suzi quatro 8844Suzi Quatro mit Band in der Fuldaer Esperantohalle

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Endlich war die Bassistin und Sängerin Suzi Quatro mit ihrer Band in Fulda zu Gast, nachdem sie ihren Auftritt vor zwei Jahren wegen der Corona-Pandemie absagen musste. Pünktlich kam sie auf die Bühne, rief „Feel good! Feel free!“ und röhrte ihren alten Hit „48 Crash“: "You're so young, you could have been the devil's son” (Du bist so jung, du hättest der Sohn des Teufels sein können). 

Sie sei voll Power und Energie schrieb neulich ein Rezensent ihres neuen Albums „The Devil In Me“ und fragte den Leser: „Was machst Du so mit siebzig?“ Die Zweiundsiebzigjährige jedenfalls tobte und agierte mit sichtbarer Spielfreude auf der Bühne der Esperantohalle. Und übrigens, tatsächlich schreibt der deutsche Duden exemplarisch für das Verb rocken: „Suzi Quatro rockte das volle Haus“.

suzi quatro 8649Das riesige Banner an der Bühnenwand mit dem Bild der jungen Suzi Quatro vor 50 Jahren, ließ einen üblen Nostalgieabend erwarten. Aber dem war nicht so, im ersten Teil des Konzerts performte sie Stücke des neuen Albums, mischte aber immer wieder alte Songs drunter. Eine große Überraschung war die Stimme des kleinen Energiebündels, sie ist wirklich nur 152 Zentimeter groß: Ihr Organ ist reifer geworden, tiefer und rauer. Als sie in den 1970er-Jahren mit eigenen Stücken wie „Can The Can“ oder wild gecovertem Rock ’n-Roll bekannt wurde, war ihre Stimme noch hoch und quietschig.
Dazu gab es viel Geschrei, gegen das die Beatles mit ihrem „Yeah-Yeah“ wie gezähmt wirkten.

Auch der Sound ihrer Band ist wesentlich komplexer und dichter als früher - kein Wunder durch die Bläsergruppe, einen Keyboarder und die zwei Background-Sängerinnen. Dennoch ist Quatro der guten alten Rock-Musik mit gelegentlichen Funk- und viel Hardrock-Elementen treu geblieben. Aber auf was für einem Niveau! Als sie spät am Abend endlich „Can The Can“ darbot, ist ihr erster Hit absolut eine satte, zeitgenössische Interpretation alter Rock-Musik. Ebenso wie die gecoverten Songs „Slow down“ oder „I’ve Never Been In Love“. Nach der Pause kam sie wie früher ganz in Leder und unternahm eine kleine Zeitreise in gutem Kontakt mit dem tanzenden und klatschenden Publikum, während die Band noch eine Nummer wilder spielte.

Es war ein abwechslungsreicher Abend. Einmal saß die Musikerin alleine am E-Piano, klimperte Beethovens „Für Eloise“, bemerkte humorvoll das sei nicht von ihr – und sang dann ein neues, melancholisches Abschiedslied. Für ein Stück holte sie sich einen Zuschauer auf die Bühne, „I need a man for this song“. Mit dem Schlagzeuger zelebrierte sie auf ihrem Bass einen spannenden Klang-Dialog, mitunter „kämpfte“ sie mit den Soli des Saxophonisten. Später forderte sie: „We want rocking in a free world“ (wir wollen in einer freien Welt rocken), das konnte man durchaus als Statement zu Putins Krieg auffassen.

Mit gradlinigen Born-to-be-wild-Klängen wurde die US-Amerikanerin Quatro - von England aus - in Europa bekannt, mitten zwischen den glamourösen Inszenierungen von David Bowie oder Roxy Music. In ihren Lederklamotten a la Barbarella bediente sie nicht die für diese Musikwelle typisch androgyne Ästhetik: „Alle Typen hatten mehr Make-up drauf als ich“, meinte sie später.

Klar gab es große Sängerinnen wie Janis Joplin oder Tina Turner – aber erstaunlicherweise spielte keine der singenden Rockladys ein Instrument. Erst die Bassistin Quatro ermunterte viele Mädchen, etwa Joan Jett, zu singen und ein Instrument zu lernen oder gleich eine Girl Group zu gründen.

Foto:
Hanswerner Kruse

Info:
Kurz vor der abgesagten Tournee 2020 erschien der exzellente Dokumentarfilm über Suzi Quatro (wir berichteten), der mittlerweile als DVD „Suzi Q“ vorliegt.

Siehe die Filmbesprechung im Weltexpresso