Antonio Cestis „L’Orontea“ hatte in Frankfurt am Main Premiere

 

Kirsten Liese

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - An den genialen Claudio Monteverdi reicht der etwas in Vergessenheit geratene Antonio Cesti (1623-1669) nicht heran, aber es lohnt sich, seine Musik wieder für die Bühne zu entdecken.

 

L`Orontea“, für den Karneval 1656 in Innsbruck komponiert, und jetzt in deutscher Erstaufführung in der Oper Frankfurt zu erleben, ist wie die Musikdramen Monteverdis und Cavallis noch im monodischen Stil, d.h. überwiegend im ariosen Sprechgesang gehalten und war in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein Kassenschlager. Úm die Macht von Liebe und Eros geht es in dieser affektreichen Komödie, die nur zum Schluss hin mit einer Spieldauer von knapp dreieinhalb Stunden eine Spur zu lang wird.

 

Aber das fällt nicht weiter ins Gewicht, bringt doch das stark verkleinerte, mit dem vorzüglichen Monteverdi Continuo-Ensemble aufgestockte, Frankfurter Opern- und Museumsorchester die farbenreiche Partitur aufs Herrlichste zum Funkeln! Am Pult steht schließlich der versierte Ivor Bolten, seit vielen Jahren eine feste Größe als Barockspezialist an der Bayerischen Staatsoper – Da durfte man staunen, wie kräftig sich allen voran das Cembalo (eine Klasse für sich: Luke Green) mit silbrigen, hoch virtuosen Kaskaden gegen alle übrigen Instrumente durchsetzt. Jede noch so kleine Kadenz, jede elegante Verzierung wird zum Ereignis.

 

Und so wie sich auch Regisseur Walter Sutcliffe einiges hat einfallen lassen, um die schlichte Handlung etwas aufzupeppen, war die Entscheidung, eine Barockoper entgegen den Gewohnheiten einmal nicht im Bockenheimer Depot, sondern im großen Haus anzusiedeln, nicht zwingend, aber auch nicht verkehrt.

 

Viele blond gelockte Putten mit drolligen übergroßen Köpfen geistern durch die Szene oder machen auch mal Party, schließlich dreht sich alles eigentlich nur darum, dass die stolze ägyptische Königin Orontea (eine Wucht: Paula Murrihy), die sich anfänglich nicht verlieben will, plötzlich doch ihr Herz an den Maler Alidoro (etwas kleine Counterstimme: Xavier Sabata) verliert.

 

Das geschieht freilich nicht ohne Komplikationen, wollen diesem Alidoro doch auch noch andere Frauen und Männer an die Wäsche, sei es die schöne Hofdame Silandra (auch eine herrliche Stimme: Louise Alder), die als Mann verkleidete Giacinta, (schönes Timbre: Kateryna Kasper), die den Angebeteten im Auftrag einer phönizischen Prinzessin ermorden soll, das aber nicht fertig bringt, oder Oronteas oft betrunkener Diener Gelone (starke Präsenz: Simon Bailey).

 

Viel wird da geschmachtet, gelitten, und getrauert, aber schlussendlich wird alles gut.

Die Würze in dieser Inszenierung besorgt freilich ein genüssliches Spiel mit geschlechtlichen Identitäten, ist doch Giacinta hier nicht die einzige Hosenrolle. Auch den im Prolog auftretenden Philosophen mit Rauschebart singt eine Frau (Katharina Magiera), Alidoros vorgebliche Mutter Aristea wiederum erscheint in Gestalt von Guy de Mey als aufgebrezelte, laszive Transe.

Für leichte frivole, aber nie vulgär werdende Anflüge bietet die Produktion ebenso Raum wie für barockes Zeitkolorit und poetische Momente in einer Art Dünenwüstenlandschaft (Bühne und Kostüme: Gideon Davey). Allen voran Oronteas prächtige Robe in dunkelblauem Seidensatin taugt als starker Blickfang.

Viel mehr hätte man aus diesem etwas handlungsdünnen Stück nicht herausholen können.

 

Schon allein dank des trefflichen Ensembles sollten sich Barockopernfans diese Aufführung nicht entgehen lassen.

 

 

Foto:

Paula Murrihy in der Titelrolle (c) Monika Rittershaus.