Suzi key art image "Suzi Q." - Der Dokumentarfilm über Suzi Quatro

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - „Suzi Quatro? Junge Leute kennen die gar nicht mehr“, heißt es im Dokumentarfilm „Suzi Q.“ Der läuft jetzt, nach dem 70. Geburtstag der Entertainerin, in einigen wiedereröffneten Kinos. Ob sie wie geplant im November nach Hessen kommt, ist - bedingt durch Corona - fraglich.


Ein kräftiges Schlagzeug, dann der von Suzi hart gespielte, vorantreibende Bass, schließlich schreit sie mit hoher Stimme: „Can the Can“. Mitte der 1970er-Jahre hatte die Bassistin und Sängerin mit diesem Hit ihren internationalen Durchbruch und danach viel Erfolg in Europa, Australien und Japan. Der Titel hieß ungefähr so viel wie „Mach den Deckel drauf“ - oder frei interpretiert: „Lass alles hinter Dir.“ Das war die Lebenssituation der jungen Amerikanerin, nachdem sie ihre Band und die Familie in ihrer Heimatstadt Detroit verließ und nach London kam: „Ich war einsam, alleine und frustriert“, erinnert sie sich.

Ihre Familie war sehr musikalisch, nach der legendären Beatles-Tour durch die USA (1964) begann die Vierzehnjährige Bass zu spielen und gründete mit ihren Schwestern eine der ersten Mädchen-Bands. Als „Pleasure Seekers“ gingen die Teenies auf Tournee, waren aber eher eine Showtruppe. Später, als rockigere Band „Cradle“, arbeiteten sie sogar im legendären Motown-Studio, doch der britische Produzent Mickie Most wollte nur Suzi promoten. Sie folgte ihm nach London und ließ ihre Schwestern zurück, ein „Verrat“, den die ihr nie verziehen und noch 50 Jahre später im Film bejammern.

In der britischen Metropole bewegte sich Suzi an den Rändern des Glamrocks, mit dem Roxy Music oder David Bowie die Rockszene prägten. In ihren Lederklamotten a la Barbarella bediente sie nicht die für diese Musikwelle typisch androgyne Ästhetik: „Alle Typen hatten mehr Make-up drauf als ich“, meint sie lachend dazu, doch sie gab auch nicht die Rockerbraut. Ihre fetzigen Songs waren durchaus so artifiziell wie die der glamourösen Musiker.

Alle Wegbegleiter bewundern ihr Selbstbewusstsein und die Kraft sich durchzusetzen. „Ich war keine Emanze, ich war einfach nur ich“, sagt sie dazu. Weil die Frontsängerin auch mit ihrem Bass Furore machte, beeinflusste sie eine ganze Generation von Frauen. „Alle Mädchen wollten plötzlich Gitarre spielen“, berichtet die fast gleichaltrige Rockerin Joan Jett.

Seit dem Erfolg in den 1970er-Jahren verkaufte Suzie 55 Millionen Platten. Einige ihrer Song-Texte sind sehr persönlich, später schrieb sie auch Gedichte. Manchmal versuchte sie sich in seichteren Genres: Sie mimte als Schauspielerin in der US-amerikanischen TV-Klamotte „Happy Days“ oder sang in Musicals wie „Annie Get Your Gun“. Als Mutter von zwei Kindern lebte sie auch ihre familiäre Seite: „ Sex and Drugs and Rock ‘n Roll war nicht so mein Ding“, meint sie.

Mit zahlreichen Geschichten, Interviews und Konzertausschnitten erzählt der Film ihre, hier angedeutete Erfolgsgeschichte und bringt einem die vielseitige, selbstbewusste und mittlerweile in Würde gealterte  Rocklady sehr nah. „Suzi Q.“, den inhaltlich dürftigen aber oft gecoverten Song von Dale Hawkins (1957), spielte sie selbst erst nach vielen Jahren ein. Doch die Frau kann wesentlich mehr als „gut herumzulaufen“ („like the way you walk“) wie die spannende Doku zeigt. Hoffentlich können wir sie im Winter live so kraftvoll wie im Film - und natürlich in Leder - in deutschen Konzerthallen erleben.

Suzi live 2017 2
Fotos:
Arsenal Filmverleih
oben: Suzi in London Mitte der 1970er Jahre
unten: Suzi 1917 im Konzert

Info:
„Suzi Q.“, Australien 2019, 104 Minuten, Dokumentarfilm mit Untertiteln. Filmstart bereits ab 4. Juni 2020
Regie Liam Firmager mit Alice Cooper, Deborah Harry (Blondie), Joan Jett u.v.a.