Denn sie wissen immer noch nicht, was sie tun..., Teil 3 („SCHÄUBLES IMMOBILIEN-DEAL“, Report Mainz 5.3.2013)

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ein empörendes Glanzstück im Verschleudern von Gemeineigentum war Finanzminister Schäubles Verkauf von 11 000 Wohnungen aus bundeseigenem Bestand an die TAG, eines der Heuschreckenartigen: ein profitgetriebenes, börsennotiertes Immobilien-Unternehmen.

 

 

Vorstandsvorsitzender Rolf Elgeti: „Wir leben in einem Schlaraffenland und Wohnungen sind viel zu billig.“

 

Vom Bundesfinanzministerium wird bei Anfragen abgewiegelt, denn es gibt eine „Sozialcharta“. Die wird vom BMF aber auf Anfrage nicht herausgegeben. Report Mainz erhielt sie dennoch. Lukas Siebenkotten, Direktor beim Deutschen Mieterbund: „Die Sozialcharta ist das Papier, auf dem sie steht, nicht wert...“. Begründung: dass „nämlich die schriftliche Vereinbarung zwischen den Mietparteien nicht vorliegt.“

 

Ähnliches begegnet uns mit der „Patrizia“ in Bayern. Dort ist die Mietpreisbegrenzung Zankapfel. Vorgeschichte: um die Verluste im Zusammenhang mit der Bayern-LB und der Hypo Alpe Adria auszugleichen wurden in Bayern 32 000 Wohnungen des Freistaat-Bestandes unter Beihilfe von Finanzminister Markus Markus Söder für 2 Mrd. an das Konsortium Patrizia verkauft.

Der Fall ist gut zu verfolgen unter:http://mediathek.daserste.de/tv/Morgenmagazin/moma-Reporter-Verraten-und-verkauft-an-/Das-Erste/Video?documentId=18219548&topRessort=tv&bcastId=435054

 

Aufgezeigt wird im Fall TAG nun, wie, wenige Wochen nach Verkauf der Immobilien, ein Nachmieter einen Mietaufschlag von 22% erhält. Der Konzern bestätigt: „ein Konzern versuche immer, die höchstmögliche Miete herauszuholen, die zu erzielen sei.“

Der Beitrag zur TAG zeigt, durch Filmaufnahmen des Redaktionsteams belegt, Fälle von maroden Zuständen an anderen Objekten der TAG, z.B. in Bremerhaven: Marode Fassaden, Feuchtigkeit, Schimmel. Es herrscht Angst um die Gesundheit von Kindern. Sie bekommen „schweren Husten“. Anderer Fall: Freiburg. Ähnliche Verhältnisse. Herab fallende Fassadenteile, Gitter sollen schützen. Kaputte Türen, nur notdürftig geflickt, Wasser dringt ein, Wohnungen schimmeln.

Die TAG scheint vor allem nur an der Miete interessiert. Die Mieter-Interessen stehen hinten an. Auch 2 Jahre nach Ankauf wird zu wenig repariert. Es wird vernachlässigt.

Diese Verhältnisse sprechen einer Sozialcharta Hohn.

 

Schäuble gibt kein Interview, auch sein Staatssekretär Kampeter nicht. Der hatte den Deal im Bundestag schön geredet.

 

Schäuble denkt ganz offensichtlich, er habe für jede Seite ein für alle Interessen allseits gutes Werk verrichtet. Wie naiv. Und das von einem Konservativen kommend, der seine Pappenheimer – aus der Finanzszene und ähnlichen Feldern - doch längst kennen sollte. Sie haben ihn, aber auch die gesamte Politik, nach 2003, dem Jahr der Liberalisierung, hintergangen. Ihm, dem großen Finanzpolitiker will nicht aufgehen, dass die mit den 11000 Wohnungen mitverkauften Mieter – auch alle späteren dann - diejenigen sein werden, die den Kauf, wie es so schön-furchtbar heißt, „refinanzieren“ müssen, und zwar immer wieder, nach jedem weiteren Deal – Neu-Weiterverkauf -, wie in diesen Kreisen üblich.

 

TAG ist eine Geldeintreib-Maschine, keine Einrichtung, die dem Gedeihen von Mietern und Kindern günstig ist - wie es richtig wäre. Ein Beschwerdeschreiben von mir an Herrn Schäuble liegt vor. Ihm wird u.a. die These präsentiert, dass er leichtfertig und gedankenlos Eigentum, das der menschlichen Gemeinschaft gehört, vertickt habe. Wer möchte, mag den Briefwechsel einsehen.

 

Fördern und Begünstigen, das die Menschheit heute zum bloßen Überleben braucht, das ist es, das wir reklamieren. Alles, was von arbeitenden Menschen geschaffen wird, gehört diesen und nicht Managern, formellen Eignern oder gar Finanz-Heuschrecken, deren Kennzeichen es ist, sich an jedes Geschäft, auf Kosten Abhängiger, prostituieren zu können.

 

Im Antwortschreiben heißt es am Schluss: „Insgesamt bestehen auch erhebliche Zweifel, ob der Staat in großem Stil Wohnungen vorhalten oder diese Aufgabe nicht effizienter durch private Wohnungsgesellschaften wahrgenommen sollte“. Toll, das Wort „effizient“. Es ist so leicht gesagt. Es ist der Begriffsfetisch einer Menschen verachtenden Sprache geworden. Das Wort „werden“ fehlt übrigens tatsächlich im Antwortschreiben.

Schäuble dürfte auch nicht klar sein, dass, wenn er Wohnungen aus Gemein-Eigentum verzockt, er die Spekulation des Finanzmarktsystems jener Heuschrecken-Artigen (wir drücken uns gewählt aus, denn wir wollen keine absoluten Wahrheiten verkünden) auf ein weiteres befeuert, das die real wirtschaftende Gesellschaft längst im Griff hat und die Demokratie aushöhlt. Fortsetzung folgt.

 

 

Fußnoten:

(1) „Zocken bis der Staat hilft. Reißt uns die Finanzindustrie in den Abgrund?“ ARD,14.9.10

(2) „Die Macht der Finanzlobby“, Kontraste ARD, 26.8.2010

(3) „Banken außer Kontrolle – wie die Politik uns in die Krise führte-, hr_Ferns. 15.7.2013

(4) „Banken zocken weiter“, frontal21, 8.4.2014

 

 

Tip: Philipp Löpfe, Werner Vontobel, Wirtschaft boomt, Gesellschaft kaputt, Eine Abrechnung, Zürich, orell füssli Verlag, 2014

ISBN 978-3-280-05534-2