messe1Jahrespressekonferenz der Frankfurter Messe, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eigentlich haben die folgenden Überlegungen überhaupt nichts mit dem Ereignis des Jahrespressekonferenz zu tun. Aber erstens ist für mich das Messegeschehen immer schon unter kulturgeschichtlichen Fragestellungen interessant, immerhin wurde die Frankfurter Messe 1150 zum ersten Mal erwähnt, schriftlich mit Siegel als Frankfurter Herbstmesse am 11. Juli 1240 durch Kaiser Friedrich II. Sie ist also eine der ältesten Institutionen, vielleicht mit der Kirche die älteste Institution der Stadt,

und zweitens war gerade ein Moment Zeit vor dem Beginn, denn es waren alle einen Takt früher gekommen und die Gekommenen zeigten ihr die Freude, daß es wieder normal scheint, einander sehen, miteinander sprechen zu können. Richtig herzlich war das von allen Seiten, auch von denen der Messeleitung.

Was ich oben mit Kulturgeschichte und Messe meine, kann ich am besten mit meinen sieben Artikeln,erklären die ich einst über Bettwäsche schrieb, angesichts einer Heimtextil, mit der normalerweise in Frankfurt das Messejahr eingeläutet wird, eine Weltleitmesse, weil sie weltweit die meisten Aussteller aus den unterschiedlichen Erdteilen vereint und stilbildend für die Branche ist. Das war noch unter der Ägide von Michael Peters, der 2010 nach Jahrzehnten in Pension ging und den der gegenwärtige Messemanager Detlef Braun ersetzte. Michael Peters war kunst- und kulturgeschichtlich interessiert – die von ihm favorisierte Kunstmesse konnte sich nicht halten und kam der Messe Frankfurt teuer zu stehen, leider – und wir unterhielten uns oft über den Wandel der Mode, wobei Mode nicht auf die Kleidungsstücke gemünzt war, sondern den Wandel von Geschmack ausdrückte, beispielsweise was man unter einem schönen Wohnzimmer versteht, einem eleganten oder einem gemütlichen und wie alle drei Attribute zu vereinigen seien und warum eigentlich mit dem Jugendstil um die Jahrhundertwende 1900 die letzte Anstrengung zu verzeichnen ist, das äußere Leben: Häuser, Einrichtungen, Kleidung, Bilder, Skulpturen, Bücher unter einem Stil zu vereinen, was wenig später weder das Bauhaus, noch die Neue Sachlichkeit schaffte. Und später sowieso noch nicht einmal ein neuer Stil, den man als solchen kennzeichnen könnte, kreiert wurde.

Und in diesem Zusammenhang kamen wir damals auf Bettwäsche, die ein Indiz dafür ist, wie sich in Jahrhunderten der Geschmack wandelt, aber auch, wie schnell in Jahrzehnten, den Zwanzigern, Dreißigern....bis heute, aus dem Muster und dem Material der Bettwäsche auf den Zeitpunkt ihrer Produktion geschlossen werden kann – wobei das für damals galt, vielleicht vor 15-20 Jahren, während heute auch Bettwäsche dem großen Retro-Look unterliegt, Blumen, Vögel oder eben kariert modern oder klassisch: das wäre totales Weiß.

Aber zur Kulturgeschichte der Messe gehört ja erst einmal ihr Begriff. Ach, wie haben es Ausländer schwer mit der deutschen Sprache! Wie sollen sie die so unterschiedliche Verwendung des Begriffs MESSE verstehen lernen, was unsereins einfach dem Kontext entnimmt, in dem das Wort vorkommt.

Wenn einer sagt, er geht sonntags in die Messe, wissen wir, daß es wahrscheinlich ein Katholischer ist, der am Sonntag in die Kirche geht,vielleicht die Eucharistie feiert, ein Evangelischer hätte wohl eher gesagt, er geht in den Gottesdienst.

Wenn eine sagt, sie hat gerade im Konzertsaal die h-Moll-Messe gehört, dann wissen wir, daß sie von der Musikkomposition des Johann Sebastian Bach spricht, der – wie andere auch – Texte einer Messe vertont hat.

In meiner Kindheit war der Höhepunkt des Lebens die Kirmes. Auch die kommt von dem Begriff Messe her und war oft die weltliche Feier nach dem Jahrestag eines Heiligen. Die relativ kleine Kirmes mit Buden und mindestens einem Kettenkarrussel ist verschwunden, geblieben sind Jahrmärkte und Volksfeste, was nicht dasselbe ist, aber immerhin noch Kindern etwas bietet.

Und in diesen Kontext gehören auch die Messen, die wir heute Messen nennen, die einen wirtschaftlichen Hintergrund haben. Auf den Messen werden Neuheiten gezeigt, oder selten: wie bei Antiquitätsmessen besonders alte Stücke. Diese Waren sollen auf das Interesse, den Geschmack derer treffen, die selber als Verkäufer dann diese Gegenstände unters Volk bringen wollen, also verkaufen wollen. Das sind heute die Aussteller, die ihre Waren präsentieren und die Fachbesucher, die sie möglichst zahlreich ordern sollen.

Alles diese Wörter, die den Begriff der Messe im Wort tragen, sind abgeleitet vom Lateinischen, dem Spätlateinischen missa (was von mittere kommen soll, dem Wegschicken derer, die in der Messe die Eucharistie nicht mitfeiern), was auch im Althochdeutschen missa hieß und mit der Lautverschiebung zum Mittelhochdeutschen zur messe wurde. Diese Lautverschiebungen sind eine Sache für sich, hochinteressant übrigens und die Scheide zwischen dem Englischen und dem Deutschen, was mein althochdeutscher Nachname beweist. Jetzt geht es nur um den zweiten Teil „rich“. Das heißt später im Mittelhochdeutschen ‚reich‘, aber im Englischen weiterhin ‚rich‘.

Wir sind noch nicht zu Ende. Denn jetzt kommt eine Besonderheit, die in unserem Sprachgebrauch gerade untergeht, aber früher vor allem in den Romanen über die Seefahrt regelmäßig vorkam: die Offiziersmesse. Das ist der Speiseraum der Schiffsoffiziere, manchmal auch ihr Wohnraum. Dieser Begriff kommt nicht von missa, sondern vom englischen ‚mess‘ – ja, ja, natürlich kommt der auch aus dem Lateinischen, aber auf einem anderen Weg. Das Bisherige konnte ich selbst erklären, hier brauche ich Hilfe. Es heißt, das englische ‚mess‘ bedeute „Gericht, Mahlzeit“ und gehe auf das Französische ‚mets‘ mit der gleichen Bedeutung zurück.

Das also die Reflektionen, bevor nun die Jahrespressekonferenz der Frankfurter Messe mit den drei verantwortlichen Geschäftsführern und dem Pressesprecher beginnt.

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