kpm Altes Polizeiprasidium FrankfurtDie öffentliche Hand in den Fangarmen der Immobilienspekulanten, hier in Frankfurt am Main

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auf dem Gelände des alten Polizeipräsidiums in Frankfurt sollen Luxus-Eigentumswohnungen entstehen. Das Land Hessen will das heruntergekommene, einst sehr repräsentative Gebäude, das seit Jahren leer steht und nicht saniert wurde, samt Grundstück an Inverstoren veräußern. Die planen nicht die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum, der dringend benötigt wird, sondern von Luxus-Etablissements. Der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef kapituliert bereits jetzt vor der Front des Geldes, das wie so häufig auch aus dunklen Quellen stammen dürfte.

Dabei könnten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Beispiel des alten Polizeipräsidiums an der Friedrich-Ebert-Anlage ein Exempel in Sachen Sozialbindung des Eigentums und des Baus bezahlbarer Wohnungen statuieren. Denn die Liegenschaft befindet sich im öffentlichen Besitz. Das Haushaltsrecht verpflichtet sie nicht, sich an Spekulationsgeschäften zu beteiligen, die Vorschriften verbieten das sogar ausdrücklich.

Auch das in ähnlichen Fällen regelmäßig vorgebrachte Gegenargument, dass durch solche Veräußerungen viel Geld in die Staatskasse flösse, erweist sich in der Praxis als Fehlschluss. Erinnert sei an den Verkauf von Werkswohnungen der Deutschen Bahn oder anderer Unternehmen, die sich in öffentlichem Eigentum befinden oder befanden. Mit den erzielten Erlösen lässt sich mittlerweile noch nicht einmal der 30 Prozent-Mietwohnungsanteil für öffentlich geförderten Wohnraum finanzieren. Die sozialen Folgekosten für die Versorgung der aus ihren Wohnungen Vertriebenen, dürften längst ein Vielfaches der Einnahmen betragen.

Würden Land und Stadt mit dem für ihre Ziele notwendigen Erlös für das alte Polizeipräsidium an anderer Stelle der (erweiterten) Innenstadt Mietwohnungen für Normalverdiener bauen und ein Signal gegen Gentrifizierung geben wollen, stiege der Quadratmeterpreis für die geplanten Luxus-Etablissements am Platz der Republik von geschätzten 10.000 auf mindestens 50.000 Euro. Den könnten sich nur noch Kreise mit dem gewissen Geschmäckle leisten, die ohnehin in Frankfurts Luxus-Türmen bereits überproportional vertreten sind.

Zudem ist die Schlussfolgerung nicht abwegig, dass ein Staat, der sich zur Verbesserung seiner Einnahmen an Immobilienspekulationen beteiligt (statt die Steuerlast gerecht zu verteilen), konsequenterweise in allen zwar legalen, aber halbseidenen Geschäften mitmischen und sich am Profit bereichern müsste. Beispielsweise am Betrieb von Bordellen oder am Milliardengeschäft mit persönlichen Daten.

All das geht nicht, denn ein Staat ist kein Krämerladen und ebenso keine Spielwiese für Krämerseelen, die davon träumen, Kapitalisten zu werden. Über allem, was er zu tun und zu lassen hat, steht die Bestimmung des Grundgesetzes „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ (Artikel 14, Absatz 2). Dies gilt selbst im schwarz-grün regierten Bundesland Hessen, obwohl man gelegentlich den Eindruck gewinnen kann, dass es unter die Räuber gefallen sein könnte.

Sozialpolitik darf nicht in Absichtserklärungen versanden, sie muss angewendet und durchgesetzt werden. Denn sie ist ihrem Wesen nach die Antwort der Beherrschten auf die Begehrlichkeiten der Herrschenden. Dass ausgerechnet der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef, ein Sozialdemokrat, das nicht verinnerlicht hat, wirkt desillusionierend auf alle, die ihre Hoffnungen auf die SPD setzen – nicht zuletzt angesichts der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt und des angelaufenen Mitgliederentscheids über die Große Koalition.

Falls Mike Josef sich nicht dazu in der Lage sieht, auf einem elementaren Politikfeld für die Wähler seiner Partei einzutreten, sollte er seinen Platz räumen. Mit Ohnmachtserklärungen angesichts der Spekulanten oder Kniefällen, wie sie seinerzeit der grüne Planungsdezernent Olaf Cunitz absolvierte, oder mit der sprichwörtlichen Faust in der Tasche, lassen sich solche gesellschaftlichen Herausforderungen nicht meistern.

Während die politische Konkurrenz bei der Oberbürgermeisterwahl seit Wochen mit Slogans wie „Aus Liebe zu Frankfurt“ wirbt und damit ihre Abhängigkeit von den Interessen der Großwirtschaft und der Steuervermeider schönredet, habe ich SPD-Plakate vermisst, die entlang der realen Probleme aufklären und motivieren. Vorrangig zum Thema bezahlbaren Wohnraum. Denn dieser ist für die Mehrheit der Bürger lebenswichtig und darf deswegen nicht den Immobilienhaien überlassen werden.

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Das alte Polizeipräsidium in Frankfurt
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