Ein Klassiker feiert am 1. Dezember Geburtstag
Markus F. Schmidl
Burglengenfeld (Weltexpresso) - Die britische Band „Black Sabbath“ wurde 1968 im Birminghamer Stadtteil Aston unter dem Namen „Earth“ aus der Taufe gehoben. Gegründet wurde sie von Ozzy Osbourne (vocals), Tony Iommi (guitar), Terence „Geezer“ Butler (bass) und Bill Ward (drums). Gespielt wurden zunächst Blues-Standards in den örtlichen Pubs. Leider sah man sich bald gezwungen, den Namen „Earth“ in „Polka Tulk Blues Band“ zu ändern, da es bereits eine Band mit Namen „Earth“ gab, die wesentlich erfolgreicher durch die Pubs tingelte
Die Legende überliefert, daß die vier Musiker nach einem Auftritt die erspielte Gage in einen Kinobesuch investierten. Es wurde ein italienischer Horror-Film von Mario Bava mit dem Titel I TRE VOLTI DELLA PAURA gezeigt, in dem auch Horror-Film-Legende Boris Karloff in einer Nebenrolle zu sehen war. Der Film lief in Deutschland unter dem Titel DIE DREI GESICHTER DER FURCHT und wurde in Großbritannien schlicht BLACK SABBAT (ohne H!) betitelt. Inspiriert durch den Film und überrascht von der Tatsache, daß es Leute gab, die sich gegen Bezahlung freiwillig erschrecken ließen, beschloß man, den Bandnamen erneut abzuändern, nämlich in BLACK SABBATH (mit H!), und den ursprünglich bluesigen Sound etwas härter und morbider zu gestalten. Die Blues-Standards wurden bald von Eigenkompositionen verdrängt, und aus Blues-Rock wurde der Sound, der von Rock-Journalisten später als Heavy-Rock klassifiziert wurde. Der Rest ist sprichwörtlich Musik-Geschichte.
Es folgte der Plattenvertrag beim neugegründeten Record-Label Vertigo und das Debüt-Album BLACK SABBATH, das standesgemäß zum Bandnamen am Freitag, dem 13. Februar 1970, veröffentlicht wurde. Im September 1970 legte die Band mit dem Album PARANOID nach, das mit dem Titelstück ihren bis heute größten Hit beinhaltete. Die anschließende Welt-Tournee wurde nur durch die Aufnahmesessions für MASTER OF REALITY (1971) unterbrochen, dessen Vorbestellungen von 100.000 Stück die Presswerke auf eine ungeahnte Belastungsprobe stellten. 1972 legte die Band mit dem sinngemäß VOL. 4 betitelten vierten Studio-Album nach.
Vor genau 40 Jahren, am 1. Dezember 1973, erschien das insgesamt fünfte Black-Sabbath-Album unter dem Titel SABBATH BLOODY SABBATH und konnte den Erfolg der Band weiter ausbauen. Ursprünglich war geplant, das Album in Los Angeles aufzunehmen. Im renommierten Record Plant hatte man bereits VOL. 4 erarbeitet und eingespielt, aber der Plan wurde bald fallen gelassen. Erst der Umzug in die Londoner Morgan Studios brachte die nötige Kreativität für eine weitere musikalische Großtat mit sich.
SABBATH BLOODY SABBATH besticht bereits beim ersten Hördurchgang mit großem Facettenreichtum. Die Band variierte Hardrock mit Heavy-Metal und setzte verstärkt auf den Einsatz von Keyboards. Als Gastmusiker konnte Rick Wakeman, der Tastenhexer der Prog-Rock-Band YES, gewonnen werden. Man könnte an dieser Stelle durchaus vom Beginn einer musikalischen Experimentierphase sprechen – einer Phase, die auf dem Nachfolge-Album SABOTAGE weiter ausgebaut wurde. Allerdings fanden sich in den Songs der Vorgänger-LPs auch immer wieder bluesige, jazzige oder psychedelische Einflüsse.
SABBATH BLOODY SABBATH beginnt mit einer musikalischen Machtdemonstration. Das Titelstück ist perfekt dazu geeignet, Neueinsteiger von der Bedeutung der Band für das gesamte Genre des harten Rockes zu überzeugen. Gleichzeitig entstand ein signifikantes Stück, das zur späteren Entwicklung des modernen Heavy Metal gehört. Leider erwies sich der Song live als unspielbar. Sänger Ozzy Osbourne konnte die sorgsam ausgearbeiteten Gesangspassagen auf der Bühne nicht umsetzen.
A NATIONAL ACROBAT ist weit weniger hart, baut allerdings mit seinen nuancierten Breaks eine unglaublich intensive Spannungskurve auf. FLUFF ist eine dazwischen geschobene, sabbathtypische Instrumentalnummer – nicht sehr spektakulär, aber immerhin traumhaft schön. Vergleiche mit den Instrumentals der Vorgängeralben, ORCHID oder LAGUNA SUNRISE, drängen sich durchaus auf.
SABBRA CADABRA, in Anlehnung an den Zauberspruch Abrakadabra, bringt dem Album die Härte wieder zurück. Ohne diesen Song wäre die anschließende Welt-Tournee sicherlich um eine Attraktion ärmer gewesen. Den transparent gestalteten Mittelteil nutzte die Band für ihr Jamming auf der Bühne.
KILLING YOURSELF TO LIVE bietet hartes Riffing und ebenso harte Sozialkritik. Es prangert die menschliche Gleichgültigkeit gegenüber Elend und Mißständen an. Dieser Song, der bereits auf der vorangegangenen Tour dem Publikum vorgestellt wurde, dürfte der wahre Klassiker des Albums sein. Tony Iommi zieht hier mit seinem effektunterlegten Gitarrenspiel Querverweise zum klassischen Rock'N'Roll.
Mit WHO ARE YOU? findet sich wieder ein eher untypischer Song ein, den Gastmusiker Rick Wakeman dominiert. Die Nummer besteht eigentlich nur aus Bass, Schlagzeug und Synthesizer – und allerlei elektronischen Effekten, die Ozzy Osbournes klagende Gesangsstimme in den Vordergrund schieben.
LOOKING FOR TODAY im Anschluß ist ein knackiger Rocker, mit verhaltenem Gitarrenspiel, dominanten Bassparts und dezent eingearbeitetem Flötenspiel. Das hymnenhaft anmutende Finale besticht durch starke Schlagzeugarbeit.
SPIRAL ARCHITECT wird von einer sanften akustischen Einleitung eröffnet und bricht dann mit großer Wucht auf den Hörer herein. Das Wechselspiel aus hartem Riffing einerseits und ruhigen Breaks andererseits wirkt wie ein musikalisches Zusammenspiel aus Licht und Schatten, Gut und Böse – und bringt das Album zu einem fulminanten Abschluß!
Black Sabbath gelang ein starkes, vielschichtiges Album mit wohldosierter Härte und ausdrucksstarken, abwechslungsreichen Songs. Es wurde auf Wunsch Iommis von der Band produziert; er selbst saß federführend hinter den Reglern des Aufnahmepults. Das dazugehörige Album-Artwork zählt zum Stärksten der gesamten Bandhistorie und ist eine kleine Entdeckungsreise wert – eine Entdeckungsreise, die man, unüblicherweise, von hinten beginnen sollte.
Das in Blautönen gehaltene Backcover zeigt einen kranken Mann in einem übergroßen Bett, umgeben von sorgenvoll blickenden Menschen. Der Mittelteil präsentiert die vier Bandmitglieder als geisterhafte Schemen vor einem altmodischen Himmelbett. Das von Orange bestimmte Frontcover zeigt dagegen eine gruselige Szene, in der ein kranker Mann im Bett von Dämonen heimgesucht wird.
Die eingearbeitete biblische Zahl 666 dürfte Wasser auf den Mühlen der Bandkritiker gewesen sein, obwohl bis heute nicht eindeutig geklärt ist, ob der Mann wirklich von Dämonen heimgesucht wurde, ob er nur einen schrecklichen Fiebertraum hatte – oder ob ihn einfach nur sein Gewissen plagte!
Die Sittenwächter konnten dem Erfolg des Albums nichts entgegensetzen. Es untermauerte den Status der Band als die Bad Boys des harten Rockes. Als weiterer Höhepunkt in der Bandgeschichte darf der Auftritt im April 1974 beim California Jam Festival gewertet werden, bei dem die Band einen 75 Minuten langen Live-Set mit den Songs KILLING YOURSELF TO LIVE und SABBRA CADABRA den anwesenden 120.000 Zuschauern präsentierte.
INFO:
Das CD-Album ist erschienen bei Sanctuary (Universal Music).
ASIN B002JIEY02
ISBN 602527168463
Und noch ein Buchtipp:
Steven Rosen:
Die Legende Black Sabbath lebt.
Mit einen Vorwort von Special-Guest Ozzy Osbourne.
[Übers.: Edith und Andreas Kummer]
PPV Medien, Bergkirchen 2004
206 Seiten, EUR 17.00
ISBN: 3-932275-89-6
EAN: 9783932275890