Gertrud Traud warnt im hessenschau.de-Gespräch vor Londoner Börsensitz

Gerhard Wiedemann
 
Eschborn (Weltexpresso) - Sicher wird das Thema außerhalb Frankfurts und Hessens nicht so stark diskutiert, wie an dem Ort, der für Deutschland mit Recht einen Bedeutungsverlust als internationaler Börsenstandort erwartet: London starker Hauptsitz, Frankfurt schrumpfender Juniorpartner: Die Helaba-Chefvolkswirtin Getrud Traud warnt im Gespräch mit hessenschau.de vor den Folgen.

 Dabei geht es um die geplante Fusion der Londoner mit der Deutschen Börse, die der finanziellen Anreize wegen vor einigen Jahren von Frankfurt ins billige Umland Eschborn umzog. London ist da aber ein teureres Pflaster, könnte man süffisant hinzufügen, wenn es nicht so wichtig wäre. Gertrud Traud: „Unter der Annahme, dass die Börsenfusion kommt und der Hauptsitz nach London geht, würde Frankfurt verlieren“, so Traud. Das habe man bereits am Beispiel Paris beobachtet: „Paris hatte in den letzten zehn Jahren eine Fusion mit der New York Stock Exchange. Es hat massiv an Einfluss verloren; mittlerweile wurde diese Fusion wieder geschieden. Auch das hat die Pariser Börse belastet.“

 


Frankfurt als größerer Partner müsste Hauptsitz werden


„Wenn man das Kriterium der Marktkapitalisierung nehmen würde, wäre ganz klar, dass der Hauptsitz in Frankfurt sein müsste“, sagte Traud dem hr-Nachrichtenportal. „Die deutsche Börse ist der größere Partner und gemessen an diesem Kriterium natürlich auch der stärkere.“ Einer fusionierten deutsch-britischen Börse traue sie durchaus zu, „international sehr erfolgreich zu sein“. Für den Finanzplatz Frankfurt wäre eine Fusion mit Hauptsitz London aber mit vielen Risiken behaftet. So würden „alle Dienstleister rund um das Banken- und Börsengeschehen in Frankfurt Beschäftigung abbauen“ und ihre Geschäfte nach London verlagern. Bis Ende 2017 würden nach Helaba-Berechnungen bereits 500 Stellen in Frankfurt verloren gehen.



Deutsche-Börse-Betriebsrat warnt vor London


Auch der Betriebsrat der Deutschen Börse warnt vor herben Einbußen für den Finanzplatz Frankfurt im Falle der geplanten Fusion. „Die zentralen Unternehmensentscheidungen werden künftig alleine von London aus getroffen“, heißt es in einer Stellungnahme. Es drohe das Ende von „425 Jahren Frankfurter Börsengeschichte“. Daß das Ganze auch dadurch ein Geschmäckle hat, daß der gegenwärtige Chef der Deutschen Börse seinen Familienwohnsitz in London hat, kommt dazu. Eigentlich ist nicht zu verstehen, daß am Finanzstandort Frankfurt nicht jeden Tag Prosteste angemeldet werden. Aber man weiß natürlich nicht, was hinter den Kulissen läuft. Umso wichtiger, all das zu verfolgen, was öffentlich läuft.

Foto: (c) Hessenschau


Info:

Das ganze Gespräch ist unter www.hessenschau.de zu verfolgen.  Mehr zum Thema gab es am Mittwochabend, 8. Juni, um 22.45 Uhr im hr-fernsehen. Thomas Kreutzmann diskutiert in der Sendung „Schlossplatz 1“ mit hessischen Spitzenpolitikern die Frage: „Wandert Frankfurts Börse ab – verliert das Finanzzentrum an Jobs und Bedeutung?“