Neujahrsempfang der AmCham in Frankfurt am Main

 

Notker Blechner

 

Frankfurt (Weltexpresso) - Kaum ein Thema erhitzt derzeit so die Gemüter wie das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP). Während die einen eine Aufweichung der Sozial- und Umweltstandards befürchten, beschwören die anderen die wirtschaftlichen Vorteile.

 

Vor allem die deutsch-amerikanische Handelskammer kämpft für das TTIP. Das zeigte sich auf dem Neujahrsempfang in Frankfurt.

 

"Wir haben keine Zeit zu verlieren", rief AmCham-Germany-Präsident Bernard Mattes im Frankfurter Hof den 300 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Medien ins Gewissen. Sonst würden bald andere Staaten wie China die Regeln im Welthandel vorgeben.

 

"Schätzungen zufolge werden 90 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums in den nächsten fünf Jahren außerhalb Europas generiert", meinte Mattes. Damit sei die Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen mit den USA für die Exportnation Deutschland von enormer Bedeutung.

 

 

Mattes: Mittelstand profitiert

 

Der Auto-Manager Mattes (Deutschland-Chef von Ford) sieht vor allem Mittelständler als unmittelbare Profiteure des Freihandelsabkommens. Durch den Abbau von Zöllen und die Angleichung von Standards hätten sie die Chance, neue Marktanteile zu erschließen.

 

Mattes begrüßte Initiativen wie jüngst die der deutschen Autobosse, die sich in Berlin für einen raschen Abschluss des europäisch-amerikanischen Abkommens stark gemacht hatten. Der Verband der Autoindustrie (VDA) und mehrere Konzernchefs hatten TTIP als kostenloses Konjunkturprogramm bezeichnet, das millionenschwere Kosteneinsparungen brächte.

 

 

Puttrich: Riesenchance für deutsche Firmen

 

Auch Lucia Puttrich, hessische Staatsministerin für Bundes- und Europa-Angelegenheiten, rührte beim Neujahrsempfang der AmCham die Werbetrommel für das TTIP. Sie lobte das Abkommen als Riesenchance für deutsche Unternehmen, da einheitliche Regulierungen und Standards Wachstum und Jobs zur Folge hätten. Besonders die Maschinenbauer, die Autohersteller und deren Zulieferer sowie die Medizintechnik-Branche würde von dem transatlantischen Abkommen profitieren.

 

Die Debatte um das drohende Chlorhühnchen, das nach Deutschland komme, hält Puttrich für irreführend. Das Haltbarmachen von Hühnerfleisch mit Chlor würde in Europa verboten bleiben, versichert sie. Und regionale Produkte wie der Schwarzwälder Schinken oder der hessische Äppelwoi würde es weiterhin geben. Bei gentechnisch veränderten Organismen werde sich die CDU-Politikerin und Ex-Umweltministerin für die Kennzeichnungspflicht einsetzen, versprach sie.

 

Puttrich räumte ein, dass die Diskussion um TTIP bisher wenig transparent gewesen sei. In dieser Hinsicht sei noch viel aufzuarbeiten.

 

 

Werden die europäischen Sozial- und Umweltstandards aufgeweicht?

 

Umwelt- und Verbraucherschützer sowie Nichtregierungs-Organisationen kritisieren das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Sie befürchten den Wegfall europäischer Standards und die Einführung von Hormonfleisch oder geklonten Produkten nach Europa. Betriebsräte und Gewerkschaften sehen die Aushöhlung der Arbeitnehmer- und Mitbestimmungsrechte als Gefahr .

 

Risiken von TTIP wurden sowohl von Puttrich als auch von AmCham-Chef Mattes weitgehend ausgeklammert. Eine Debatte über Vor- und Nachteile des Abkommens fand nach den Reden nur vereinzelt an den Stehtischen im Frankfurter Hof statt. Geredet wurde aber lieber über anderes als über TTIP.

 

Schließlich ist die deutsch-.amerikanische Handelskammer ein riesiges Kontakt-Netzwerk. Über 1.000 US-Firmen haben ihre Niederlassungen in der Rhein-Main-Region. Rund 20.000 Bürger mit amerikanischem Pass leben hier.

 

INFO:

 

AmCham

www.amcham.de