Serie: Musikmesse und prolight+sound vom 10.-13. April auf dem Frankfurter Messegelände, Teil 8
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein besonders breites musikalisches Feld beackert die diesjährige Preisträgerin Marie-Luise Neunecker, die einst in Frankfurt im Opernorchester spielte und an der Hochschule für Musik Studierende ausbildete, was sie heute in Berlin tut.
Zuerst konnte man sich daran erfreuen, daß die Preisverleihung im würdigen Rahmen im Frankfurter Römer stattfand, anschließend, aber mit eigener Feier nach dem Deutschen Instrumentenpreis der Musikmesse. Mit dem Frankfurter Musikpreis verhält es sich anders. Ursprünglich war der Preis, der von der Musikmesse im Verbund mit dem Bundesverband der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller verliehen wird und seit 1980 besteht, immer einer der Höhepunkte des deutschen Musikgeschehens und als Auftakt der Musikmesse im Mittelpunkt des Geschehens.
Seit drei Jahren nun findet am Messevorabend die LEA-Preisverleihung statt, die im großen Rahmen in der Frankfurter Festhalle viel Volk zusammenholen kann, weil mit der Prominenz auf der Bühne dennoch als Preisträger diejenigen geehrt werden, die in besonders intelligenter, individueller oder sonstiger Art die Veranstaltungen in Clubs, in Hallen, in Arenen durchführen und in dem Preisjahr eine dann prämierte Veranstaltung durchgeführt hatten. Diejenigen also, die an den Telefonstrippen, den Fernschreibern und heißen Emailkontakten die Stars holten und sie mit Hilfe örtlicher Veranstalter so präsentieren, daß alle zufrieden sind, diejenigen werden ausgezeichnet. Das ist laut. Das ist schrill und das ist immer sogenannte populäre Musik.
Das haute im Jahr 2011 mit dem Preis an die Mezzo-Sopranistin Anne Sophie von Otter gerade noch so hin, die witzig auf die Situation in der Festhalle reagierte, wo das Rauchgeschwader – Zigarettenfirmen sponsern die Veranstaltung maßgeblich – ihre Stimme zwar angriff, sie aber trotzdem sang. Das war im letzten Jahr durch die Preisvergabe an den Gitarristen und Komponisten John McLaughlin – der Preis wird im jährlichen Wechsel der U- oder E-Musik zugeschrieben – sogar noch sinnfällig, weil er genau auf solchen Konzerten auftritt, für die die Macher beim LEA ausgezeichnet werden. Das wäre in diesem Jahr fatal gewesen. Erstens kann man es keinem ernsthaften Musiker zumuten, in diesen Rauchschwaden aufzutreten, zweitens ist strukturell LEA dadurch etwas anderes, als es mit Absicht die Musikermöglicher sind, die einen Preis erhalten, den sonst ihre Stars auf den Bühnen einheimsen, während der Frankfurter Musikpreis in der Regel den Musizierenden selbst gilt, seien es Sänger, Instrumentalisten, Komponisten.
Die 31 Preisträger tragen illustre Namen. 1982 ging es mit dem aus Rußland gekommenen Geiger und Impresario Gidon Kremer – sehr früh! - los. 1984 folgte Pianist Alfred Brendel, die Kammersängerin im Jahr darauf war die erste Frau als Preisträgerin, der bis heute nur 1995 die Bratscherin Tabea Zimmermann, 2011 dann Anne Sofie von Otter und nun 2013 Marie-Luise Neunecker. Aha sieht man, die vier Frauen – wirklich nur vier Musikerinnen! - kommen alle aus dem Bereich der klassischen Musik. Schaut man genau hin, sieht man, daß sich die Unterhaltungsmusiker auch erst das Terrain erobern mußten, die Klassik herrschte lange vor, bis mit dem Pianisten Chick Corea 1990 auch Jazz und in der Folge Pop und Rock prämiert wurden: Wolfgang Niedecken, Klaus Doldinger, Udo Lindenberg, Keith Ermerson stehen dafür, während Dietrich Fischer-Dieskau die klassischen Sänger, György Ligeti, Peter Eötvös und Hans Zender zum Beispiel die zeitgenössische Musik repräsentieren.
Und von allen Preisverleihungen ist diejenige, die der Dirigent und Komponist Michael Gielen erhielt in schärfster Erinnerung. Diese fand im Sendesaal des Hessischen Rundfunks statt und Michael Gielen, der von 1977 bis 1987 Direktor der Frankfurter Oper war und diese zur Blüte mit dem erstmaligen 'Regietheater' von Neuenfels oder Ruth Berghaus gebracht hatte, redete in seiner Dankesrede Tacheles mit den Frankfurter politischen Größen, die wie die Oberbürgermeisterin Petra Roth zwar gerne zur Preisverleihung gekommen waren, aber diejenigen waren, die gerade massiv den Kulturhaushalt streichen wollten. Diese Rede war keine akademische, sondern so pragmatisch vorwärtsdrängend, daß tatsächlich am Kulturetat noch etwas verändert wurde und allein der Hinweis, ob man wieder Gielen holen müsse, wie eine Drohung die jeweiligen Streichungen minimierte.
Mit einem Wort, man sieht, daß die neue Preisträgerin Marie-Luise Neunecker viele gute Fußspuren vor sich findet. Wir aber haben diesen geschichtlichen Exkurs um den Preis eigentlich deshalb unternommen, weil wir uns entschieden aus inhaltlichen und atmosphärischen Gründen für eine gesonderte Verleihung des Frankfurter Musikpreises im Frankfurter Römer aussprechen.Fortsetzung folgt.
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