hwk ingenium 4998im Nieder-Mooser Konzertsommer 2018

Hanswerner Kruse

Nieder-Moos/Osthessen (Weltexpresso) - Die Abendsonne verbreitete mildes Licht durch die Kirchenfenster, das slowenische Ensemble schuf mit ihren berührenden geistlichen Gesängen eine angenehm spirituelle Atmosphäre: „Singet dem Herrn ein neues Lied“, hieß es zu Beginn auf Lateinisch: Die sechs jungen Leute trugen sakrale Vokalmusik von der Renaissance bis zur Neuzeit mit ihren wunderbaren Stimmen vor, über die sich manchmal der voluminöse Sopran Zala Strmoles strahlend erhob.

Das Ensemble sang kein kirchliches Standardrepertoire sondern präsentierte eher unbekannte geistliche Lieder sowie Mischungen sakraler westlicher und balkanischer Musik. Eines der letzten Stücke vor der Pause war das spanische „La guerra“ (Der Krieg), mehr eine gesungene martialische Oper als ein sanftes Kirchenlied: „Der Krieg steht bevor. Für den Krieg wurden wir geboren“, hieß es am Anfang - und für den Schluss müssen wir weiter die Übersetzung im Programmheft zitieren: „Falala. Topetop. Auf, setzt die Artillerie der frommen Gedanken ein. Schickt die Batterie... Auf diese Weise mit der dicken Kanone... Das ist gut, feuere sie, schnell, schnell. Bom, bom, peti pata. Entfesselt die Musketen. Tif tof tif tof...“

Was wie Kriegsverherrlichung klang, war im 15. Jahrhundert als religiöse Schlacht zwischen Gut und Böse gemeint. Hier nutzte die Formation melodiös gesungene Laute und Töne, eine Art des Gesangs, die dann im zweiten Teil häufiger gebraucht wurde. Das Leben will auch gelebt werden - und so wurde es lebhafter und weltlicher. In serbischen oder slowenischen Volksliedern erzählte das Ensemble von einem Paar, das sich begegnete und gemeinsam wegging, vom Soldaten der in den Krieg zieht oder jungen Männern, die schöne Mädchen sehen wollen.

Dazu leisteten sich die Sängerinnen und Sänger kleine mimische Albernheiten oder leicht anzügliche Posen. In einer gesungenen Fabel wurden reichlich Tierstimmen nachgeahmt: „Jeder singt wie ihm der Schnabel gewachsen ist“, lautete die Ansage. „Rosestock Holderblüh“, auch ein deutsches spätromantisches Lied gab es im Repertoire. „Wir verstehen es nicht“, sagte ein Sänger, „aber wir haben viel Spaß dabei.“ So erging es ebenfalls dem Publikum in der gut besuchten Kirche. Die balkanischen Volks- oder lateinischen Kirchenlieder waren auch nicht zu verstehen, wurden aber durch Ansagen oder Übersetzungen im Programmheft vertraut(er).

Frenetisch gefeiert wurde das Ensemble bei den vokalen Interpretationen englischer Songs: „Can’t Buy Me Love“ von den Beatles oder dem kritischen „Short People“ Randy Newmans. Vorsorglich hatten die Veranstalter zu Beginn gebeten, auf der Empore nicht mit den Füßen zu trampeln. Bei dem Beatles-Song war der Berichterstatter zum ersten Mal überrascht, dass es keinerlei instrumentale Begleitung gab. Klar, die britische Band war für ihre mehrstimmigen Gesänge bekannt, aber den rockigen Hintergrund kann vokale „mouth percussion“ nicht ersetzen.

Insgesamt bot Ingenium einen großartigen und abwechslungsreichen Parcours durch die Weltmusik: Spirituelle Vokalmusik ohne frömmelndes Gehabe (wie man es in Nieder-Moos schon erleben konnte) über Folklore bis zur Beat-Musik unserer Zeit. Hinsichtlich des meist älteren Publikums kommt einem in den Sinn, ob vokale Gruppen sich nicht auch mal an aktuelle Jugendklänge, etwa die Sprechgesänge des Hip Hops herantrauen können.

Foto:
v.l.n.r.) Jan Kuhar (Bass) und Matjaž Strmole (Bariton) hinter der überragenden Sopranistin Zala Strmoles
© Hanswerner Kruse

Info:
Am nächsten Sonntag, 5. August, um 17 Uhr sind die Musikclowns „Mikroband“ mit ihrem Programm „Klassik für Dummies“ in Nieder-Moos zu Gast.
https://www.nieder-mooser-konzertsommer.de