Bildschirmfoto 2019 04 08 um 02.46.11Verleihung des FRANKFURTER MUSIKPREISES in der Paulskirche zum Ende der Musikmesse, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie schön, Ebenholzquartett heißt der Preisträger auf Deutsch, und ein Kammermusikensemble war noch nie Preisträger des einst so renommierten Frankfurter Musikpreises, der eine Besonderheit hat, daß nämlich im jährlichen Wechsel die mit 20 000 Euro dotieren Preisträger aus der Klassik oder dem Pop, also der populären Musik kommen, was eine dumme Bezeichnung ist, da auch die klassische Musik populär ist. Nur eben anders.

Dieses Jahr also Klassik, wie vor zwei Jahren mit dem Preis für David Garrett, und in der Tat hat es bisher überhaupt noch keine Verleihung an ein Ensemble gegeben, nur an Einzelpersönlichkeiten, an 30 Männer, nur vier Frauen und im letzten Jahr 2018 an das Bundesjazzorchester, also auch eine sogar noch größere musikalische Gruppe, die als wertvolles Bindeglied zwischen musikalischer Ausbildung und Beruf und wichtiger Förderer für erfolgreiche Jazzmusik bezeichnet wurde.

Bildschirmfoto 2019 04 08 um 02.47.38Als dieser internationale Preis 1982 zum ersten Mal verliehen wurde – eine gemeinsame Stiftung der Musikmesse Frankfurt und des Bundesverbandes der Deutschen Musikinstrumentenhersteller ist der Träger – sollte in der alten Bundesrepublik die musikalische Erziehung grundsätzlich stärker und gestärkt werden und deshalb mit diesem internationalen Musikpreis „Musikerpersönlichkeiten für besondere Leistungen in der Interpretation und Komposition, in Musikwissenschaft und Lehre“ besonders hervorgehoben werden.  Von daher ist schon folgerichtig, daß der Focus auf Einzelpersönlichkeiten lag und solche herausragende Musiker ausgezeichnet wurden, wie hintereinander Gidon Kremer, Edgar Krapp,  Alfred Brendel,  Brigitte Fassbaender,  Albert Mangelsdorff...

Bildschirmfoto 2019 04 08 um 02.49.21Aber genauso richtig ist es, wie in den beiden letzten Jahren Ensembles auszuzeichnen, die gemeinsam höchsten musikalischen Ansprüchen genügen. Da läßt sich in der Tat noch so manches vorstellen, denn auch das Ensemble Modern...

Am Freitagabend ging es mit der Moderatorin Susann Atwell los. In Lindgrün und luftig hat sie unauffällig, also zufriedenstellend durch den Abend geführt, einer Preisverleihung, die zum 37. Mal stattfand. Die Änderungen gegenüber den früheren Preisvergaben sind gewaltig. Denn ursprünglich wurde der Frankfurter Musikpreis zu Beginn der Messe verliehen und war ein geradezu politischer Akt, an dem die Stadt Frankfurt durch die regelmäßige Anwesenheit des OB- über 17 Jahre also Petra Roth, großen Anteil hatte. Unvergessen, wie Preisträger Michael Gielen, leider am 8. März dieses Jahres verstorben, 1999 den Preis erhielt, in einer politischen Situation, wo die Stadt Frankfurt gerade die Kulturausgaben zusammengestrichen hatte, und der frische Preisträger seine Dankesrede zu einer Philippika nutzte, die den anwesenden Politikern die Röte ins Gesicht trieb, nicht die des Zorns, sondern die der Scham.

Michael Gielen war ja von 1978 bis 1987 Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper gewesen. In seine Ära fällt die Umwandlung der traditionellen Oper in ein quicklebendiges Musiktheater, innovativ und ganz Europa beeinflußend und er war schon deshalb für die Frankfurter Musikszene ein wichtiger Mann, der zudem als Dirigent und Komponist insbesondere auch die zeitgenössische Musik vorantrieb. Warum wir das schreiben? Weil zu Beginn der Begrüßung für die Stadt Frankfurt - weder Oberbürgermeister Peter Feldmann, noch die zuständige Dezernentin Ina Hartwig waren anwesend - Sylvia Weber, Stadträtin für Bildung und Integration, was sie wacker und aufrichtig macht, die Anwesenden aufforderte, sich von den Plätzen zu erheben, weil ein Kuratoriumsmitglied gestorben sei. Wie passend, dachte ich, jetzt wird auch des großen Frankfurtfreunds Michael Gielen gedacht, gerade vier Wochen nach seinem Tod. Doch nein. Kein Wort. Schlimmer noch. Auch die anwesenden hohen Herren der Musikmesse hatten den Namen Michael Gielen noch nie gehört.

Solche Preisverleihungen aber sind kein Tagesgeschäft, sondern verbinden die Vergangenheit mit der Gegenwart hin auf eine Zukunft. Bei solchen Versäumnissen fallen einem nur ein, daß eine Gegenwart, die sich nicht um das Vergangene schert, sowieso keine Zukunft hat. Natürlich wird es immer wieder Preise und Preisträger geben, aber das große Ganze, das musikalische gesellschaftliche Gut, weshalb dieser Preis ins Leben gerufen wurde, ist mehr als in Gefahr. Dieser Aufbruch ist eigentlich schon vorbei. Und dies deshalb, weil keiner mehr Einfluß nimmt, auch nicht Gerhard A. Meinl, der nach Detlef Braun als Geschäftsführer der Messe Frankfurt, das Wort ergriff und schon sehr lange dabei ist. Er ist Vorsitzender des BDMH, das ist der Bundesverband der deutschen Musikinstrumentenhersteller und stellvertretender Stiftungs- und Kuratoriumsvorsitzender Frankfurter Musikpreis ist.

Das waren alles wohlgesetzte Worte, aber ohne Konsequenz. Und daß die Moderatorin mit ihren netten Worten und den unaufdringlichen Ansagen dies wiedergutmachen könnte, kann man nicht erwarten. Aber die LAUDATIO auf das französische Preisträgerquartett, die Eberhard Feltz hielt, die war gelungen. Er ist Professor für Kammermusik an der Berliner Hochschule HANNS EISLER und sprach persönlich warm. Den heutigen Vier des Ensembles, das sich 1999 gründete, von Beginn an Pierre Colombet (Geige), Gabriel Le Magadure (Geige), Raphaël Merlin (Cello) und seit kurzem Marie Chilemme (Bratsche), ist der 81jährige Musikpädagoge ein hilfreicher Mentor gewesen und dies konnte man auch seinen Worten entnehmen, daß das Interesse und die wohlwollende Begleitung andauert. Nicht nur, daß er die einzelnen Musiker mit ihren jeweiligen individuellen Fähigkeiten ansprach, er kam er auf die stilistische Bandbreite des Quartetts und ihrer mitreißenden Lust am Spielen zu sprechen. Die Vier seien nie mit einem Stück fertig, nichts sei endgültig, immer seien sie auf dem Weg, mit dem Anspruch, noch sinnlicher ihre musikalischen Darbietungen zu gestalten und sich die Noten der Stücke so einzuverleiben, daß sie wie von alleine ihre Interpretation der Komponisten ins Ohr der Zuhörer träufeln.

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