P1040631Wolfgang Haffner mit „4 Wheel Drive“ im Kurhaus Wiesbaden

Eva Mittmann

Seit 2018 sind die vier Bandmusiker von „4 Wheel Drive“, nämlich Nils Landgren (trombone & vocals), Michael Wollny (piano), Lars Danielson (bass & cello) und Wolfgang Haffner (drums), bereits als anerkannte Größen und Ausnahmetalente der Europäischen Jazz-Szene bekannt und lenken nun in dieser Bandbesetzung ihren Reisekurs in 2023 abermals zum Rheingau Musik Festival.„Mein Name ist Nils und ich freue mich!“, so startet Ausnahmeschlagzeuger Nils Landgren humorvoll in das Konzert und eine uneingeschränkte Spielfreude merkt man ihm und seinen Bandkollegen durchgängig und unbestritten an.

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Humorvoll reimend stellt Landgren auch gleich seine Bandkollegen vor: „An meinen Flanken habe ich zwei Franken“, denn die heutige Band besteht tatsächlich aus zwei Franken - jeweils rechts und links außen - und zwei Schweden in der Mitte. Schwede Nils Landgren greift sogleich zu seiner unverwechselbaren roten Posaune: Ein nicht nur farblich, sondern auch klanglich außergewöhnliches Instrument, nämlich eine erstaunlich zarte „Flüsterposaune“, wie sich im weiteren Verlauf des Konzerts herausstellen wird. Einfühlsam zärtlich lässt er sie bereits zum Einstieg in das Konzert ertönen. Ein krasser Kontrast zu dem zuvor fulminanten Trommelsolo Wolfgang Haffners.

P1040589Das Spiel dieser vier Ausnahme-Musiker wirkt trotz des zeitweilig hohen Tempos insgesamt durchgängig anstrengungslos gekonnt und voll virtuoser Spielfreude, da diese sich mühelos konsequent wechselseitig Raum geben und in spürbarem Enthusiasmus immer wieder neu perfekt aufeinander beziehen, im Dialog befinden und sich gegenseitig unterstützen. Bandleader Haffner lässt zudem an dieser spürbar außergewöhnlich begeisternden Spielfreude keinen Zweifel und begrüßt das Publikum treffend direkt nach einem kurzen Intro mit den Worten: „Mein Name ist Nils - und ich freue mich!“ Wir glauben es ihm aufs Wort. Lebensfreude und Enthusiasmus ist offenbar das Credo dieser Musiker und des Konzerts. Zum Beweis folgt sogleich eine locker-leicht schwungvoll dargebotene Cover-Version des Beatles-Songs „Lady Madonna“ und lädt uns alle unausweichlich zum „Mits(w)ingen“ ein.

P1040624Wolfgang Haffner wäre aber nicht Wolfgang Haffner ohne seinen Beinamen „Lobito“ und erst recht nicht ohne seine beiden „Lieblingsinstrumente“ – nämlich den zwei kleinen Plastikhämmerchen, mit denen er schelmisch lächelnd am eigenen Körper und an jedweden Trommelflächen Rhythmus erzeugt. Man kann es durchaus als „höchst freiwillige Situationskomik“ bezeichnen, was da nun auf der Bühne geschieht. Auch Pianist Wollny steht diesem Credo in nichts nach und spielt deutlich sichtbar mit vollem Körpereinsatz; zupft ekstatisch an den Klaviersaiten des geöffneten Flügels und geht voll und ganz im Akt dieser Klangerzeugung auf. Wie beinahe alle großen Talente verfügt auch er über eine besondere Art von Humor: „Sind Zahnärzte anwesend?“, fragt er schelmisch ins Publikum und erzählt gleich im Anschluss daran die Geschichte der Entstehung seiner soeben gespielten Eigenkomposition, die den Titel „16“ trägt. Der Grund hierfür sei nämlich - wie er desweiteren ausführt - sein P1040717Zahn Nummer 16 gewesen, der nach einer Wurzelbehandlung verlangte. Sogleich fluten zarte Piano-Klänge den Raum - einfühlsam begleitet von ebenso behutsam zärtlich gespielten Trommelwirbeln auf der Snare-Drum. Wollny spielt mit vollem Körpereinsatz, greift in den Flügel und zupft an den Klaviersaiten. Nach dieser kurzen, eher leisen Episode geht es jedoch gleich wieder mit Vollgas und treibendem Rhythmus weiter: Wollny brilliert solistisch am Piano – perfekt getragen und unterstützt von Bass und Schlagzeug. Er spielt mit vollem Körpereinsatz irrwitzig schnell anmutende Arpeggien – ein sensibler "Extremsportler" an seinem Instrument! Dann plötzliche Stille. In diese magische Stille hinein entfaltet sich ein Bass-Solo und dieses Bass-Solo lädt die Posaune sogleich zum Duett ein. Es entwickelt sich ein koketter Dialog: Bassist Lars Danielsson entlockt seinem Instrument sensationell empfindsam gestrichene, beinah sphärische Töne auch in den höchsten Lagen, die von ebenso zarten, mit Filzschlegeln auf der Tom gespielten zärtlichen Trommelklängen in dezent treibendem Rhythmus begleitend untermalt werden. Ein Hörgenuss der Extraklasse!


Fotos: 
© Michael Dellermann

Info:
Rheingau Musik Festival
K 9

Kurhaus Wiesbaden

Friedrich von Thiersch-Sall

Mi. 28.6. | 20:00 Uhr

4 Wheel Drive

Nils Landgren               trombone & vocals

Michael Wollny             piano

Lars Danielson             bass & cello

Wolfgang Haffner         drums