Neujahrsempfang der IHK Frankfurt am Main 2017, Teil 2/3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Dieser Termin gilt in Frankfurt als derjenige, an dem die meisten Leute, die sich auch beruflich kennen, persönlich aufeinandertreffen und miteinander austauschen können – wohl noch mehr als beim Empfang der Stadt Frankfurt im Römer, der schon 'tout Frankfurt' aufweist.
Es geht ja auch nicht um die Quantität, sondern um Qualität und da geben sich beide Veranstaltungen nichts nach, sondern fallen durch Übereinstimmungen auf. Aber in einem ist der Abend in der IHK absolut führend, ja sogar in zwei Dingen. Die Sicherheitsschleusen a la Flughafen sind absolut neu und halten schrecklich auf und die Anzahl der Redner, die ja nicht aus Kosmetikgründen auftreten, sondern etwas zu sagen haben, führt zu einer so langen Redezeit, daß diesmal wirklich die ab 18.30 begonnene Veranstaltung sich erst weit nach 21 Uhr in den Bereich des Austausches öffnete.
Da damit auch das Buffet gemeint ist und eröffnet wurde, war das sofort dicht umlagert, was man angesichts der Uhrzeit verstehen kann, denn die allermeisten haben einen Tag Arbeit hinter sich. Mit drei Eintrachtanhängern, regelrechten Fans gingen wir die Rede des Fredi Bobic dann mit zeitlichem Abstand noch einmal durch, Bobic, Sportvorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG, der an diesem Abend Gastredner war. Nein, das stimmt nicht, daß es einen Vertreter der Eintracht als Hauptredner der IHK noch nie gab. Auch Heribert Bruchhagen, bis 2016 Manager der Eintracht und wegen seiner Pensionsgrenze ausgeschieden, heute aber in gleicher Funktion beim Hamburger SV tätig, war einmal Gastredner, aber das war schon 2004 und der bemerkbare Austausch bei den Gästen – ja, überwiegend Männern! – führte bei manchem zum Schluß: Schwund ist immer. Aber eben auch neue Leute, wie der Gastredner des Abends.
Der nutzte die Gelegenheit, um zum einen die Lacher durch Aussprüche seiner Gegner auf seiner Seite zu haben und zum anderen, mal richtig vom Leder zu ziehen, daß der Bundesligaspitzenverein keine ausreichenden professionellen Bedingungen im Stadion der Stadt habe. Außerdem sei die Miete viel zu teuer. Aber das sagte er an diesem Abend nicht, das ist sonst aber die Leier der Eintracht. Heute ging es aber um etwas anderes, was der Frankfurter Eintracht derzeit existentiell erscheint. Zu den von Bobic produzieren Lachern: „Wer die Fan-Stimmung im Stadion bei Eintracht spielen kennt, der hört Volkes Stimme sofort heraus. Da gab es Transparente im stadteigenen Stadion, auf denen der Angesprochene lesen konnte:“ Bobic passt zu Frankfurt wie Fußball-Tradition zu RB Leipzig“ und noch direkter und in bestem Hessisch „Bobic bleib fott.“ Er selber hätte allerorten die Vorbehalte gegenüber seiner Person gespürt und bemerke auch, was sich latent geändert habe, wenn er schon 'Fredi' genannt werde.
„Nun haben diese Verbrüderungs-Szenarien in meiner persönlichen Werteskala einen untergeordneten Platz. Ich bemühe lieber den Blick auf das große Ganze. Denn meine Aufgabenstellung lautet schlicht und einfach zusammengefaßt, den Verein Eintracht Frankfurt sportlich für die Zukunft gut aufzustellen.“ Das klingt sachlich, aber dann gab's doch etwas zu viel von dem, was Frankfurter gerne hören. „Ich bin gerne hier. Frankfurt, diese herzliche Metropole, mit sowohl regionalem wie internationalem Flair, hat es mir als bekennendem New York Fan schnell angetan.“ Naja, aber über das folgende freut man sich für Fredi Bobic: „Wenn ich abends auf dem Balkon meines Appartements am Main stehe, blicke ich direkt auf die hellerleuchtete EZB, aber ebenso auf die dunklen Wege des Flußufers oder das Gründerzeitflair Sachsenhausens...Ich weiß, was ein Bembel und ein Ebbelwoi aus dem Gerippten ist. Ich fühle mich angekommen, hier, in dieser besonderen Stadt mit tiefer regionaler Verwurzlung und gleichzeitig internationaler Ausstrahlung.“
Sodann reflektierte er über den Profifußball heutzutage und welche exponierte Rolle dieser im Sport einnehme. „Er bietet Woche für Woche ein großes Gemeinschaftserlebnis. In den Arenen der Bundesliga ebenso wie in den Amateur- und Jugendlichen oder aber auch in Sportbars und daheim beim gemeinsamen TV-Erlebnis auf der Couch. Fußball verbindet.“ Er spricht über die Internationalität der Mannschaft und in wie vielen Sprachen sich die Spieler, fokussiert auf das gemeinsame Ziel, verständigen. Er sei gebeten worden, auch über sich etwas zu erzählen. „In Maribor geboren, Mutter Kroatin, Vater Slowene, bin ich schon nach ein paar Tagen meines Lebens nach Deutschland gekommen. Genauer nach Stuttgart, wo meine Eltern, beide im Daimler-Werk tätig, ihre Heimat gefunden hatten. Wir haben in einem sogenannten sozialen Brennpunkt gelebt. Meine Freizeit verbrachte ich, wie viele meines Alters noch, gerne auf der Straße und vor allem auf dem kleinen Bolzplatz. Ich habe in Deutschland eine Chance bekommen.“
Weiter führte er aus, daß er durch seine Eltern Werte vermittelt bekam, die ihm im Fußball nutzten und die er heute von seinen Spielern, Trainern und Mitarbeitern verlangt. In einem kurzen Rundumschlag zur Geschichte der Frankfurter Eintracht innerhalb des deutschen Fußballs seit ihrer Gründung 1899 kam zur Sprache, daß es in Deutschland 25 000 Fußballvereine gibt, die mit mehr als 160 000 Mannschaften im DGB vereint sind. Darunter zu den 18 besten Mannschaften zu gehören, sei schon eine Auszeichnung.
Aber seine eigentliche Aussage kam dann in den Sätzen, daß Fußball ein PS-starker Wirtschaftsmotor sei und allein die Proficlubs über 50 000 Arbeitsplätze bieten, daß sogar die Bundesliga Beschäftigungsverhältnisse für 150 000 Menschen als Arbeitgeber garantiere und die Wertschöpfung des Profifußballs 7, 9 Milliarden Euro betrage, wovon dem Staat jährlich 2,3 Milliarden zufließen. „Jeder von den Vereinen erwirtschaftete Euro generiert 2, 6 Euro bei anderen Systembeteiligten aus der deutschen Wirtschaft“ . Am Bruttoinlandsprodukt beteilige sich der Fußball mit 0,3 Prozent und das sei „mehr als der Beitrag der zivilen Luftfahrt oder der Textil- und Modebranche.“
Denn aus diesen Aussagen resultieren Bobic' Forderungen, die mangelnde Raumsituation der Eintracht rund um das Stadion endlich von Seiten der Stadt auszuweiten. Hintergrund dieser Forderung ist die Freigabe einer an das Stadion anschließenden Stätte, die Eintracht Frankfurt für eine Vergrößerung dringend brauche, aber auch andere Institutionen (Tennisverein) Ansprüche darauf anmelden. Wie gesagt, außerdem findet Eintracht Frankfurt schon sehr lange, daß die Stadionmiete, die an die Stadt entrichtet wird, viel zu hoch ist und ein neuer Vertrag günstigere Konditionen brauche. Aber, wie auch schon gesagt, ging der Vorstandsvorsitzende der Eintracht darauf heute nicht ein, denn gleich zwei teure Bonbons von der Stadt Frankfurt einzufordern, wäre nicht geschickt. Lieber sprach er vom Werbeträger, der die Eintracht für die Stadt Frankfurt darstelle. Da hat er Recht.
Foto: OB Peter Feldmann erklärt Eintracht Bobic etwas (c) frankfurt.de
Info: http://www.frankfurt-main.ihk.de