Konzert zum 30. Geburtstag des JugendKathedralChors Fulda
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - In den drei Jahrzehnten seines Bestehens hat sich der JugendKathedralChor am Fuldaer Dom zu einem bedeutenden Ensemble entwickelt. Er spielt bei der Mitgestaltung der religiösen Feiern eine tragende Rolle, präsentiert aber auch eigene Konzerte und unternimmt Chorreisen bis ins europäische Ausland. Diese Entwicklung ist (fast) von der Gründung an mit der musikalischen Leitung und pädagogischen Arbeit des Domkapellmeisters Franz-Peter Huber (Foto rechts) verbunden.
Zum Jubiläumskonzert am Samstag begrüßte Bischof Dr. Michael Gerber das Publikum im gut besuchten Dom. Er sprach von den vielen „wertvollen Resonanzen“, welche die Kinder und Jugendlichen im gemeinsamen Singen erwerben könnten. Begeistert meinte er, selbst 2000 Jahre alte Texte klängen aus diesen jungen Kehlen erstaunlich frisch und zeitgemäß.
Kurz setzte die kleine Orgel den Ton, dann begann der Abend mit dem gut hundertköpfigen „Eingangschor“ des Psalms 111 vom italienischen Komponisten Pergolesi (1710 - 1736). Der jung gestorbene Musiker schrieb ihn nach einem Erdbeben, obwohl er im komischen Genre bekannt war. Bald setzte das Münchener Barockorchester „L’arpa festante“ ein, später kam der wunderbare Sopran Franziska Schumachers dazu, die auch in gesungene Dialoge mit dem Chor trat.
Insgesamt wurden neben dem Orchester vier solistische Gäste zum Jubiläumskonzert eingeladen. Sie sorgten im Laufe des Abends mit ihren (meist) lateinischen Arien, Duetten und Dialogen für eindrucksvolle Ergänzungen der Gruppengesänge. Der vielstimmige Chor trat in seinem sehr abwechslungsreichen Programm auch mal a capella oder nur von der kleinen Orgel begleitet auf. In der großartigen Akustik des Domes flogen (soviel Klischee darf sein:) die Stimmen der Singenden und die Seelen des Publikums in den Kirchenhimmel.
Im Zentrum des Konzerts standen neben Pergolesi weitere Barockkomponisten wie Jan Dismas Zelenka (1679 - 1745) mit zwei komplexen Werken und Francesco Durante (1648 - 1755). Zelenka war bekannt für seine ausgefallenen und einfallsreichen Orchester- und Vokalwerke, die im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts eine Wiedergeburt erlebten. Auch das „Magnificat in B“ von Durante weist moderne Züge auf, weil er schon damals den Zeitgeschmack mit unkonventionellen Klängen verband.
Selten bekommt man zu einem Konzert ein so lehrreiches Programmheft, in dem Kirchenmusikdirektor Martin Bartsch die Arbeiten der drei Barockkomponisten ausführlich beschrieb. So konnte man neben dem rein gefühlsmäßigen Hörgenuss auch im Text den Aufbau der konzertanten Erzählungen verfolgen und dadurch die Wahrnehmung steigern. Es war erstaunlich mit welcher Kraft und Leidenschaft die jungen Sängerinnen und Sänger barockes Liedgut darboten. Ganz offensichtlich hören und rappen junge Leute heutzutage nicht nur Hip Hop oder konsumieren Pop-Musik, sondern können auch von „altmodischen“ Klängen berührt und getragen werden.
In den letzten dreißig Jahren hat sich der JugendKathedralChor entwickelt, aber auch die Nachdenklichkeit über das Singen. So spricht der engagierte und populär gewordene Neurobiologe Gerald Hüther in einem Vortrag ironisch vom „Anteil des Singens an der Menschwerdung des Affens.“
Im Domchor wird Stimmbildung und andere Musikpädagogik betrieben, doch das Ensemble hat auch eine soziale Funktion: Es begleitet in der schwierigen Pubertät, Freundschaften werden geschlossen, Beziehungen, ja sogar Ehen entstehen. Das ist sicher ein Phänomen wie in jedem Verein. Allerdings, so Hüther, „aus neurowissenschaftlicher Sicht spricht alles dafür, dass die nutzloseste Leistung, zu der Menschen befähigt sind – und das ist unzweifelhaft das unbekümmerte, absichtslose Singen – den größten Nutzeffekt für die Entwicklung von Kindergehirnen hat.“
Fotos:
© Hanswerner Kruse
Info:
Neben der Sopranistin sangen noch die Solisten Felix Uehlein (Countertenor), Ralf Emge (Tenor) und Volker Jorg (Bass). Orgel spielte Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser. Unterstützt wurde das Konzert vom Lions-Club.