Die Internationalen Maifestspielen 2013 mit mehr Vorstellungen denn je

 

 

Anna von Stillmark

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – So oft haben wir über die Wiesbadener Maifestspiele berichtet und von ihrer einzigartigen Funktion in der alten Bundesrepublik in der Nachkriegszeit, wo im Mai in Wiesbaden zum ersten Mal die große weite Welt auf der Bühne zu erleben war.

 

 

Sichtbar war, daß die Deutschen internationalen Kulturanschluß suchten nach den künstlerisch autarken Jahren des Nationalsozialismus und statt biederer Kost auch die Avantgarde wieder eine Chance hat. Diese Funktion hat Wiesbaden schon lange verloren, aber auf dem Weg zu einem eigenen unverwechselbaren Festspielgesicht ist die Stadt und ihre Bühnen wieder einen Weg weiter geschritten.

 

Zum Abschluss der Internationalen Maifestspiele 2013 zieht der Noch-Intendant Manfred Beilharz, Künstlerischer Leiter der Festspiele, eine positive Bilanz. Mit mehr Veranstaltungen denn je – 47 Veranstaltungen an 35 Vorstellungstagen mit 36 Produktionen und 7 Deutschlandpremieren – präsentierten die Maifestspiele ein breites Programm mit Oper, Tanz, Schauspiel, Shows und Konzerten aus aller Welt: Kompanien aus dreizehn Ländern reisten im Mai nach Wiesbaden (Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Kanada, Monaco, Niederlande, Österreich, Schweiz, Serbien, Spanien, Südafrika und Taiwan) und verwandelten mit den 117. Internationalen Maifestspielen die Landeshauptstadt in eine renommierte Bühne der internationalen Theaterwelt.

 

Die Cape Town Opera aus Kapstadt, Südafrika, begeisterte mit dem selten zu sehenden Werk Porgy and Bess. Die Deutschlandpremiere Yo Gee Ti ließ in einer hoch poetischen Choreografie von Mourad Merzouki unterschiedliche Tanzstile aufeinandertreffen. Das Burgtheater Wien gastierte mit Andrea Breths Inszenierung von Kleists Prinz von Homburg mit August Diehl in der Titelrolle. Ein besonderes Theatererlebnis präsentierte die Junge Woche mit Haram/Desaparecidos des Jungen Schauspielhauses Hamburg.

Die diesjährigen Internationalen Maifestspiele wurden von 21.982 Zuschauern besucht, dies entspricht einer sensationellen Auslastung von 92,2 %. Die Einnahmen durch den Kartenverkauf betrugen in dieser Zeit 680.700 Euro. Damit gehören die Maifestspiele 2013 zu den erfolgreichsten der letzten Jahre.

 

 

OPER

 

Mit der Opernpremiere von Kurt Weills und Bertolt Brechts Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny wurden die Internationalen Maifestspiele am 27. April 2013 eröffnet. Die inspirierte musikalische Leitung lag in den Händen von Generalmusikdirektor Zsolt Hamar. Manfred Beilharz setzte das Werk lebendig in Szene, das mit der Finanzkrise neue Relevanz gewonnen hat. Der Ausnahmetenor Daniel Brenna und Emma Pearson sangen die Hauptrollen. Ein weiteres großes Highlight war die Deutschlandpremiere Porgy and Bess der Cape Town Opera aus Südafrika, die mit viel Energie und leidenschaftlicher Spiellaune des Ensembles die Bühne des Staatstheaters in ein südafrikanisches Township verwandelte. Eine große Seltenheit kam mit Händels Barockoper Alessandro (Inszenierung Lucinda Childs) der Parnassus Arts Productions in Kooperation mit dem Konzerthaus Megaron und dem Ensemble Armonia Atenea aus Griechenland nach Wiesbaden.

 

Ein hervorragendes Musiker- und Sängerensemble mit dem renommierten Countertenor Max Emanuel Cencic in der Titelpartie glänzte bei der Premiere der Produktion Alessandro, die nun zu weiteren internationalen Festivals tourt. Den 200. Geburtstag von Richard Wagner ehrten die Internationalen Maifestspiele mit einer Gala-Vorstellung der Oper Lohengrin (Inszenierung: Kirsten Harms) mit Klaus Florian Vogt als Stargast. Manfred Beilharz’ Inszenierung von Alban Bergs Wozzeck kehrte anlässlich der Büchner-Gedenkjahre 2012/13 auf die Bühne des Hessischen Staatstheaters zurück, nachdem sie 2012 an der Israeli Opera Tel Aviv neu einstudiert wurde. Büchners Frauen widmete der junge Komponist Paul Leonard Schäffer (*1987) eine Kammeroper, die in der Wartburg in der Regie von Teresa Reiber erfolgreich uraufgeführt wurde.

 

 

TANZ

 

In der Sparte Tanz erwiesen sich die Maifestspiele zu Recht als ein bedeutendes internationales Tanzfestival: Mit fünf Choreografien wurden gleich fünf Deutschlandpremieren präsentiert. In Yo Gee Ti kamen französische und taiwanische Tänzerinnen und Tänzer zusammen und zeigten eine hoch poetische Choreografie von Mourad Merzouki, in der unterschiedlich Tanzstile aufeinandertrafen und zu einem poetischen Ganzen verschmolzen. Mit Le Songe (nach Shakespeares Ein Sommernachtstraum) verzauberten Les Ballets de Monte-Carlo das Wiesbadener Publikum mit einer Choreografie von Jean-Christophe Maillot.

 

Cirkopolis von Jeannot Painchaud und Dave St-Pierre aus Quebec/Kanada faszinierte das Publikum mit Tanz und spektakulärer Artistik an Seilen, Stangen, mit Reifen, Rhönrad, Schleuderbrett und Jonglage. Einen ganz besonderen Höhepunkt bildete La Curva der Compañía Israel Galván aus Spanien mit dem exzentrischen Flamenco-Künstler Israel Galván, der New Yorker Free-Jazz Komponistin Sylvie Courvoisier am Klavier sowie zwei Cante Jondo-Musikern. Zum Abschluss des Tanzprogramms jonglierte die Gruppe Gandini Juggling aus Großbritannien in Smashed mit über 100 Äpfeln aber auch mit Geschirr und gab sich zum Schluss einer virtuosen, präzise choreografierten Zerstörungslust hin.

 

 

SCHAUSPIEL

 

Das Schauspielprogramm präsentierte herausragende Produktionen der führenden deutschsprachigen Schauspielhäuser. Das Deutsche Theater Berlin gastierte mit Ödipus Stadt mit den renommierten Schauspielern Ulrich Matthes und Susanne Wolff in den Hauptrollen. Mit Heinrich von Kleists Prinz Friedrich von Homburg in einer Inszenierung von Andrea Breth mit August Diehl in der Titelrolle und Peter Simonischek als Kurfürst von Brandenbrug begeisterte das Burgtheater Wien. Das Schauspielhaus Zürich präsentierte Der Menschenfeind nach Molière in einer Inszenierung von Barbara Frey mit Michael Maertens in der Hauptrolle, der letztes Jahr als Platonow zu erleben war. Im Büchner-Jahr 2013 wurden gleich zwei Woyzeck-Inszenierungen gezeigt: Zum einen ein Gastspiel des Cameri Theaters aus Tel Aviv, mit dem der Schauspieler Itay Tiran als Regisseur debütierte. Zum anderen Woyzeck in einer Inszenierung von Manfred Beilharz, die zuletzt in China am Nationaltheater Beijing im Rahmen eines internationalen Theaterfestivals zu sehen war. Die Familie Flöz kehrte mit Hotel Paradiso zu den Maifestspielen zurück.

 

 

RAHMENPROGRAMM

 

Ausgefallene Sonderproduktionen ergänzten auch in diesem Jahr die großen Gastspiele. Unter großem Applaus schlüpfte der Venezianer Ennio Marchetto in seiner Show The Living Paper Cartoon (Der lebende Scherenschnitt) in seine Papierkostüme und damit in die Rollen von Elton John, Doris Day, Whitney Houston, Marlene Dietrich und vielen mehr. Der Schauspieler Burghart Klaußner entführte im Malersaal in eine musikalische Reisegaststätte der bedenkenlosen Art, das Komiker-Duo Ulan & Bator in eine neue WIRRklichkeit voller philosophischer Komik. Mit der Lesung Unwiederbringlich von Theodor Fontane begeisterte der Wiesbadener Schauspieler Jens Harzer. Die Berliner Jazz-Band Mo`Blow präsentierte ihr neues Album Gimme The Boots und Goran Bregović brachte mit seiner Wedding & Funeral Band und Balkanrhythmen das Große Haus zum Kochen.

 

 

JUNGE WOCHE

 

Die Junge Woche gab nicht nur den jüngeren Zuschauern Gelegenheit, Theater und Tanz aus ganz Europa zu erleben. Eröffnet wurde die Junge Woche mit Gelber Mond, einem spannenden Roadtrip an außergewöhnlichem Ort: Im Schlachthof ließ die Produktion mit Videoprojektionen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen. Das Junge Schauspielhaus Hamburg gastierte mit Haram/Desaparecidos von Ad de Bont mit einem besonderen Theatererlebnis. Le Jardin der französischen Artisten und Komiker Didier André und Jean Paul Lefeuvre und die Compagnie Ea Eo aus Belgien begeisterten mit Cirque Nouveau. Auch die Junge Woche stand unter Zeichen des Tanzes mit der poetischen Choreografie Traverse der Compagnie Arcosm aus Frankreich und Hyperish aus den Niederladen, einer Mischung aus Hiphop, Akrobatik, Breakdance, Modern Dance und Modern Ballett.

 

Foto: Spendenübergabe durch den Vorstand des Förderkreises der Internationalen Maifestspiele (v.l.n.r.): Dr. Thomas Betzler, Zsolt Gheczy, Charlotte Andresen, Intendant Dr. Manfred Beilharz, Rose-Lore Scholz (Kulturdezernentin), Rainer Neumann (Vorsitzender).

 

www.staatstheater-wiesbaden.de

www.maifestspiele.de

www.newplays.de