münchner Brieffreundin“ bezeichnet – hätten „Bauers Präferenzen offenbar gekannt“. Werner Renz zufolge hat sich besagte Melitta Wiedemann 1973 in einem Brief an Walter Fabian über das Verhältnis Fritz Bauers zu dessen jugendlichem Nachbarn Wolfgang Kaven wie folgt geäußert: „Ich sagte Ihnen schon, dass ich überzeugt bin, dass es keine homosexuelle Beziehung war.“

 

Ungeachtet dessen bedrängte Renz Wolfgang Kaven, doch endlich mit der Wahrheit „über bestimmte Fragen zum Leben Fritz Bauers“ herauszurücken. „Wir, der (!) wir uns als seine Freunde und Nachfahren verstehen, sollten endlich die Tabus brechen und Bauer in seiner Komplexität und möglicherweise auch Zerrissenheit verstehen und darstellen“, schrieb Renz am 8. Juni 2011 an Wolfgang Kaven. „Mich würde es sehr interessieren, wie Ihre Freundschaft zu Fritz Bauer sich gestaltet hat…Als ob es eine Schande wäre, homosexuelle oder homoerotische Beziehungen zu pflegen! Wenn Bauer sich selbst nicht bekennen konnte, weil eben die Verhältnisse so restaurativ und repressiv waren, dann geht es nicht an, dieses erzwungene, möglicherweise seinerzeit lebenswichtige Beschweigen heute, im Jahr 2011, fortzusetzen…Es wäre, sehr geehrter Herr Kaven, von großer Bedeutung, wenn Sie die Offenheit aufbrächten, frank und frei über die damaligen Verhältnisse zu sprechen“.

 

Die Hoffnung von Werner Renz, endlich, endlich einen Beweis für Fritz Bauers vermeintliche Homosexualität in die Hand zu bekommen und damit in die Geschichte einzugehen, hat sich nicht erfüllt. Wolfgang Kaven ließ ihn abfahren. Über den kläglichen Versuch des „Erbsenzählers“ im Dienste des Fritz-Bauer-Instituts, sich in gewohnter Selbstüberschätzung als Nachfahre Fritz Bauers zu stilisieren, lachen inzwischen die Hühner.