Zinsmanipulation in der Deutschen Bank

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eins ist klar. Eine Großbank ist eine gemeingefährliche Klitsche, denn sie weiß nicht, was in ihrem Hause vorgeht oder tut zumindest so; das Gericht, das über ein Fehlverhalten urteilen und dieses ahnden sollte, hält sich irgendwie fern der Realität; aber das hat Gründe, die in der Kultur der Gerichtsbarkeit liegen:

 

Fehlen der kritischen landeseigenen Tradition dem Bankengeschäft wie auch den trickreichen Geschäften der Finanzwelt des überreichlichen Geldes, sprich Spekulation gegenüber, zum einen; das Phänomen einer unbegreiflichen Art von Unkenntnis der Wirklichkeit und der Lebensferne des gerichtlichen Standes zum anderen, der alles, aber auch alles und sei es noch so ungeheuerlich und überdimensioniert, in die formaljuristische Jacke zwängen will, dadurch Geist und Sinn der Zugehörigkeit des Umgangs mit Geld zu einer Gesellschaft verfehlt ( vor allem auch in Anbetracht des Finanzverbrechens im Umkreis der US-amerikanischen Schrottimmobilien-Verbriefungen des Jahres 2008. („Das Kapitalverbrechen“, Der Spiegel 17.11.2008; „Die Zocker AG“ - gemeint: Deutsche Bank - Der Spiegel 30.1.2012).

 

Kontinentale Einschränkung: Die US-amerikanische Gerichtsbarkeit wie auch die dortige Politik ist im Verfolgen von Finanzbetrug ungleich fitter als deutsche Gerichte oder Politik. Beispiel: Verkauf von 600 Millionen Timberwolf-Anleihen; sie wurden auch noch kurz vor dem Zusammenbruch als das, was von ihnen übrig geblieben war, nämlich fast nichts, als Finance-“Scrab“ (Wortlaut einer bankinternen E-mail) vertickt. Tip: der weltweit durch die Sender und filmischen Beiträge gegangene Mitschnitt jener eindringlichen, schneidenden Befragung des Vorstands und der Händlerabteilung von Goldman Sachs durch den US-amerikanischen Senat (zu sehen u.a. in: „Tanz der Geier“, Arte 19.11.2013).

 

US-amerikanische, aber auch europäische Banken erfuhren bis in die unmittelbare Gegenwart gigantische Strafzahlungen - in den USA!

 

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Strafzahlungen: 100 Milliarden und mehr

 

börse.ARD.de 21.5.2014

Rekordstrafen für Banken [US und EU]

Bundesbank wegen US-Strafen gegen Europas Banken besorgt

http://boerse.ard.de/anlagestrategie/branchen/100-milliarden-und-mehr100.html

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Ansatzweise zu erfahren war das bizarre Innere des Bankhauses Deutsche Bank auch schon im Zusammenhang mit dem Steuerbetrug im Emissionshandel durch Zuhilfenahme des Umsatzsteuerkarussells (Spiegel-Online, Wirtschaft 12.12.2011) sowie beim steuer-betrügerisch relevanten Dividendenstripping (Wirtschaftswoche 8.7.2013).

 

 

 

 

Die Geschichte

 

Kurz: Die Zinsmanipulationen an Libor bzw. Euribor (Referenz-Zins) hatten den Rauswurf von 4 Händlern der Deutschen Bank zur Folge. Großbanken verstanden sich im Manipulieren der Zinssätze, die beim gegenseitigen Geld-Verleihen zur Anwendung kommen. Vom Referenzzins hängen Vorgänge über hunderte Billionen Euro ab.

 

Am vergangenen Freitag 18.7.2014 verhandelte das LAA in zweiter Instanz über das Kündigungsverfahren in Bezug auf die vier Händler seitens der Deutschen Bank. Es läuft nun auf einen Vergleich hinaus, verbunden mit Abfindungen. Grund: es besteht Unklarheit darüber, ob die Händler eigenmächtig aktiv waren oder ob sie dem System Deutsche Bank entsprechend vorgegangen sind, also nur Ausführende waren.

 

Am 18.7.2014 schreibt Martin Frühauf in der FAZ: „Vor Gericht ist zu klären, ob es sich bei den entlassenen Zinshändlern um gerissene Manipulateure oder um Bauernopfer handelt.“

 

Die Bank hat die Händler wieder einstellen müssen, hat sie aber auf andere Positionen gesetzt. Die Rückkehr in die alte Position wird jetzt von den Händlern juristisch angemahnt. Dem folgte auch das Gericht. Dies steht jedoch im Gegensatz zur Position der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), die das ausschließt. Gerichte widersprechen sich.

 

 

Bei Gericht

 

Freitag Morgen 8.30 Uhr. Gebäudeeingang, wo? Unklar, wie so oft - Architekturproblem. Elektronische Einlaßkontrolle. Rauf in Saal B, 114 gehechtet, zur Verhandlung „Referenzzinsen Berufung“. Saal gerammelt voll. Vorne am Tisch Richterin, parlierend; spricht in tief geschichtete Menschenreihe in einem Ton, als ob ihre Ausführungen nur an den Tisch vor und neben ihr - mit Flanken beiderseits- sich richteten. Saal langer Schlauch; 16 Meter. Ab dem zweiten Drittel kaum mehr etwas zu verstehen. Bankvolk ganz überwiegend als die Anwesenden. Zwischen Solidarität, Korpsgeist und Ehrfurcht vor dem Gericht seelisch schwankend. Auch im Wissen oder Ahnen, von Fall zu Fall selbst vielleicht betroffen sein zu können.

 

Groteske Szene, bedenkt man die Schädigung der Gesellschaft, als Auswirkung der Manipulationen. Nicht nur, was diesen einen Fall unter vielen betrifft. Wer weiß schon genügend, auf welchen Wegen die Gesellschaftsmitglieder durch all die Verfehlungen von Banken und Handelshäusern, auch Hedgefonds und Kapitalsammelstellen über Jahre hinweg nicht selbst zu Geschädigten, im Einzelfall auch unmittelbar Leidenden geworden sind. Denn der gesellschaftliche Schaden – unter anderem sich in klammen Staatshaushalten und Armuts-Chroniken offenbarend - betrifft auch die geminderten oder verhinderten Lebenschancen, die Lebensbeschädigungen, ja Zerstörungen, seit Jahrzehnten (Altersvorsorge des ehrlich arbeitenden bundesrepublikanischen Arbeiters auf dem Finanzmüll gelandet (Lehman-Pleite); Leben im US-Zelt-Provisorium oder im Abwasser-Schacht, nachdem das Haus an die Bank gefallen ist, auch an die Deutsche/USA).

 

Aber Richterin parliert über die Köpfe hinweg, gleichsam wie unbeteiligt, spielerisch gleichgültig, als ob's nur um ein reizvolles Spiel mit der juristischen Kunstfertigkeit und Spitzfindigkeit ginge: 'schnell hak' ich diesen Tag ab, dann hab ich wieder meine Ruhe`, so steht's in die heiße Luft geschrieben.

 

Ich richte an den neben mir sitzenden Banker bzw. Finanzmarktfreund spontan die Frage: wird auch über den gesellschaftlichen Schaden verhandelt? Antwort: das sei nur eine Behauptung, dass eine Gesellschaft geschädigt worden sei. Anschluss-Frage: hat die Gesellschaft eigentlich noch was mit zu reden? Antwort: Sie können wählen gehen. Das reicht!

 

Gut pariert! Schauen wir, wie etwas geahndet wird oder auf lange Sicht im Sande verläuft. Bestimmt wird es ein Großverfahren gegen die weitgehend nicht juristisch verfolgte, vom Geldcasino getriebene Bankwelt in diesem Land dereinst noch geben. Inwieweit steht der Europäische und Internationale Strafgerichtshof, das Weltgericht bereit, wenn fundamentale humanitäre Grundlagen des zivilen Zusammenlebens über Landesgrenzen und Kontinente hinweg betroffen sind? Die vom Geldcasino getriebene Bank- und Hedgefond-Welt, ist sie denn nicht gleich Krieg?

 

Sofern die Parteien sich nicht zu einigen wissen mit Vergleich und Abfindung, wird am 19.9.2014 erneut verhandelt. Die Richterin bleibt bei ihrer lockeren, parlierenden Aussprache, die nicht erst weiter hinten niemand akustisch versteht.

 

 

http://boerse.ard.de/anlagestrategie/branchen/100-milliarden-und-mehr100.html