Alphornspieler, Posaunisten und ein Organist präsentierten ein breites musikalisches Potpourri von Alphornklängen bis zum Oldtime Jazz

 

Hanswerner Kruse

 

Nieder-Moos/Vogelsberg (Weltexpresso) -Im südlichen Ausläufer des Vogelsbergs liegt die kleine Gemeinde Nieder-Moos, die in Osthessen für die Orgelkonzerte und den Konzertsommer in der kleinen evangelischen Kirche bekannt ist. In diesem Jahr gab es bereits einige interessante, gut besuchte Veranstaltungen. Ein besonderes Ereignis war am Wochenende das Konzert mit dem Bläserensemble des Posaunen- und Alphornforschers Armin Rosin und dem Organisten Michael Felix:

 

Aus einer Ecke wehen satte Klänge eines Alphorns, die Töne klingen weicher und weniger metallisch als von einer Posaune. Aus einer anderen Ecke echot sanft ein weiteres Alphorn, aus der Mitte der Kirche ertönt manchmal das tiefe Grollen von Pauken. Nach und nach vereinigen sich die Hörner zu einer warmen, wabernden Melodie, auf der Empore setzt schrill die Orgel ein, ein Posaunist kommt dazu. „Meditation“ heißt dieses Werk von Nimra Korinthos, einem zeitgenössischen Komponisten für Alphörner. Durch die Verteilung der Instrumente in der Kirche entsteht sofort ein dichter Raumklang, der assoziative Bilder in den Köpfen der Zuhörer hervorrufen kann: Natur, Bedrohung, Vielfalt, Harmonie...

 

Eine wunderbare Einstimmung für das Konzert am Nachmittag, das aber zunächst in ein lockeres „Blächbläserseminar“ übergeht, so selbstironisch Armin Rosin. Der Kapellmeister erläutert, das hölzerne Alphorn werde wie eine Trompete oder Posaune geblasen. Die Musikanten müssten mit Mund, Lungen und Bauchfell arbeiten, um Töne zu erzeugen. Jahrhundertelang galt das Alphorn als Instrument der Volksmusik und habe sich, im Gegensatz zu anderen Blechblasinstrumenten, nicht weiterentwickelt. Erst in den letzten Jahrzehnten sei es sowohl in der E-Musik als auch in der Jazz-Szene entdeckt worden.

 

Danach bringen die Musiker verschiedene „klassische“, also für Alphörner und andere Instrumente geschriebene Fanfaren zu Gehör. Die fröhlich klingenden Stücke haben deutlichen Signalcharakter, etwa als Begrüßung, wie das „Stadtsignal aus Eger“, mit dem einst Wallenstein empfangen sein soll.

 

Immer wieder verteilen sich die Instrumentalisten im Raum, auch bei einem modernen Bläserstück von Benjamin Britten, für das Rosin die Trompete zum Alphorn umgeschrieben hat. In der folgenden Pause erzählt er uns von den Schwierigkeiten, so frei im Raum zu spielen. „Die Musik ist viel ungenauer, weil der Dirigent fehlt“, meint er, „wir gehen ein großes Risiko ein, müssen viel im jeweiligen Saal proben - aber die Leute mögen diese voluminösen Raumklänge.“

 

Für den zweiten Teil des Konzertes haben die Musiker leider ihre Alphörner eingepackt, die dargebotenen Stücke sind weniger interessant und seichter – aber äußerst unterhaltsam. Altenglische Madrigale aus dem 16. Jahrhundert des gesamten Ensembles reizen zum Mitwippen, Organist Michael Felix spielt solo ein „Allegro brillante“ von Vincenzo Petrali, das sich fast wie Kirmesmusik anhört. „Ja, das ist so richtiges „Dschingerassabumm“, bestätigt Felix. Und zum Schluss haben sich die Musiker ihrer schwarzen Jacketts entledigt, etwas zerzaust und mächtig schwitzend jazzen sie mit drei Posaunen und einem Schlagzeug Oldies wie „Let my people go“ oder „Down by the riverside“. Das Publikum klatscht begeistert mit, erzwingt Zugaben und auf der Empore tanzen sogar einige Zuhörerinnen.

 

INFO:

Weitere Konzerte am Samstag 5. August „german hornsound“, Sonntag 17. August „Festliche und heitere Orgelmusik“, Freitag 29. August „Musik-Comedy aus London“

www.nieder-mooser-konzertsommer.de

 

Foto Hanswerner Kruse
Schräge Musik mit Alphorn: Armin Rosin, Viacheslau Chumachenka (Alphörner), Claudius Heinzelmann (Percussion)