beckmannOper, Alte Oper, pro arte, Musikhochschule, hr-Sinfonieorchester, hr- Bigband, Junge Deutsche Philharmonie, Ensemble Modern, Deutsches Jazzfestival, Soltipreis, Internationaler Deutscher Pianistenpreis...., Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Frankfurt ist für alles möglich bekannt, für manches sogar berühmt. Dazu gehört nicht nur Goethe, die Paulskirche und Kaiserwahl und Kaiserkrönung,vom Äppelwoi und der Eitracht sprechen wir heute nicht, sondern auch die Frankfurter Messe, die Banken, die Hochhäuser, ja auch die Museumsmeile und Theater. Aber nur sehr wenige außerhalb der Stadt wissen, welche lebendige Musikszene in Frankfurt herrscht und noch weniger, auch hierzulande, wissen um die reichhaltige musikalische Vergangenheit Frankfurts.

Das können wir nicht so nebenbei recherchieren, aber wir können weitersagen, daß die Frankfurter Bürgerstiftung Ulrike Kienzle beauftragt hat, die städtische musikalische Vergangenheit und den Einfluß auf die Gegenwart wissenschaftlich aufzuarbeiten. Seit Juni 2021 stellt Ulrike Kienzle auf der Webseite der Frankfurter Bürgerstiftung „Online-Essays mit Klangbeispielen und Interviews mit Zeitzeugen der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart vor.“ Das wird in einer Ausstellung MUSIKSTADT FRANKFURT im Holzhausenschlößchen sicht- und hörbar und soll bis 2026 auch in einer reich bebilderten Publikation vorliegen.

Sie können sich am 19. Mai direkt einschalten und in der Mediathek das 8. Online-Essay erleben und am 14. Juli in einem Vortrag im Holzhausenschlößchen von Ulrike Kienzle direkt hören, wie das Frankfurter Musikleben in der Weimarer Republik blühte. Ich weiß nur, welche Opern und Sinfonien damals hier ihre Uraufführungen oder deutsche Premieren hatten. Mehr demnächst.

Ich selbst kann aus eigener Erfahrung und Anschauung dieses blühende Frankfurter Musikleben für die Nachkriegszeit bestätigen. Ich bin sozusagen mit Georg Solti aufgewachsen, der von 1952 bis 1961 Generaldirektor der Oper Frankfurt war und aus dem Stand eine für die damalige, ja auch arme Zeit, ein hochkarätiges Programm mit interessanten Aufführungen und Spitzensängern möglich machte, was ich mit den Eltern im Premierenabo erleben konnte und auch, daß danach bei den Griechinnen im ersten Stock in der Hochstraße über das Gesehene und Gehörte diskutiert wurde. Auch Fritz Bauer war dort oft nach den Vorstellungen, denn der Hessische Generalstaatsanwalt war nicht nur ein belesener Mann, ein Citoyen, er liebte auch Theater und Oper. Im Nachhinein kam ja das nächste musikalische Schwergewicht schon eineinhalb Jahrzehnte

später.: Michael Gielen als Generalmusikdirektor mischte zusammen mit dem Dramaturgen Klaus Zehelein von 1977 bis 1987 die Oper Frankfurt kräftig auf. Das Musiktheater feierte Urstand. Es war einfach eine tolle Zeit. Die Abonnenten liefen in Scharen davon, das Publikum tauschte sich aus, die Musikkritiken überschlugen sich, die Oper Frankfurt war plötzlich ein Zentrum europäischer Musikavantgarde. Gielen verabschiedete sich musikalisch mit der Götterdämmerung und ich werde nie vergessen, wie ein ganzes Haus stehend eineinhalb Stunden applaudierte - aus Dankbarkeit für diese Jahre.

Dann kamen nach dem Opernbrand November 1987,Neueröffnung 1991 einige schwierige Jahre, auch weil die Erwartungen des Frankfurter Publikums hoch blieben und die Finanzen der Stadt runtergingen. Das Repertoiretheater wurde als zu teuer ad acta gelegt, weil man glaubte im Stagionesystem in der relativ kleinen Großstadt Frankfurt besser zu fahren. Werch ein Illtum (Ernst Jandl). Absurd. Der Frankfurter Bernd Loebe seit 2000 an der Oper und seit 2002/2003 als ihr Intendant, was er mindestens bis 2028 bleibt, hat nicht nur wie ein Fels in der Brandung Stabilität in das wankende Haus gebracht, sondern auch durch kluge Strategie, eine Mischung aus Bewährtem und Neuem, spannende Inszenierungen durch innovative Regisseure und ihre Teams, ein gutes Ohr für Stimmen und deren Engagement und vorausschauende Sängerqualifizierung beides erreicht: die Zufriedenheit des Publikums und ein volles Haus sowie hervorragende Musikkritiken in aller Welt und eine Auszeichnung als Oper des Jahres nach der anderen.

Im Nachhinein fällt mir erst auf, daß das kriegszerstörte ursprüngliche Opernhaus, das spät wiederaufgebaute und 1981 mit der 8. Sinfonie von Gustav Mahler eröffnete Konzerthaus ALTE OPER nach dem Ende der Gielenzeit in Frankfurt die Funktion des lebendigen Musiklebens übernahm. Von Anfang an galt sie nicht nur als Stätte für exquisite Konzerte und weltbekannte Interpreten, sondern als ein Haus für alle Arten von Musik, einschließlich von Pop und Musicals. Die FRANKFURT FESTE mit denen unter Rudolf Sailer – im Nachhinein finde ich seine Intendanz noch sehr viel positiver als damals, weil er ein Ermöglicher war und machen ließ und da besonders den kreativen Kopf Dieter Rexroth, der als Dramaturg der Alten Oper zur Höchstform auflief - die neue Saison eröffnet wurden, schlugen in ihrer Mischung aus intellektuellem Durchdringen des musikalischen Stoffes, seiner historische Einordnung und der Opulenz der Aufführungen wie eine Bombe ein, soll sagen: dieser Auftakt hielt lange in die Saison hinein den Schwung aufrecht. Es kam die Metropolitan Opera New York, es kam der schon schwerkranke Frank Zappa zur Aufführung seines letzten Orchesterwerks THE YELLOW SHARK mit dem Ensemble Modern. Gänsehaut bis heute. Man hatte den Eindruck, Teil der Musikgeschichte zu sein. Wahrscheinlich galt für Dieter Rexroth wie für Gielen das Gleiche: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Er ging und es dauerte ein wenig, der Auftakt zur Saison hieß nun AUFTAKT , bis der Dampfer Alte Oper wieder in Fahrt kam und fährt und fährt. Michael Hocks, Stephan Pauly, der PEGASUS erfand, das musikalische Vermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche, eine Superidee und beliebt wie nur was, und jetzt Markus Fein...

Höchste Zeit, einmal offen auszusprechen, daß die Stadt Frankfurt mit der Berufung ihrer – leider bisher nur – Männer in Leitungspositionen Glück gehabt hat, bzw. die Häupter der Häuser einfach gut ausgewählt hat. Das gilt übrigens auch für die Frankfurter Museen und da sind dann auch Frauen dabei! Skandale, interne Grabenkämpfe, Konkurrenz der Institute, ein militantes Gegeneinander, das alles gibt es in Frankfurt nicht. Ein Glückszustand.

Das sollte eigentlich eine kurze Einführung sein und die anderen Musikinstitute kamen noch gar nicht zu Wort. Alles andere später. Konkret fangen wir mit der nächsten Saison der Oper Frankfurt an.

Foto:
Es schien mir schwierig, zum Thema ein Bild zu finden. Aber als ich den Beckmann sah....
©frankfurter-buergerstiftung.de

Info:
https://www.frankfurter-buergerstiftung.de/programm/projekte/musikstadt-frankfurt