An der Nidda haben sie es gut, in der Entenmast so schlecht, informiert uns die Albert Schweitzer Stiftung, Teil 1

 

Eike Holly und Lona Berlin

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir kommen gerade zurück von einer kleinen sonnigen Radtour entlang der Nidda im Norden Frankfurts. Die ist mit ihren leichten Steilhängen ein Paradies – auch eines für Enten! Um so schockierender das Öffnen der Email der Albert Schweitzer Stiftung, die wir sofort weitergeben.

 

Enten sind Tiere mit vielseitigen Fähigkeiten: Auf ihren jährlichen Wanderungen in freier Wildbahn legen die Zugvögel oft mehrere hundert Kilometer zurück, wobei sie Fluggeschwindigkeiten von bis zu 110 km/h erreichen können. Ihr eigentliches Element ist jedoch das Wasser – Enten sind hervorragende Schwimmer. Zudem sind sie soziale Tiere mit vielfältigen Verhaltensweisen.

 

Zur Balzzeit führen die Männchen »Ententänze« auf, um den Weibchen zu imponieren und sich eine feste Partnerin zu sichern. Anders in der Massentierhaltung: Die zur Fleischproduktion gezüchteten Entenrassen haben viele dieser Eigenschaften eingebüßt – im Tausch für eine rapide Gewichtszunahme. Mastenten können aufgrund ihres hohen Gewichtes nicht fliegen und haben die monogame Partnerschaft »verlernt«. Ihre Geselligkeit und die Neigung zum Wasser sind jedoch geblieben. Gibt man den Tieren die Möglichkeit, so verbringen sie den Tag hauptsächlich im Wasser, wo sie zusammen schwimmen, tauchen, sich ausgiebig putzen, Nahrung suchen oder sogar schlafen. Da Enten in der konventionellen Haltung keinen Zugang zu Badewasser haben, können sie diese elementaren Verhaltensweisen nie ausleben.

 

 

Leben in der Entenmast

 

Derzeit leben in Deutschland etwa 2,8 Millionen Enten in Intensivhaltung, wobei es sich bei den für die Entenmast verwendeten Tieren größtenteils um Peking- und Moschusenten (Handelsname: Barbarie-Enten, Flugenten) handelt. Bei Pekingenten ist die sogenannte Bodenhaltung gängig, in der die männlichen und weiblichen Tiere gemeinsam in strukturarmen geschlossenen Stallanlagen mit Fenstern oder in Offenställen (mit natürlicher Luft- und Lichtzufuhr) in Gruppen von bis zu 15.000 Tieren zusammenleben. Moschusenten werden dagegen meist in geschlossenen Ställen ohne Fenster und getrennt nach Geschlecht gehalten, wobei Gruppengrößen von bis zu 4.000 männlichen oder 13.000 weiblichen Tieren anzutreffen sind.

 

Während die Hallen für Pekingenten (wenn sie den Tieren auch sonst kaum Reize bieten) zumindest mit Einstreu ausgestattet sind, müssen Moschusenten oft auch auf dies verzichten und auf harten Rostböden aus Plastik, Holz oder Draht direkt über ihren eigenen Exkrementen leben. Unabhängig von der Zuchtrasse wird der Kostenaufwand der Landwirte in den konventionellen Haltungsformen minimal gehalten. Die Tiere werden als bloße Produktionseinheiten gesehen und behandelt. So wird sowohl Peking- als auch Moschusenten der Zugang zu ihrem eigentlichen Element – dem Wasser – praktisch vollständig verwehrt (mit Ausnahme der Darbietung von Trinkwasser in Tränken, meist in sog. Rundtränken und Nippeltränken), da das Hygienemanagement von Gewässern in der Stallhaltung aufwendig und teuer wäre.

 

Eine Mastperiode dauert bei Pekingenten in der Regel lediglich 6 bis 7 Wochen, bei Moschusenten (je nach Geschlecht) 9 bis 12 Wochen. In dieser Zeitspanne erreichen die Pekingenten beider Geschlechter ein Mastendgewicht von rund 3 kg. Weibliche Moschusenten werden etwa 2,6 kg und männliche Moschusenten etwa 5 kg schwer. Eingesetzt werden für die Entenmast speziell zur Fleischproduktion gezüchtete Rassen, die auf eine hohe Mastleistung und die Ausbildung eines überdimensional hohen Brustfleischanteils hin gezüchtet wurden, was bei den Tieren nicht selten ernsthafte Gesundheitsschäden hervorruft (s. u.). Diese Hochleistungstiere stammen nicht aus Deutschland, sondern werden aus ausländischen Betrieben angeliefert, die sich allein auf die Zucht von Mastgeflügel spezialisiert haben. In der deutschen Pekingentenmast werden hauptsächlich Pekingenten der Zuchtunternehmen Grimaud aus Frankreich und Cherry Valley aus England eingesetzt. In der Moschusentenmast werden ebenfalls häufig Tiere der Firma Grimaud verwendet.

 

 

Enten im Stall

 

Mastenten in konventioneller Haltung leben in ständigem Gedränge ohne Rückzugsmöglichkeiten. Bei Pekingenten sind Besatzdichten von ca. 20 kg Lebendgewicht pro m² gängig, was etwa 6 Enten pro m² entspricht. Somit hat jede Pekingente nur etwas mehr als zwei DIN A4 Seiten Platz. Moschusenten werden bei bis zu 35 kg Lebendgewicht pro m² sogar noch deutlich enger gehalten – da Moschusenten des männlichen Geschlechts kurz vor der Schlachtung etwa doppelt so schwer sind wie die Weibchen, entspricht das etwa 7 Erpeln oder 13 Enten pro m² in der Endmast. Dies bedeutet, dass eine weibliche Moschusente nur etwas mehr als eine A4 Seite Platz bzw. nur halb so viel Fläche wie eine Pekingente zur Verfügung hat. Als Maßnahme gegen Verhaltensstörungen und gegenseitige Verletzungen, die unter anderem als Folge dieser hohen Besatzdichten auftreten, werden Moschusenten regelmäßig die Krallen gekürzt und die Schnabelspitzen amputiert (s. u.).

 

Bei der Entenmast wird dem intensiven Stoffwechsel der Tiere häufig keine Rechnung getragen. Sie verbrauchen viel Sauerstoff und verlieren wiederum viel Wasser über die Atemluft. Ein ausreichender Luftwechsel in den Ställen ist somit wichtig, da es sonst zu einem zu feuchten Stallklima kommt. Die Enten sind einer hohen Luftfeuchtigkeit in der Luft nicht gewappnet, wenn man ihnen nicht Kontakt zu offenem Wasser gewährt. Denn eigentlich produzieren Enten ausreichend Talg zum Einfetten ihres Gefieders in ihrer Bürzeldrüse, damit es wasserabweisend wird und eine isolierende Schutzwirkung hat. Da den Tieren aber aus hygienischen Gründen zu wenig oder kein offenes Wasser zur Verfügung steht, reguliert sich die Talgproduktion der Drüse herunter und die Tiere werden somit anfällig für ein feuchtes Klima.

 

Auch die Entstehung von Schadgasen, zum Beispiel Ammoniak, wird in der feuchten Einstreu begünstigt und beeinträchtigt die Lebensqualität der Tiere. Folglich begünstigt ein ungünstiges Klima Stoffwechselstörungen und eine Schwächung der Tiere und stellt eine zusätzliche vermeidbare Belastung dar. Weiterhin sind Enten gegenüber Überhitzung sehr empfindlich, da sie ihre Körpertemperatur auch mithilfe von ihrem eigentlichen Lebenselement Wasser regulieren.

 

Fotos:

 

Bild Ente © Jan Temmel

Enten im Stall © www.tierschutzbilder.de

Dieses Bild gehört zum nächsten Absatz. Das Bild von der Entenmast ist der Aufmacher des nächsten Artikels

 

Info:

 

Albert-Schweitzer-Stiftung.de