Serie: Musikmesse und prolight+sound vom 10.-13. April auf dem Frankfurter Messegelände, Teil 9

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nun aber zur diesjährigen Verleihung des Frankfurter Musikpreises im Frankfurter Römer, auf der wir den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann als Hausherrn deshalb vermißten, weil die Preisträgerin Marie-Luise Neunecker im besonderen das pädagogisch vertritt, was der SPD-Sozialpolitiker Feldmann anstrebt.

 

Auch hier moderierte Jörg Bombach vom Hessischen Rundfunk und nahm alle die Erfolgsmeldungen in seine Ansprache auf, die auf der zuvor abgelaufenen Veranstaltung der Deutschen Instrumentenpreise der Musikmessechef Detlef Braun gerade verkündet hatte: wahrscheinlich Messerekord und die Anzahl von rund 2 300 Ausstellern aus 55 Nationen. Auch hier begrüßte der Wirtschaftsdezernent mit den erwähnten historischen Reminiszenzen im Frankfurter Kaisersaal. Er nannte die Rahmendaten der musikalischen Karriere der Hornistin und Pädagogin, die viel mit Frankfurt zu tun haben.

 

Sie ist am 17. Juli 1955 im Rheingau geboren und ist durch die Tatsache, daß sie mit drei Brüdern auf einem Weingut aufwuchs für ihr späteres Leben als Musikerin in einer männerdominierten Umwelt vorbereitet worden, wie sie selbst in der Laudatio unter dem zustimmenden Gelächter der Zuhörer begründete. Denn, darauf ging die Gelobte nicht weiter ein, Musikerin auf hohem Niveau sein zu dürfen und in renommierten Orchestern mitzuspielen , war für Frauen dazumal noch nicht Alltag, noch nicht mal Sonntag. Eher so etwas wie Feiertag, weil es selten vorkam.

 

Sie studierte Musikwissenschaft und Germanistik auf Lehramt, womit ihr Vater zufrieden war, als er hörte, daß dieser Beruf sein Auskommen und eine Pension dazu habe. Nur trat sie ihn nicht an, diesen Beruf. Stattdessen nahm sie das Hornstudium an der Hochschule für Musik in Köln auf und begann 1978 – als Gielen ging? - als zweite Hornistin an der Frankfurter Oper. Sie wurde dann Solohornistin in Bamberg und spielte von 1981 bis 1989 als Solohornistin im Sinfonie-Orchester des Hessischen Rundfunks. Gleichzeitig bildete sie als Professorin für Horn an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt am Main Studierende aus, was sie seit 2004 an der Hochschule für Musik HANNS EISLER Berlin fortsetzt.

 

Robert Leicht, Politischer Korrespondent der ZEIT, aber wohl wegen der eigenen Hornkenntnisse als Laudator benannt, rühmte dann an der Hornistin und Pädagogin deren Doppelbegabung, wobei für ihn, den Alltagshornisten, ihre Fähigkeit sozusagen butterweich auch dort die Töne hinzubekommen, wo andere nur noch kieksen, das Entscheidende waren. Das Kieksen gehört einfach dazu, aber von der Preisträgerin habe er kein einziges je gehört. So sicher könne man eigentlich nicht blasen. Sie aber kann.

 

Gleichzeitig erzählte Leicht eine kleine Geschichte des Horn, das einst als das primitivste Blasinstrument galt und auch vorwiegend bei eher primitiven Volksbelustigungen wie Blaskapellen zum Einsatz kam. Andererseits hat das Horn den größten Tonumfang und um es virtuos zu spielen, muß man eben sehr viel mehr können, als nur zu blasen. Die Preisträgerin, Frau Neunecker, könne auf dem Horn sogar singen, meinte der Laudator und bezeichnete sie als „der Weinstock, der zum Riesling wird.“ Dabei gab es den Wein erst nachher, aber nein, den Wein gab es bei einem kleinen Empfang im Foyer des Rathauses, der eben in Frankfurt Römer heißt, zwischen den beiden Preisveranstaltungen, bei dem aber Herr Leicht noch nicht zugegen war.

 

Aber das mit dem „Singen“ war schön gesagt und die Preisträgerin zeigte ihre Kunst auch im abschließenden Konzert von drei Frauen. Das Trio (Silke Avenhaus, Antje Weithaas) Klavier und Geige ließ ein sehr melodisches Horn durch Marie-Luise Neunecker erklingen, dem man noch lange hätte zuhören können und auch den Eindruck hatte, daß die Musik im Raum hängen blieb. Zuvor hatte die Preisträgerin ihrem Laudator dafür gedankt, daß er nun ihre Fragen, warum gerade sie den Preis erhalten habe, teilweise beantwortet habe. Sie dankte ihren Eltern dafür,„daß sie meinen Willen als Kind nicht gebrochen haben“ und etwas zu ihrer Doppelkarriere als Künstlerin und Pädagogin gesagt, sich insgesamt beim Schicksal bedankt, daß es gut mit ihr gemeint habe. Ihr Preisgeld geht an eine Stiftung, die sich für muskuläre Fehlentwicklungen einsetzt, die zu Berufsunfähigkeit führen. Und: die gerade ausgezeichnete Firma Alexander aus Mainz baue im übrigen auch die besten Hörner.

KOMMENTAR: 

So liebevoll die Feier ausgerichtet und von allen beklatscht wurde, fällt einem doch auf, daß hier im Kaisersaal, einem doch immerhin historisch hochpolitischen Saal kein Wort fiel, das über den Anlaß, die Preisträgerin, hinaus ging. Kein Wort zur Musik und ihrer gesellschaftlichen Situation noch potentiellen Funktion. In der Auftaktpressekonferenz zur Musikmesse wurde noch auf das besorgniserregende Musikgefälle vom prosperierenden Süden in den darbenden Norden und Osten verwiesen, sei es in Schulen oder Privatunterricht an Instrumenten, was die Einführung von G8 mangels freier Zeit für die Schüler für Nachtmittagsaktivitäten noch verschärfte. Es besteht also aller Anlaß, sich beim Frankfurter Musikpreis dazu zu äußern und auch Forderungen zu stellen. Wer das tut, welcher Redner, wäre uns egal. Daß es aber überhaupt nicht geschieht, finden wir dem Preis nicht angemessen.

 

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