o gielen michael mara eggert 02Michael Gielen Gedenkkonzert: Donnerstag, dem 20. Juni 2019 (Fronleichnam), um 11.00 Uhr imn der Oper Frankfurt, seinem Opernhaus, Teil 2/4

Ludwig Hampe

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In Memoriam MICHAEL GIELEN 20. Juli 1927–8. März 2019 GMD der Oper Frankfurt von 1977 bis 1987 und Ehrendirigent des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters : Aktuell gibt es nur noch zehn Musiker*innen im Frankfurter Opern- und Museumsorchester, die in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren schon gespielt haben. Auf uns damalige Berufsanfänger*innen wirkte Generalmusikdirektor Michael Gielen zunächst streng und unnahbar.

Er war eine absolute Respektsperson, eine Autorität als Chef, die wir später so nie wieder erlebt haben. Gleichzeitig war er gegenüber uns Opern-Neulingen hilfsbereit und unglaublich unterstützend. Er beeindruckte uns durch seinen bedingungslosen Willen, sich den Vorgaben aus dem Notentext unterzuordnen. Und er war unerbittlich im Einfordern seiner Vorstellung: »Das, was man hört, ist nicht das, was gemeint ist«, kommentierte er ein Probenergebnis in sarkastisch wienerischem Tonfall. Gielens Humor war speziell und erschloss sich nicht jedermann. Unvergesslich bleibt sein krähend gelachtes, unnachahmliches »Hähähä«.

Seine größte Schwäche war wohl seine Ungeduld. Denn er erwartete die unbedingte Professionalität, die er selbst vorlebte, auch von allen Kolleg*innen im Orchester. Ihm entging nichts. Legendär blieb in Zimmermanns Soldaten eine rot eingerahmte Stelle in den 2. Violinen: »7. Pult Solo«! Schon lange vorher war den hinten sitzenden Kolleg*innen vor seinem kritischen Blick bange. Seine Tempi konnten sehr schnell sein, besonders bei Beethoven, dessen Metronomangaben sakrosankt waren. Gielens Interpretation der Pizarro-Arie – für die Geigen ein brutaler, anstrengender Höllenritt mit allen Sforzati, Akzenten, Fortississimi, laut und brutal –, aber nur so wurde er der Figur gerecht. Sein Parsifal hingegen war unglaublich langsam und spannungsvoll, mit ganz weit gespanntem Bogen – das hatte ihm eigentlich niemand zugetraut. Und das Hörerlebnis von außerhalb des Grabens war faszinierend, aufwühlend und transparent zugleich.

Gesamtkonzept und Programmwahl der »Ära Gielen« waren unerhört – für Teile des Publikums anfangs verstörend, für uns dagegen total inspirierend und prägend. Gielens Produktionen in der Oper hatten selbst nach Jahren noch ein sehr hohes Niveau: Was man mit ihm einstudiert hatte, das saß. Michael Gielen überzeugte uns als ein durch und durch integrer Musiker und Mensch, fern von eitler Selbstdarstellung. Er lebte uns sein Berufsethos vor – ein Kollege brachte es auf den Punkt: Gielen lehrte uns den aufrechten musikalischen Gang. 

Foto:
Gielen bei der Arbeit im Opernhaus Frankfurt
© Mara Eggert

Info:
Die Verfasser dieses Artikels, der dem Magazin der Oper Frankfurt entnommen ist, sind neben Ludwig Hampe auch Karin Boerries, Philipp Bosbach, Paul Dahme, Doris Drehwald, Wolfgang Schmidt und Enite Trappe.
Donnerstag, 20. Juni 2019, 11 Uhr, Opernhaus Konzert für Michael Gielen Mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester und Gästen