Bau des Deutschen Pavillons auf der EXPO 2015 in Mailand

 

Eric Fischling und Anja Prechel

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Drei Jahre Planung und Vorbereitung, sechs Monate Ausstellung, 48 Millionen Euro Investitionen, 600 Beschäftigte – alle Fäden für den Bau des Deutschen Pavillons auf der Weltausstellung Milano 2015 laufen auf dem Frankfurter Messegelände zusammen. Schon mehrfach hat Weltexpresso darüber berichtet, weil wir es sensationell finden, wo die Messe Frankfurt überall mitmischt.

 

Im kommenden Jahr, wenn die norditalienische Metropole Mailand zur Weltausstellung EXPO einlädt, ist es nämlich die Messe Frankfurt, die den Besuchern zeigt, wie Deutschland tickt, was es zu bieten und vor allem, welche Antworten es auf Fragen zu den Themen Nachhaltigkeit und Welternährung hat. „Feeding the Planet, Energy for Life“ ist das Thema der EXPO Milano 2015 vom 1. Mai bis 31. Oktober.

 

 

Feld der Ideen

 

Rund 20 Millionen Besucher erwarten die Organisatoren, allein drei Millionen im Deutschen Pavillon. „Fields of Ideas“ ist der Titel des Baus, der die deutsche Feld- und Flurlandschaft in Architektur übersetzt – sanft ansteigende Ebenen, stilisierte Pflanzen, Dächer, die schwebenden Blättern nachempfunden sind. Gebaut wird er von der Messe Frankfurt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Messe fungiert dabei als Generalunternehmer. „Wir sind verantwortlich für die gesamten Prozesse der Planung, Organisation und des Betriebs in allen Phasen – also Bau, Betrieb und Rückbau. Dazu gehören Projektmanagement und -controlling, finanztechnische Abwicklung, Medienarbeit, protokollarische Aufgaben, Administration und Personalmanagement sowie der Betrieb des Deutschen Pavillons über die Laufzeit von sechs Monaten“, sagt Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt.

 

 

48 Millionen-Euro-Projekt

 

Architektur, Raumkonzept und Generalplanung stammen von der Firma Schmidhuber aus München, Nüssli aus Roth ist für Projektmanagement und Bauleistung verantwortlich, Milla & Partner aus Stuttgart haben inhaltliches Konzept, Ausstellung und Medien erarbeitet. Firmenübergreifend sind rund 600 Mitarbeiter in das Projekt Pavillonbau involviert. Alle Fäden laufen in Frankfurt zusammen. Die verschiedenen Aufgabenbereiche werden hier in den jeweiligen Abteilungen der Messe bearbeitet. Ein kleines EXPO 2015-Team koordiniert vom Messegelände aus alles von der Kommunikation mit Bund und Ländern in Deutschland und Italien über den Auftritt in der Partnerstadt bis hin zur Onlinepräsenz. Alltagsarbeit nennt Wolfgang Marzin das 48 Millionen-Euro-Projekt: „Es gelingt mittels eines intensiven Austauschs über alle Kommunikationskanäle. Denn Kommunikation gehört zur Kernkompetenz aller beteiligten Instanzen.“

 

 

Große Herausforderung

 

Die größte Herausforderung sei, in der Umsetzung der Konzepte keine Fehler zu machen, und genau zu schauen, wo die Besucherströme im Pavillon noch besser betreut werden können – vom VIP bis zur italienischen Schulklasse. Dazu hat die Messe Frankfurt einen neuen Ansatz gefunden: „Erstmals wird es zwei unterschiedliche Wege geben, den Pavillon zu erleben: Zum einen den, der den Besuchern unabhängig vom Ausstellungsbesuch offen steht und zum Flanieren einlädt. Zum anderen gibt es den geleiteten Weg, der durch die Ausstellung im Inneren des Pavillons vorbei an den Inhalten und Inszenierungen verläuft zur großen Show des Deutschland Pavillons führt“, erklärt Marzin.

 

 

Überraschende Seite

 

Auf insgesamt 1.500 Quadratmetern wird sich Deutschland bei der Weltausstellung als Land präsentieren, das sich den großen Fragen der Welternährung stellt, in dem Nachhaltigkeit und bewusster Umgang mit der Natur großgeschrieben werden. „Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu den exportstarken und international aktiven Wirtschaftsnationen“, sagt Dietmar Schmitz, Generalkommissar des Deutschen Pavillons und Leiter des Referats Messepolitik und EXPO-Beteiligungen im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. „Gleichzeitig zeigt Deutschland auch eine für manche Besucher neue und überraschende Seite: einladend, weltoffen, kreativ und humorvoll. Die vielen Möglichkeiten zum Mitmachen, die der Deutsche Pavillon bietet, machen den Besuch dabei zu einem ganzheitlichen Erlebnis.“ Der Deutsche Pavillon bedient sich keiner Repräsentationsarchitektur, sondern besteht aus Holz, Stahl und Membrandächern. Dietmar Schmitz: „Die besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf ressourcenschonende Lösungen bei der Bauweise und einfachen Systemlösungen.“ Nach der EXPO 2015 werden die „Fields of Ideas“ abgebaut.

 

 

Ressourcenschonende Lösung

 

Im Innern von „Fields of Ideas“ bewegen sich die Besucher hin und her zwischen Boden, Wasser, Klima, Artenvielfalt, lernen ihre Bedeutung für den Artenschutz und die Ernährung kennen. Die Exponate zeigen, wie man Böden schützt, wie sich der Klimawandel auswirkt und wie Klimaschutz funktioniert, wie wichtig Artenvielfalt für den Erhalt unserer Nahrung ist, welche Lebensmittel in Deutschland hergestellt werden und welche Bedeutung sie für die Welt haben. Ein Stadtgarten greift das Trendthema Urban Gardening auf. Gärten in den Städten sind wieder gefragt, dienen sowohl der Selbstversorgung als auch dem Gemeinschaftsgefühl. Eine große Tafel lüftet für die Besucher Deckel deutscher Kochtöpfe, macht auf den Stellenwert gesunder Ernährung aufmerksam.

 

 

Exzellente Visitenkarte

 

Von der ersten Idee für den Inhalt des Pavillons bis zur Eröffnung am 1. Mai 2015 brauchte und braucht es insgesamt drei Jahre. Die Ausschreibung für die Realisierung des Deutschen Pavillons erfolgte nach der deutschen Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen, das Bundeswirtschaftsministerium suchte das beste Gesamtpaket – von der Konzepterstellung über die Planung und Realisierung des temporären Pavillons inklusive Ausstellungsinhalte, Innen- und Außengestaltung, Ausstattung, technischer Betrieb, Rückbau, Entsorgung und sämtlicher Transportleistungen. „Das Angebot der Messe Frankfurt für Organisation und Betrieb hat im Vergleich zu den anderen Bietern als Gesamtpaket am besten den Anforderungen entsprochen“, sagt Dietmar Schmitz. Das Vergabeverfahren war vertraulich, daher kann er keine Mitbewerber nennen. Wolfgang Marzin nennt den Auftrag eine exzellente Visitenkarte: „Eine erfolgreiche Organisation, Durchführung und Nachbereitung durch die Messe Frankfurt wirkt sich auf das positive Image des Unternehmens national und international aus.“

 

 

Zeitgemäßes Format

 

Große EXPOs, also universale Weltausstellungen, werden alle fünf Jahre veranstaltet – in Deutschland zeigte sich die Welt 2000 in Hannover, die letzte große EXPO fand 2010 in Shanghai statt. In ihren Anfängen war die Weltausstellung – die erste wurde auf Anregung Prinz Alberts 1851 im Londoner Hyde Park abgehalten – eine industrielle und kunsthandwerkliche Leistungsschau. Im Jahr 1883 wurde beispielsweise in Amsterdam der Vorläufer des Lippenstifts gezeigt, 1893 in Chicago der Reißverschluss als Weltneuheit präsentiert, Mies van der Rohes Sessel für den Pavillon der EXPO 1929 in Barcelona sind heute Designklassiker. Heute geht es um globale Herausforderungen und zukunftsorientierte Lösungen. Dietmar Schmitz hält das Format trotz weltweiter digitaler Vernetzung für zeitgemäß. „Weltausstellungen bieten ganz konkrete, haptische Eindrücke. So ist es der direkte Kontakt mit Menschen und der unmittelbare Eindruck der Exponate, die nur entstehen können, wenn es einen gemeinsamen Raum und damit eine gemeinsame Realität gibt. Weltausstellungen sind immer dann zeitgemäß, wenn sie wissenschaftliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Strömungen abbilden und erlebbar machen."

 

 

P:S. Derzeit läuft im WienMuseum, das ist das bisherige Historische Museum der Stadt Wien, eine aufschlußreiche Ausstellung zur Weltausstellung EXPERIMENT METROPOLE – 1873, in der deutlich wird, daß erst die Anforderungen einer Weltausstellung in Wien zu städtebaulichen Umbaumaßnahmen führten, die heute noch segensreich für die österreichische Metropole sind.

 

 

Bisherige Artikel dazu:

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/messe-a-maerkte/1735-das-architektonische-konzept-fuer-die-welternaehrung

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/heimspiel/2065-oberbuergermeister-feldmann-hat-messe-frankfurt-italia-besucht