Discofox vom Band

AMIGOS entführen in der Esperantohalle in ihr Zauberland

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Erst wenige Stunden zuvor war der Eurovision Song Contest (ESC) entschieden, als die Amigos das Publikum in der Esperantohalle in ihr „Zauberland“ entführten. Im Gegensatz zu den pompösen Bühnenshows in Tel Aviv, in denen die Musik oft unterging, waren die Lichtspiele zu den Gesängen des Duos eindrucksvoll, ohne zu überwältigen.


Die Besucherinnen und Besucher im gut gefüllten Saal waren ganz klar gekommen, um Party zu machen. Sie zählten lautstark von zehn bis eins den pünktlichen Auftritt der Amigos an, begannen vom ersten Lied an mitzusingen und den Discofox zu klatschen. Zunächst sangen die Jungs von den „alten Zeiten“ und Bernd (68) witzelte herum: „Ach, da seid ihr ja noch gar nicht auf der Welt gewesen.“ Humorvoll, frech und manchmal sogar selbstironisch führte der jüngere der beiden Brüder durch den Abend, ermunterte die Männer ihren Frauen Komplimente zu machen, erzählte böse Witze über Donald Trump und ärgerte locker seinen älteren Bruder Karl-Heinz (70).

Die beiden Amigos sangen definitiv nicht Play Back, allerdings durchgehend zur Musik vom Band: Über die Liebe und deren Krisen sowie andere alltägliche Themen. Immer aber wollten sie, trotz aller Tristesse, Mut machen und schmetterten hoffnungsvoll: „Es wird schon weitergehen“ oder „Du liebst mich doch immer noch.“ Auch Trauriges über tote Freunde wurde zu Gehör gebracht, während die Musiker im Video auf der Leinwand im Hintergrund auf einem Friedhof herumliefen: „Was mich so oft nicht schlafen lässt“, sangen sie oder später allgemeiner: „Hinter dem Regenbogen treffen wir uns wieder.“


Besonders stark gefeiert wurden natürlich die großen Hits des Duos, etwa „110 Karat“ oder „Weiße Rosen.“ Auch „Babylon“ von der bald erscheinenden CD stimmte das Publikum kräftig mit an, denn auf YouTube gibt es das Lied bereits.

Es ist problematisch, wenn der schlichte Discofox im harten 4/4-Takt gnadenlos vielen Songs untergelegt wird - egal ob Nachdenklichkeit oder Tanzstimmung aufkommen soll. Aber dem Publikum war das egal: „Die machen einfach gute Texte“, sagten einige Befragte unserer Zeitung in der Pause: „Die Amigos sind nicht abgehoben“, „Sie sind bodenständig geblieben“ oder „Die wissen selbst viel vom Leben und wovon sie singen.“

Die beiden Brüder sind unkompliziert, spontan sprachen sie kurz vor ihrem Auftritt noch mit dem Schreiber dieser Zeilen und bekannten, na ja, nach fünfzig Jahren Bühnenerfahrung sei man nicht mehr so nervös: „Aber die große Lust auf den gemeinsamen Abend mit den Leuten ist immer da.“ Die beiden haben über 30 Jahre lang hart neben ihren Brotberufen an der Musik gearbeitet, bis sie durch einen TV-Auftritt 2006 plötzlich so erfolgreich wurden. „Bis dahin hatten wir manchmal Zweifel, ob wir wirklich weitermachen sollen.“

Vom Aufhören aufgrund des Alters ist jetzt keinesfalls die Rede: „Wir sind immer fit, wenn wir auf die Bühne gehen. Die Musik hält uns jung.“ Die Brüder freuen sich darauf, im nächsten Jahr mit den Fans ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum zu feiern: „Es macht einfach Spaß deutsche Schlager mit Texten zu machen, die die Leute verstehen und berühren. Da geben wir alles!“

Fotos:
(c) Hanswerner Kruse