Wolfgang Mielke
Hamburg (Weltexpresso) - Dieses 20. Klavierkonzert aber wurde von Mozart (1756 – 1791) selbst als Pianist am 11.2.1785 im 'Haus zur Mehlgrube' auf dem Neuen Markt im Zentrum von Wien uraufgeführt. Mozart hatte es erst am Tag zuvor beendet. - Der Neue Markt in Wien -, parallel einer der Hauptverkehrsadern der Stadt, der Kärntnerstraße, gelegen, – hier auf einer Aufnahme von 1965 noch mit Autoverkehr und auf einer aus der Gegenwart als Fußgängerzone zu sehen -, - war ursprünglich Mehl- und Getreidemarkt gewesen; und das Gebäude, das dort stand, war ein Lagerhaus für Mehl gewesen.
Ende des 17. Jahrhunderts wurde es abgerissen und 1697 durch das stattliche 'Haus zur Mehlgrube' von Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656 – 1723, nobilitiert 1696), einem der bedeutendsten Barock-Architekten überhaupt, ersetzt. Es war mehr ein Palais als ein Haus. In seinem ersten Stockwerk befand sich ein Redouten-Saal. Dieser Saal wurde jedoch 1781 in einen Konzertsaal umgebaut. Der junge Joseph Haydn (1732 - 1809) soll dort bereits gespielt haben. Verbürgt aber ist dort Mozarts Konzert-Auftritt. - Das 'Haus zur Mehlgrube' stand genau 200 Jahre – bis 1897. Dann wurde an seiner Stelle das Luxus-Hotel Krantz, später Krantz-Ambassador, seit 1945 nur noch Ambassador errichtet, das in seiner Kubatur, vor allem durch den vorspringenden Risalit, -(sprachlich ein Widerspruch in sich selbst) -, Ähnlichkeit mit dem 'Haus zur Mehlgrube' bewahrt hat.
Nun also spielt, 236 Jahre später, Jan Lisiecki, polnischer Kanadier, das Konzert: #"2. + 3. Satz: Manchmal etwas abrupte Einsätze"#, habe ich notiert und: #"Versucht (3.) eigene neue Betonungen zu finden."# --- Am Schluss spielt Lisiecki noch eine Zugabe, den "Türkischen Marsch", also den 3, Satz von KV 331 aus dem Jahr 1783, aber schon etwas erschöpft und dadurch etwas herunter. Der junge Pianist ist aber auch stark gefordert, springt ja ein für Hélène Grimaud, die schon eine knappe Generation länger im Geschäft ist. ----- Lese ich diese Notizen, fällt mir das Konzert, auch in Einzelheiten, wieder ein. Einen Klang hat es hinterlassen. Der optische Eindruck ist jedoch noch stärker. - Aber das wird sich alles setzen. - Noch ist der Pianist auch noch ein bißchen zu eitel. Kein Wunder wohl auch, bei der plötzlich sprunghaft gestiegenen Nachfrage. - Und nach wie vor: Es ist möglich, dass Lisiecki in 30 oder 40 Jahren, wenn der fast noch pubertäre 'Flaum der Jugend' (sozusagen) einer anderen, schicksalsgeprüften Erscheinung gewichen ist, ein wirklich bedeutender Pianist sein wird – und wir sagen können: #Wir# haben ihn schon in seiner vielversprechenden Jugend gehört ...
III.
#Vielversprechend# ist auch der Name des Orchesters, der CAMERATA Salzburg, ein Versprechen, das aber so gut wie nicht eingelöst wird – nur in ganz wenigen Takten, die aufhorchen lassen. Gespielt wird Mozarts Symphonie Nr. 41, KV 551, C-Dur, seine "Jupitersymphonie". Ursprünglich hatte sie die Bezeichnung "Symphonie mit der Schlussfuge". Den Namen "Jupiter" erhielt sie wegen ihrer kompositorischen Vollkommenheit. Wer genau ihr diesen Namen gab, darüber bestehen mehrere Legenden. Die Gedankenverbindung zu Jupiter, dem höchsten Gott der römischen Mythologie – der in der griechischen Mythologie noch 'Zeus' geheißen hatte – war erstmals am 1.5.1805 in der "Allgemeinen musikalischen Zeitung" anlässlich einer Konzert-Besprechung zu lesen. Der #Titel# "Jupitersinfonie" taucht indes erstmals in Schottland auf, im Programm des Edinburgh Musikfestivals vom 20.10.1819. - Drei Jahre später, 1822, veröffentlichte Muzio Clementi (1752 – 1832) eine Bearbeitung der Symphonie für Klavier, die ebenfalls den Titel "Jupiter" trug und auf dem Titelbild den Gott Jupiter auf Wolken thronend und Blitze und Donner schleudernd darstellte. - Notiert habe ich: #"Schöner Anfang (Donner), dann versandet es. Darin aber immer wieder schöne Anfänge / Verdichtungen. Klarer, sauberer Klang. - Interessant, es zu hören – aber ohne Zauber; - schulmäßig. Nicht akademisch. (Also 1 Stufe darunter.) - Der 3. Satz – (das Menuetto / Allegretto) – schwerfällig. Das Frage- und Antwortspiel wird nicht herausgearbeitet. Auch nicht die frechen oder mutigen Einzelstimmen. Alles nur als Andeutung vorhanden. Kein Feuer. / 4. Schöner Anfang, dann aber gleich zu laut, verschenkt das Geheimnis (Kraftmeierei ist nicht angesagt). / Zartheit - nur am Anfang. / Sonst: Mehrschichtigkeit, Transparenzen fehlen. Immerhin merkt man DAS."# -------- Der Musikwissenschaftler, Dirigent, Intendant Kurt Pahlen (1907 - 2003), der an seinem 90. Geburtstag, im Musikvereinsgebäude in Wien, noch voller Elan und fast jugendlich wirkte, schrieb über den 4. Satz der "Jupitersymphonie": #"Hier kann uns Mozart selbst als Gott erscheinen, der nach freiem Willen Sternbilder in der Unendlichkeit des Weltraums schafft, zusammenfügt und lenkt. Die Großartigkeit dieses Satzes entgeht keinem Hörer; aber sein volles Verständnis erschließt sich nur den Eingeweihten, die diesem vollendeten polyphonen Geflecht, den Stimmen und Themen folgen können."#
Die #mit Abstand schlechteste Mozart-Interpretation#, - ganz unabhängig vom SHMF! -, hörte ich bisher von dem Dirigenten #Jörg-Peter Weigle# (*1953): Mozart wie ein Schmetterling mit verklebten Flügeln! #Grausam - trostlos!# ---- Verglichen damit zeichnete sich die Aufführung der CAMERATA Salzburg zumindest durch Klarheit aus! Das Wesentliche fehlte auch, aber unfähigkeits-verklebt war es nicht! ---- Es wurde wieder einmal deutlich, wie höllisch-schwer Mozart zu spielen ist! Luftig-leicht (– schon schwer genug!); ironisch; witzig; emsig; tragisch; bitter – all diese Anteile müssen aufscheinen, nicht nur kurz anklingen; das muss aber präzise bis ins Letzte probiert werden – und dann muss man noch während der Aufführung dem Pferd die Zügel schießen lassen, dabei aber die Kontrolle doch nicht verlieren, um die Gewichte nicht aus der Balance zu bringen! Wie immer gilt: Die vermuteten Selbstgänger sind oft die allerschwersten Aufführungen ...
Fortsetzung folgt
Foto:
©W.M.
Nun also spielt, 236 Jahre später, Jan Lisiecki, polnischer Kanadier, das Konzert: #"2. + 3. Satz: Manchmal etwas abrupte Einsätze"#, habe ich notiert und: #"Versucht (3.) eigene neue Betonungen zu finden."# --- Am Schluss spielt Lisiecki noch eine Zugabe, den "Türkischen Marsch", also den 3, Satz von KV 331 aus dem Jahr 1783, aber schon etwas erschöpft und dadurch etwas herunter. Der junge Pianist ist aber auch stark gefordert, springt ja ein für Hélène Grimaud, die schon eine knappe Generation länger im Geschäft ist. ----- Lese ich diese Notizen, fällt mir das Konzert, auch in Einzelheiten, wieder ein. Einen Klang hat es hinterlassen. Der optische Eindruck ist jedoch noch stärker. - Aber das wird sich alles setzen. - Noch ist der Pianist auch noch ein bißchen zu eitel. Kein Wunder wohl auch, bei der plötzlich sprunghaft gestiegenen Nachfrage. - Und nach wie vor: Es ist möglich, dass Lisiecki in 30 oder 40 Jahren, wenn der fast noch pubertäre 'Flaum der Jugend' (sozusagen) einer anderen, schicksalsgeprüften Erscheinung gewichen ist, ein wirklich bedeutender Pianist sein wird – und wir sagen können: #Wir# haben ihn schon in seiner vielversprechenden Jugend gehört ...
III.
#Vielversprechend# ist auch der Name des Orchesters, der CAMERATA Salzburg, ein Versprechen, das aber so gut wie nicht eingelöst wird – nur in ganz wenigen Takten, die aufhorchen lassen. Gespielt wird Mozarts Symphonie Nr. 41, KV 551, C-Dur, seine "Jupitersymphonie". Ursprünglich hatte sie die Bezeichnung "Symphonie mit der Schlussfuge". Den Namen "Jupiter" erhielt sie wegen ihrer kompositorischen Vollkommenheit. Wer genau ihr diesen Namen gab, darüber bestehen mehrere Legenden. Die Gedankenverbindung zu Jupiter, dem höchsten Gott der römischen Mythologie – der in der griechischen Mythologie noch 'Zeus' geheißen hatte – war erstmals am 1.5.1805 in der "Allgemeinen musikalischen Zeitung" anlässlich einer Konzert-Besprechung zu lesen. Der #Titel# "Jupitersinfonie" taucht indes erstmals in Schottland auf, im Programm des Edinburgh Musikfestivals vom 20.10.1819. - Drei Jahre später, 1822, veröffentlichte Muzio Clementi (1752 – 1832) eine Bearbeitung der Symphonie für Klavier, die ebenfalls den Titel "Jupiter" trug und auf dem Titelbild den Gott Jupiter auf Wolken thronend und Blitze und Donner schleudernd darstellte. - Notiert habe ich: #"Schöner Anfang (Donner), dann versandet es. Darin aber immer wieder schöne Anfänge / Verdichtungen. Klarer, sauberer Klang. - Interessant, es zu hören – aber ohne Zauber; - schulmäßig. Nicht akademisch. (Also 1 Stufe darunter.) - Der 3. Satz – (das Menuetto / Allegretto) – schwerfällig. Das Frage- und Antwortspiel wird nicht herausgearbeitet. Auch nicht die frechen oder mutigen Einzelstimmen. Alles nur als Andeutung vorhanden. Kein Feuer. / 4. Schöner Anfang, dann aber gleich zu laut, verschenkt das Geheimnis (Kraftmeierei ist nicht angesagt). / Zartheit - nur am Anfang. / Sonst: Mehrschichtigkeit, Transparenzen fehlen. Immerhin merkt man DAS."# -------- Der Musikwissenschaftler, Dirigent, Intendant Kurt Pahlen (1907 - 2003), der an seinem 90. Geburtstag, im Musikvereinsgebäude in Wien, noch voller Elan und fast jugendlich wirkte, schrieb über den 4. Satz der "Jupitersymphonie": #"Hier kann uns Mozart selbst als Gott erscheinen, der nach freiem Willen Sternbilder in der Unendlichkeit des Weltraums schafft, zusammenfügt und lenkt. Die Großartigkeit dieses Satzes entgeht keinem Hörer; aber sein volles Verständnis erschließt sich nur den Eingeweihten, die diesem vollendeten polyphonen Geflecht, den Stimmen und Themen folgen können."#
Die #mit Abstand schlechteste Mozart-Interpretation#, - ganz unabhängig vom SHMF! -, hörte ich bisher von dem Dirigenten #Jörg-Peter Weigle# (*1953): Mozart wie ein Schmetterling mit verklebten Flügeln! #Grausam - trostlos!# ---- Verglichen damit zeichnete sich die Aufführung der CAMERATA Salzburg zumindest durch Klarheit aus! Das Wesentliche fehlte auch, aber unfähigkeits-verklebt war es nicht! ---- Es wurde wieder einmal deutlich, wie höllisch-schwer Mozart zu spielen ist! Luftig-leicht (– schon schwer genug!); ironisch; witzig; emsig; tragisch; bitter – all diese Anteile müssen aufscheinen, nicht nur kurz anklingen; das muss aber präzise bis ins Letzte probiert werden – und dann muss man noch während der Aufführung dem Pferd die Zügel schießen lassen, dabei aber die Kontrolle doch nicht verlieren, um die Gewichte nicht aus der Balance zu bringen! Wie immer gilt: Die vermuteten Selbstgänger sind oft die allerschwersten Aufführungen ...
Fortsetzung folgt
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©W.M.