Serie: Frankfurter Frühjahrsmesse AMBIENTE vom 15. bis 19. Februar 2013, Teil 7

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie ein Ritt über den Bodensee der Gang zur Halle 4.1, wo in D 21 Porcelaines Philippe Deshoulieres residiert. Ein umfangreicher und auch edler Stand. Die Pressemeute ist geringer geworden, was man auch daran erkennen kann, daß die meisten Bilder in der Presse vom Anfang des Rundgangs sind. Das edle Porzellan schließt Glas mit ein und Catherine Deneuve nimmt die runden Teller – wie für eine Tarte – in die Hand und auch die viereckigen Döschen.

 

 

Der Farbeindruck ist überwiegend weiß und auch weißgelb und weißschwarz. Catherine Deneuve stellt viele Fragen, das kann man verfolgen, sie erklärt aber den Inhabern und Gesprächspartnern auch viel und hält dazu die Objekte in den Händen. Die eigene Phantasie gaukelt einem diese Unterhaltung vor, in der Madame zeigt, daß sie eine richtig gute Französin ist, so man von dieser den vollen Einsatz in der Küche annimmt, aber auch, daß sie selber ein Gourmet ist.

 

Noch immer sind wir in Halle 4.1, inzwischen in E 15 bei Ercuis-Ranaud. Die führen in Paris Silberbesteck seit 1867 und da wir außerhalb der Absperrung sind, kann man über diese merkwürdigen Aufbauten aus Silber mit kleinen Höhlungen nur Vermutungen anstellen: beispielsweise diese, das dorthin Konfekt zum Kaffee komme. Weiterhin sind die Stände dicht belagert vom vorbeiströmenden Publikum – die Messe ist auch sonst sehr voll, wie erst jetzt – und es findet sich alles: „Oh, wenn das meine Mutter wüßte, ich muß sofort ein Bild machen...“, die Franzosen drehen erst recht auf und rufen ihr auf Französisch einiges zu, was sie selten erwidert. Sie hat hier ihre Rolle definiert und spielt sie: sie will auf dieser Weltleitmesse bestimmte Neuerungen in bestimmten Materialien sehen. Daß sie sich nämlich selbst professionell mit Design beschäftigt, wußten wir nicht, genauso wenig kennen wir ihre Brillen, deren Design sie kreiert hat.

 

Als wir schräg hinübergehen zu F 29 Val Saint-Lambert passiert es. Ein Sicherheitsmann, der anders als die vielen anderen, ein grünes Hemd trug, hält mich fest. „Sie kenne ich“, sagt er furchterregend und hält mich noch immer fest. Das ist eine allbekannte Reaktion, daß man bei so harschem Angefahrenwerden erst einmal so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekommt, obwohl ich nur weitergehen wollte. Also blieb ich stehen. Bei der Nachfrage: „Woher kennen Sie mich denn? Bei welchem Anlaß? Wieso, wann?“ erwidert er: „Texten Sie mich nicht voll!“ Mir bleibt schon der Mund offen, aber na ja, wohl ein Streßphänomen des guten Mannes, die Leute sind hier angestrengt, sie müssen im Gewimmel ihre Pflicht tun.Man bleibt trotzdem leicht beleidigt.

 

Endlich Ausruhen im Café Manufaktur, das die Accente Messegesellschaft betreibt und wo auch wir Journalisten hilfreich Wasser und Saft erhalten. Denn bisher ist zwar unsere Rundgängerin an den Ständen mit Sitzplätzen und Wasser versorgt worden, wir aber nicht. Während Catherine Deneuve in der Viertelstunde drei Zigaretten raucht (auf die Empörung von zwei Kollegen, ist doch in geschlossenen Räumen verboten, antworten wir nur: Vip-Faktor Helmut Schmidt) , schauen wir uns die Speisekarte an, die ganz auf den Messegast Frankreich zugeschnitten ist. Französische Zwiebelsuppe für 6, 90 Euro und Salat Nizza mit Essig-Öl-Vinaigrette, Blattsalate mit Tomaten, Thunfisch, Oliven, gekochtem Ei und Bohnen für 13. 90 Euro finden wir angemessen. Bei den Hauptgerichten Coq au vin u.a., die alle um die 17 Euro kosten, müßte man wissen, wie viel auf den Teller kommt. Aber den Weißwein zu 0,10 l für 4, 50 oder den Rotwein für 4,30, das ist viel für wenig. Aber man weiß ja, daß vor allem die kleinen Flaschen Wasser für 2,80-3,00 Euro noch viel teurer im Verhältnis sind. Hier ist das Kostengünstigste ein Bio Eistee, der halbe Liter zu 2,90 und den braucht man in der Hitze und vor allem der extrem trockenen Luft in den Hallen.

 

Danach geht es ins Foyer, wo LA FRANCE, UN ART DE VIVRE ihre Lebensart durch ein Podium mit einer schönen langgeschwungene Chaiselongue krönt, zwei Sesseln und einem zum Kaffeeklatsch gedeckten Tisch, wo die Törtchen so allerliebst aussehen, daß man gleich hineinbeißen möchte. Aber niemand tut das – am Abend wissen wir auch warum. Da steht der gedeckte Tisch noch genauso da, nur abgesperrt. Alles künstlich. Und in diesem Durchgang bekommen die Leute die berühmte Schauspielerin, die auf dem Sofa Platz genommen hat, erst so richtig mit. Volksauflauf. Und einige Idioten darunter. „Wer soll denn das sein?“ -“Ach so, so eine Alte. Ich gehe lieber zu Rammstein.“, ist eine der blödesten Äußerungen, die das Publikum doch eher als kleinstädtisch, denn weltstädtisch zeigen. Aber für dumme Reaktionen von Leuten ist hier niemand verantwortlich und das Geschwätz dringt ja auch nicht zu den Ohren der Großkopferten. Dafür gibt es andere, die laut klatschen oder den Namen Catherine rufen, damit sie schaut und im Bild für zu Hause und zum Angeben festgehalten wird, was heute ja ein Klacks mit dem Handy ist.

 

Mit dem Bus geht es anschließend zur Halle 9. Am Anfang waren es zwei dichtgefüllte Busse, dieser eine ist nur noch halbvoll, aber wir verstehen jeden, der absprang. Mei, ist das anstrengend, immer mitzulaufen und dann so lange nur zu stehen. In 9.0 D 10 stellt die Firma Scholtissek aus, eine deutsche Firma, die diesmal im afrikanischen Stil, also in den Farben Schwarz, Braun und Weiß Holzfiguren und Drahtgestelle, die Tiere darstellen, präsentiert. Ein Dreijähriger überreicht der Französin ein Geschenk, worauf sie mit ihm in die Hocke gehend plaudert. In welcher Sprache?

 

In B 10/B 20 ist dann FINK dran, der stolz darauf ist, zu den schönsten Messeständen zu gehören. Das kann man verstehen. Den Stolz und auch die Auswahl, zu den schönsten zu gehören. Diese Firma ist an der niederländischen Grenze Deutschlands zu Hause. Catherine Deneuve interessiert sich dort für Silber und Glas und läßt sich auch hier – nach so vielen Stunden – noch immer alles ausführlich erklären, während wir erschöpft noch drei Stände mit inzwischen mehr Sicherheitsleuten als Journalisten absolvieren. Das ist in A 10 BAHOMAS aus London, wo die Deneuve mit einer jungen Frau ein besonders angeregten Gespräch führt und wir uns inzwischen mit einem gelben Eau de Toilette, Desire genannt, eindieseln. PARFUMS D'ORSAY schaut auch sehr edel aus und Madame riecht an den Kerzen und der Bodylotion, während sich der Tross schon weiter bewegt zu A 37, der letzten Station unserer Reise.

 

Dort bei Garnier-Thiebaut bietet sich noch einmal die ganze Tischkultur Frankreichs aus. Man sieht der Schauspielerin die Freude an, mit der sie die Tischdecken, die Stoffe, die Kissen und sonstiges in die Hand nimmt. Die 180 Jahre alte Firma aus den Vogesen

ist durch Farbenfreude genauso bekannt wie durch Qualität. Und es gibt auch die berühmten Damasttischdecken für die riesigen langen Tische, die eine Rolle spielen in Filmen wie DAS FEST von Thomas Vinterberg oder DAS GROSSE FRESSEN von Marco Ferreri;wo, das fällt uns gerade ein, ja auch Marcello Mastroianni eine Hauptrolle spielt.

Schluß des gut dreistündigen Rundgangs, nicht Schluß der Veranstaltung.

 

Denn es geht weiter in Halle 4.2., wo ein Partnerabend stattfindet, auf der durch Zsuzsu Breier, Staatssekretärin für Integration und Europa im Hessischen Ministerium der Justiz, eine Festansprache zum 50jährigen Jubiläum des Elysée Vertrages erfolgt und wo diese und vor allem die lauthals gefeierte Catherine Deneuve eine Medaille und eine Urkunde zu dem genannten Anlaß erhalten. Hier verlassen wir die Festgesellschaft. Die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich ist ein stabiles Element, wir dagegen können uns kaum mehr auf den Beinen halten. Stehen, stehen, stehen strengt an.

P.S. Daß Catherine Deneuve auf Johann Lafer traf, dem wirklich sympathischen Oberkoch aus Österreich, der Deutschland  genußvolles Speisen beibringt, haben wir hier im Bild, nicht im Text verewigt.

  

www.ambiente.messefrankfurt.com

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